Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Waschvorgang beendet … Leeren … Hin und her … Kessel – Becken … Kessel – Becken … und die neuen Wagen rollen heran, Türme von schmutziger Wäsche, stinkend, Abfall aus der Hölle … Galina, Kessel drei wartet … Kessel zwei auch … Galina Pawlowna … du bist ein faules Weib, schwankst da herum mit deinem Holzknüppel, an dem ein lächerliches Hemd hängt, und du schleppst es vor dir her, als sei es eine Parteifahne im Herbstwind … Kessel vier ist gleich bereit … Galina, nimm die Beine in die Hand … man muß sich seinen Löffel Grütze verdienen …
    Galina Pawlowna ließ den Holzknüppel fallen und lehnte sich gegen das gemauerte Spülbecken. Mit beiden Händen preßte sie ihr Herz, rang nach Atem. Sie rutschte an der Beckenwand hinunter und setzte sich auf den heißen, nassen Boden. Merkwürdigerweise war hier die Luft frischer … ein kalter Windzug strich von den sich ständig öffnenden und schließenden Türen der Schmutzwäschesammelstelle herüber. Galina schloß die Augen.
    Eine Stimme im Lautsprecher. Dröhnend wie ein zerberstender Himmel. Die Genossin Sachonowa, die Leiterin der Wäscherei.
    »Die Nr. 3169 ruht sich aus. Setzt sich einfach hin und hält ein Schläfchen. Ich bestrafe Nr. 3169 mit zwei Strafstunden.«
    Galina blieb sitzen. Erst, als sie die massige Gestalt Marfas im heißen Nebel auftauchen sah, begriff sie, was geschehen war. 3169 … das war Galina Pawlowna Korolenka. Das war sie. Zwei Strafstunden. Zwei Stunden mehr an diesen kochenden, rumpelnden, Hitze ausspeienden, mitleidlosen Molochen. Zwei Stunden mehr in der Laugenluft, durchgeweicht, aufgequollen … Zwei Stunden mehr hin und her … Kessel – Becken, Kessel – Becken … die roten Lämpchen flackern … füllen, leeren, leeren, füllen … Und immer neue Karren rollen heran, Züge voll schmutziger Wäsche …
    Marfa hatte Galina noch nicht erreicht, als diese plötzlich aufsprang. Mit einem spitzen Schrei, der unterging in der wieder einsetzenden Musik, riß Galina sich den Kittel vom Leib, hüpfte nackt durch den Dampf und warf sich mit ausgebreiteten Armen in ein Becken mit heißer Sodalauge. Die ölbefleckten Arbeitsanzüge der Maschinisten wurden hier vorgeweicht.
    »Hilfe!« brüllte Marfa, glitt auf dem glatten Boden aus, warf die Arme hoch und schlug hin. »Zu Hilfe! Ins Becken ist sie gesprungen!« Und weil niemand sie hörte, begann sie zu kreischen wie eine Sirene und rutschte auf den Knien weiter.
    Ein schrecklicher Anblick war's, als man Galina aus dem Sodabecken fischte. Man legte sie auf den Boden und stand hilflos herum. Zum Krankenhaus gab man telefonisch Unfall-Alarm. Dann wartete man …
    »Sie wollte sterben«, heulte die dicke Marfa und saß neben Galina wie eine zerfließende Figur aus weichem Fett. »Warum habt ihr sie nicht in die Plätterei versetzt? Was hat sie denn getan? Nur einmal das Maul an der falschen Stelle aufgerissen.«
    Über den Platz zwischen Wäscherei und Krankenhaus rannte Dunja gegen den Eiswind an. Sie hatte einen dicken Hundepelzmantel über ihr Kleid geworfen und über den Kopf eine mit Lammfell gefütterte Lederkappe gestülpt. Der Alarm hatte Anna Stepanowna und Dunja aufgeschreckt, als sie sich zu einer Tasse Tee niedergesetzt hatten.
    »Die Wäscherei«, sagte die Stepanowna. »Verbrühung. Immer diese Unfälle. Geh hinüber und sieh dir das an. Der richtige Ort ist es gleich zum Anfang, – dann weißt du, wo du gelandet bist, mein Seelchen.«
    Galina Pawlowna schrie und wälzte sich auf dem Steinboden, als Dunja in die Waschhalle stürzte. Dann begann Galina, laut zu beten und unterbrach die Litanei nur, um die Namen ihres Mannes und ihrer Kinder zu rufen.
    Dunja stieß sich mit den Ellenbogen durch den Kreis der Frauen und kniete sich neben Galina auf den Boden. Der nackte Körper war zerstört, die Haut löste sich vom Fleisch.
    »Sofort in die Chirurgie!« schrie Dunja und hielt Galinas hin und her schlagenden Kopf fest. »Was steht ihr herum wie die Schafe und glotzt? Ein Brett – legt sie auf ein Brett … tragt sie weg … schnell … Deckt sie mit nassen Tüchern ab.«
    Sie riß ihren Mantel ab und erstarrte in der Bewegung, als niemand sich rührte. Eine große, hagere Frau in einem weißen Kittel trat in den Kreis der Frauen. Die Genossin Sachonowa. Jeder fürchtete sie hier. Statt eines Herzens hatte sie ein Stück Kernseife in der Brust.
    »Wer sind Sie?« fragte die Sachonowa.
    »Die neue Oberärztin.« Dunja ließ ihren Pelz neben die nur

Weitere Kostenlose Bücher