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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Starobin, der ›Njelep‹, starrte an die Decke. Wieder rasselte sein Atem, dieses Mal stärker, als wäre eine zweite Rassel dazugekommen. Und das Gefühl des Abwürgens wurde auch stärker. Man soll sich nicht aufregen, dachte er. Erregung lohnt sich nicht. Ich habe zwei süße Kinder und eine duldsame, gute Frau, von der ich bis heute nicht weiß, warum sie mich geheiratet hat. Pjetkin, du Rindvieh, merkst du nicht, wie ich dir goldene Brücken baue … »Fragen sind die Geschwüre des Gehorsams«, sagte Starobin langsam. »Sei ein Russe ohne Dunja. Es gibt Prinzipien, die man einfach nicht wegschieben kann.«
    »Wie die Prinzipien, daß man eine Ehe zwischen einem Deutschen und einer russischen Ärztin nicht gern sieht.«
    »Jetzt denkst du wieder idiotisch logisch, Igor.«
    »Also bin ich ein Deutscher?«
    »Wir tanzen im Kreis.« Starobin schüttelte den Kopf. In seinen Schläfen begann ein neues, noch nie gehabtes Sausen und Brausen. »Muß es Dunja sein? Rußland wimmelt von schönen Mädchen! Und wenn Dunja … bitte schön, wir sind tolerant … lebt zusammen! Schlaft miteinander, sooft ihr wollt. Aber keine Kinder. Das bedeutet, daß wir Dunja sterilisieren müssen.«
    »Jetzt bist du verrückt, Jakow Andrejewitsch.«
    »Ich werfe dir ein Seil über den Abgrund zu …«
    »Ein zu kurzes, Starobin. Ich liebe Dunja wie mein eigenes Leben und werde sie heiraten. Und wir werden Kinder haben, weil unsere Liebe weiterleben soll …«
    »Du verfluchter Phantast!« Starobin starrte Pjetkin aus plötzlich hervorquellenden Augen an. Sein Atem ging stoßweise, das Rasseln in seiner Brust war erschreckend, das Gesicht färbte sich blaurot. Ohne einen Ton rutschte er vom Sessel, fiel auf den Boden, richtete sich auf die Knie auf, preßte beide Hände auf das Herz, kroch auf Pjetkin zu und riß schauerlich sein Fischmaul auf. In seinen Augen schrie Todesangst, kalter Schweiß brach in Bächen aus seinen Poren, der Atem beschleunigte sich zu einem rasenden Keuchen.
    »Igor …«, röchelte er. »Igor … was ist das … Ich zerplatze … ich zerplatze … o dieser Schmerz … dieser Schmerz … Hilfe! Hilfe!«
    Pjetkin sprang zu ihm. Starobin wollte sich flach auf den Rücken legen, aber Pjetkin hinderte ihn mit Gewalt daran, schleifte ihn zum Schreibtisch und lehnte ihn dagegen, den Oberkörper aufgerichtet.
    »Bleib ja sitzen, Jakow«, sagte er. »Und rühr dich nicht. Bleib sitzen! Ich lasse dich sonst sofort ins Krankenhaus bringen …«
    »Dieser Schmerz … Igor … es erwürgt mich von innen …«
    Pjetkin rannte zur Tür und riß sie auf. Er prallte gegen Marianka, die so nahe stand, daß sie fast die Tür gegen den Kopf bekommen hätten.
    »Eine Trage!« brüllte Pjetkin. »Marianka … Anruf im Krankenhaus. OP I fertigmachen für einen Thoraxeingriff! Die gesamte Mannschaft in den OP! Schnell, schnell … was steht ihr hier noch herum …«
    »Ich kümmere mich darum«, rief Oberst Baranurian und rannte ins nächste Zimmer.
    Pjetkin lief ins Zimmer zurück. Marianka folgte ihm, sah den blauroten Starobin auf der Erde am Schreibtisch lehnen und mit den Augen rollen. »Was ist passiert?« rief sie und kniete sich neben Starobin. Dieser krümmte sich, starrte die Dussowa an, keuchte, die Rasseln in seiner Brust klangen fürchterlich, er verzog wieder den Mund und versuchte zu sprechen, aber es gelang ihm nicht. Nur Laute kamen heraus, Töne von schrecklicher Klangfärbung.
    »Hat er sich verschluckt?« fragte die Dussowa. Sie hielt Starobin hilflos an der Schulter fest und sah Pjetkin an, der hin und her rannte. »Klopf ihm doch auf den Rücken, Igorenka …«
    »Um Himmels willen – nein! Wo bleibt die Trage? Hat man Schnecken losgeschickt? Siehst du denn nicht … er hat eine Lungenembolie!« Er beugte sich über Starobin und hielt dessen hin und her schlagenden Kopf fest. Das Röcheln war schauderhaft. »Hörst du mich, Jakow Andrejewitsch?« sagte Pjetkin laut zu ihm. »In wenigen Minuten bist du tot.«
    Starobins Augen quollen heraus. Er wollte antworten, aber nur die Rassel in seiner Lunge gab einen Laut von sich. Marianka hob die Schultern. Ein Frieren überzog sie plötzlich. Ein wichtiger Genosse aus Moskau stirbt hier auf dem Boden in einem Straflager. Hat das Schicksal Augen und Herz?
    Pjetkin kniete auf der anderen Seite Starobins. »Hörst du mich? Ein Embolus sitzt in deiner Lungenarterie und reicht bis in den großen Ast hinein. Ein widerlicher, keilförmiger Blutpfropfen, der die Blutzufuhr zum

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