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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Marianka.«
    »Dann wirst du elend zugrunde gehen! Hoffe nicht darauf, daß einer dir beisteht. Es gibt nur noch Feiglinge.«
    »Und trotzdem haben Sie in Moskau protestiert?«
    »Was habe ich zu verlieren?« Sie wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. »Du wirst weggehen, Igorenka … was bleibt dann noch?«
    *
    Dunjas Abreise nach Irkutsk war auf einen Freitag festgelegt. Sadowjew hatte sich am Bahnhof nach den Zügen erkundigt, nach den Abfahrtszeiten, den Umsteigemöglichkeiten, den Anschlüssen und hatte dabei entdeckt, daß im sowjetischen Eisenbahnnetz, vielleicht war es nur hier im Süden Sibiriens, der Teufel steckte.
    Sadowjew kaufte die Fahrkarte, knirschte schauerlich mit den Zähnen und fuhr zurück nach Issakowa. Das große Packen hatte begonnen. Anna, das Mütterchen, lief wie ein geköpftes Huhn herum, drei Nachbarinnen saßen im Zimmer und weinten laut, als gälte es, einen lieben Toten einzusargen, Dunja machte zum letztenmal ihre Runde durch das Dorf, besuchte die Kranken und kam zurück mit einem Handwagen, den der kleine Iwan Pantalonowitsch zog. Ein Handwagen voll Geschenke. Selbst ein dicker langer Wolfspelzmantel war darunter. Der Jäger Ifan hatte ihn gestiftet. »In Irkutsk ist es kalt im Winter«, hatte er gesagt. »50 Grad Frost und darunter. Da soll ein Vögelchen wie du nicht frieren.«
    Die letzte Fahrt zum Bahnhof Blagowjeschtschensk machten Dunja und Sadowjew allein. Mütterchen Anna blieb zurück, es wäre für ihr Herz zuviel gewesen. Sie segnete Dunja an der Schwelle des Elternhauses, küßte sie lange, drückte ihr ein kleines Säckchen mit Brot und Salz in die Hand und sagte: »Laß es nie leer werden, dann ist Gott bei dir.«
    »Irkutsk ist nicht auf einem anderen Stern, Mütterchen«, sagte Dunja mit fester Stimme. »Wir werden uns bald wiedersehen. Ich lasse euch kommen … ich werde von meinem Gehalt die Rubel sparen, um eure Reise zu bezahlen.«
    »Wir sehen uns das alles an!« rief Sadowjew vom Bock des Wägelchens und knallte mit der langen Peitsche. »Und wenn wir nach Irkutsk reiten! Glaubst du, unsere Gäulchen schaffen das nicht? Du sollst sehen, Dunjenka, eines Tages stehen wir vor der Tür und rufen: ›Heu her für unsere Pferde! Und Wasser!‹ Die werden staunen, die Genossen in Irkutsk!« Das alles sollte fröhlich klingen, aber wer kann schon lachen, wenn ihm die ganze Kehle voll Schluchzen sitzt? Er schnalzte mit der Zunge, hieb den Pferden über den Rücken und ließ sie aus Issakowa hinausgaloppieren. Erst außerhalb des Dorfes, auf der Straße am Amur, hielt er wieder an und wischte sich über die Augen.
    »Väterchen …«, sagte Dunja leise. »Bitte, weine nicht.«
    »Wer weint denn?« schrie Sadowjew. »Der Sand, der verfluchte Sand weht einem in die Augen! So trocken war's noch in keinem Jahr.« Er nestelte in seiner Jacke herum, hüstelte dabei, wandte den Blick zum Strom und tat so, als beobachte er die weit am Horizont träge durch das silberne Wasser ziehenden chinesischen Dschunken. »Ich will dir auch etwas geben, Dunjenka«, sagte er mit mühsam beherrschter Stimme. »Von deinem Großvater ist's, dem tapferen Gavrilow Romanowitsch. Er hat's 1914 in Ostpreußen gefunden, sagt er, auf der Straße, aber ich nehme an, er hat's geklaut. Glück soll es bringen, und solange es bei uns war, haben wir nie Elend gehabt, das stimmt. Nimm es mit, Töchterchen, hänge es um den Hals …«
    Er öffnete die Hand. Ein aus Elfenbein geschnitztes Amulett mit einer kleinen Madonna aus goldenem, durchsichtigem Bernstein hielt er Dunja hin. Sie nahm es, küßte es und hängte es sich an der dünnen, silberen Kette um den Hals. Dann öffnete sie die oberen Knöpfe der Bluse und ließ das Amulett zwischen ihre Brüste gleiten. Sadowjew schluchzte auf, schrie zum Fluß hin: »Der verdammte Sand!«, gab den Pferdchen wieder die Peitsche und fuhr weiter.
    Pjetkin wartete am Ende des Waldweges bereits auf sie. Er saß auf einem Baumstamm und rauchte nervös eine Papyrossi nach der anderen.
    »Endlich!« rief er und lief dem Wagen entgegen. »Wir werden den Zug nicht erreichen.«
    »Dann nimmt sie den nächsten!« rief Sadowjew. »Wo sie sowieso elf Stunden herumsitzen wird.«
    Pjetkin kletterte neben Dunja in den Wagen, sie küßten sich, legten die Hände ineinander und schwiegen. Was bedeuten Worte in einer solchen Stunde? Sie lehnten sich zurück, Dunja legte den Kopf an Pjetkins Schulter, und so lauschten sie dem Trappeln der Pferdehufe, dem knirschenden Rollen

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