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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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der inmitten von verkohlten Bodenbrettern lag. Das Skelett war in der starken Hitze geschrumpft. Der durchdringende Gestank nach verbranntem Menschenfleisch erfüllte die Luft und machte das Atmen schwer.
    Das Funkgerät quäkte wieder. »Wir sind am Waldrand angekommen«, meldete einer der Polizisten. »Es sieht so aus, als seien hier einige Männer hinter Steinen in Deckung gegangen und hätten eine Zeit lang dort gelegen. Ich habe ein Kaugummipapier gefunden.«
    »Marke?«, unterbrach ihn Salam.
    »Wrigley’s, Chief Salam. Das Papier ist ganz neu, liegt noch keinen Tag hier. Trocken und frisch. Riecht sogar nach Minze. Doch eines ist seltsam.« Der Polizist machte eine Pause. »Die Aufschrift auf dem Papier ist in einer Sprache, die ich nicht kenne. Auf keinen Fall Englisch.«
    »Mitbringen«, entschied der Inspektor. »Ist ein Weg in der Nähe? Eine Straße? Ein Saumpfad?«
    »Moment, Chief.« Für einen Augenblick war es ruhig. Dann meldete sich der Polizist wieder. »Arheem meint, weiter oben gäbe es eine Abzweigung von jenem Weg, der zu der Hütte führt.«
    »Dann geht bis dahin und seht, ob ihr etwas finden könnt«, befahl Salam, bevor er sich wieder dem Toten zuwandte. Warum kannst du uns nichts mehr erzählen, alter Freund, dachte der Inspektor bedauernd, das würde alles so viel einfacher machen. Er ging in die Knie und ließ seinen Blick über die verrußten Wände der Hütte schweifen. Ein Kaugummipapier mit einem Aufdruck in fremder Sprache?
    Es wurde immer geheimnisvoller.
    Jeder seiner Beamten sprach oder verstand zumindest Paschtu und Dari, die beiden Amtssprachen in Afghanistan. Es gab zwar mehr als 49 Sprachen und über 200 Dialekte im Nachbarland, aber Wrigley würde kaum einen Kaugummi auf den Markt bringen, dessen Inhaltsstoffe in einer Minoritätensprache angegeben waren. Also musste es etwas anderes sein. Unzufrieden mit der Tatsache, dass in der Hütte keine Spuren zu finden waren, erhob sich der Inspektor wieder und suchte die Lichtung ab.
    Wo war die verdammte Axt?
    Sollten die Angreifer die Waffe mitgenommen haben? Salam schüttelte den Kopf. Ziemlich unwahrscheinlich. Was hätte er an ihrer Stelle damit gemacht? Sie weit ins Tal hinuntergeschleudert? Er ging in Gedanken versunken bis an den Rand der Lichtung. Vergraben? Plötzlich hatte er eine Idee. Er machte kehrt und lief rasch zur Hütte zurück. Vor der Leiche Juans angekommen, zog er seine Pistole und schob vorsichtig mit dem Lauf den verkohlten Körper etwas zur Seite. Er war überraschend leicht. Unter einer dunkelgrau- schwarzen Rußschicht blinkte etwas im Licht des späten Nachmittags. Salam blies vorsichtig die Asche beiseite. Der Stiel der Axt war verbrannt, aber die Klinge war erhalten geblieben. Die Täter hatten die Waffe einfach ins Feuer geworfen.
    Es würden keine Fingerabdrücke oder DNA -Spuren zu finden sein.
    Der Inspektor steckte die Pistole wieder ein. Es waren also Profis gewesen, die den Shah ermordet hatten. Keine Tat im Affekt, kein Racheakt, kein spontaner Angriff. Die Taliban hätten ihre Messer verwendet oder Kalaschnikows, sie hätten Juan entweder erschossen oder ihm die Kehle durchgeschnitten. Aber sie hätten dazu nicht die Axt verwendet und dem Shah niemals ohne Grund die Hände abgehackt.
    Doch die Handvoll Männer, die durch den Wald gekommen waren, hatten gewusst, wohin sie wollten, zu wem und zu welchem Zweck. Einer von ihnen kaute ausländische Kaugummis, sie hatten Stiefel getragen und hatten sich angeschlichen, hinter Steinen Deckung gesucht, den Bildhauer vielleicht sogar beobachtet, bevor sie zugeschlagen hatten. Juan hatte keine Chance mehr gehabt. Hatte er die Axt im Holzblock stecken lassen und die Unbekannten Angreifer hatten die Gunst der Stunde genutzt?
    Shah Juan von Rumbur war ein alter, aber weiser Mann gewesen. Er mochte vorsichtig gewesen sein, aber Argwohn war ihm seit jeher fremd. Hatte er also seine Angreifer nicht gekannt, sie nicht verdächtigt? War er ihnen unbefangen entgegengetreten?
    Ja, so passte es zusammen, nickte Salam befriedigt. Er griff zu seinem Funkgerät. »Wie weit seid ihr gekommen? Was gibt es Neues?«
    »Wir haben den Weg erreicht, Chief«, quäkte die Stimme aus dem kleinen Lautsprecher. »Es gibt hier frische Reifenspuren, grobstollig, und einen kleinen Ölfleck im Sand. Ein Wagen war also für einige Zeit abgestellt, der Spurbreite nach kein Jeep, eher ein neuerer Geländewagen.«
    Salam hörte eine kurze Beratung im Hintergrund, dann meldete sich der

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