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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Schoelcher?«
    »Ach, wo denken Sie hin?«, wehrte Konstantinos ab. »Die Geschichte der Goldodyssee war mir bekannt, seit langem schon. Das belgische, französische und polnische Gold wurde im letzten Moment vor den Deutschen in Sicherheit gebracht. Dachte man erst an ein Versteck in Europa, so war spätestens nach dem Blitzkrieg im Westen allen Beteiligten klar, dass genau das keine Lösung darstellte. Also wohin mit dem Edelmetall? Nach England? Zu nahe am Krisenherd. Nach Amerika oder Kanada? Ein weiter Weg über einen oft trügerischen Ozean.« Der Grieche nahm einen Schluck Champagner, bevor er fortfuhr. »Mir war nur nicht bewusst, dass die Victor Schoelcher damals an dem Transport nach Afrika beteiligt war. Das war mir neu. Und vor allem, dass der Vater von Alphonse Cannotier seine Hände bei dem endgültigen Aufbewahrungsort mit im Spiel hatte.«
    Siegberth sagte nichts und schaute in die flackernden Flammen der Kerzen, die im Wind tanzten. Dieser Grieche war ihr nicht geheuer.
    »Es gab – und da werde ich Ihnen nichts Neues erzählen – ab 1939 einen Krieg im Krieg«, stellte Konstantinos fest und schob die Wüstenfotos zusammen. »Der eine war die bewaffnete Auseinandersetzung, in der mehr als fünfzig Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten. Der andere war ein wirtschaftlicher Krieg, in dessen Mittelpunkt das Gold stand. Hitler brauchte es, denn jeder Tag, den das deutsche Heer Krieg führte, verschlang Unsummen. So erwachte seine unstillbare Gier nach dem gelben Metall. Allein die Bestände der belgischen Nationalbank betrugen vor der Besetzung mehr als 220 Tonnen. Rechnen Sie nun noch das französische Gold hinzu, dann das polnische, dann wissen Sie, dass es um eine ungeheure Menge an Geld und damit auch an Macht ging. Nach der Besetzung der Länder war Hitler überzeugt, dass diese Goldvorräte ihm nun zustünden. Doch das Gold war weg, in Afrika, in den französischen Kolonien. Hitler muss getobt haben, als er es erfuhr. So begann ein erbitterter diplomatischer Grabenkampf um die Rückführung der Tausenden von Barren nach Europa, nach Deutschland.«
    Konstantinos streckte die Hand mit dem Champagnerkelch aus und wies nach Westen. »Keine zwanzig Kilometer von hier, in Wiesbaden, kam es zu einer denkwürdigen Sitzung im September 1940 zwischen einer Delegation aus Berlin und dem Inspektor des französischen Finanzministeriums. Der deutsche Delegationsleiter, der Diplomat Johannes Hemmen, ließ keine Zweifel aufkommen, wer nun das Sagen hatte. Er stellte in einem äußerst herrischen Ton fest, dass die Deutschen Belgien erobert hätten und nun die Befehle gäben. Alle Rechte, auch die der belgischen Nationalbank, seien auf Deutschland übergegangen. Dann gab er den Befehl, das belgische Gold schnellstens aus Afrika zurückzubringen.«
    »Sie haben sich ausführlich mit der Materie befasst«, musste Siegberth zugeben.
    »Wenn ich etwas mache, dann mache ich es gründlich«, sagte der Grieche kategorisch. »Zwei Monate später begann einer der abenteuerlichsten Goldtransporte der Geschichte. Die Verwaltung in Französisch-Westafrika erhielt den Auftrag, die belgischen Kisten unter Bewachung quer durch teilweise unwegsames Gebiet bis an die Mittelmeerküste zu befördern. Erst auf Lkws, dann per Eisenbahn, nach erneutem Umladen wieder auf Lastwagen, schließlich auf Kamelen. Als alles nichts mehr half, wurden die Kisten auf Boote geladen und über den Fluss Niger bis nach Timbuktu geschifft. Doch damit war die Odyssee noch lange nicht zu Ende. Nach Wochen, in denen die Kisten im Wüstensand lagen, bewacht von müden und ausgemergelten Soldaten, die in der Hitze und nach der Anstrengung des ersten Teils der Reise starben wie die Fliegen, wurden endlich Lastwagen aufgetrieben, die das Gold nach Gao, eine heilige Stätte des Islam, brachten. Was für ein Abenteuer!«
    Konstantinos schüttelte den Kopf und schenkte sich nach, bevor er fortfuhr. Ein Hauch von Respekt schwang in seiner Stimme mit.
    »Die gefährlichste Strecke jedoch lag noch vor ihnen – mehr als 1700 Kilometer durch die Sahara. Karawanen aus Hunderten von Kamelen wurden zusammengestellt, die Kisten auf die Rücken der Tiere geschnürt, dann ging es los. Nach unbeschreiblichen Strapazen erreichte der Transport endlich Colomb-Béchar, die algerische Provinzhauptstadt, wo das Gold in Güterzüge verladen wurde und Tage später endlich den Mittelmeerhafen Algier erreichte. Wieder wurde umgeladen. Dann übernahmen französische

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