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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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starke Espressi, und ich bin wieder an Deck. Hast du etwas von Doc Sternberg gehört? Ihr seid ja gestern, nein, heute Morgen gemeinsam abgezogen.«
    »Du kennst ihn doch, Thomas«, antwortete Bergner. »Er wollte die Autopsie nicht aufschieben und hat das noch durchgezogen, bevor er schlafen gegangen ist. Ich wette, sein Bericht liegt neben der Tasche auf deinem Schreibtisch.«
    »Es wird Zeit, dass ich hier endlich wegkomme«, murmelte Calis nervös und sah auf die Uhr. Fast zehn und der kleine Kobold entwischte ihm jedes Mal aufs Neue.
    »Wo genau bist du überhaupt?«, fragte Bergner und schlürfte lautstark an seinem üblichen Pfefferminztee.
    »Symposium zum Thema Jugendgewalt, Frank ist auch hier und wir halten uns gegenseitig aufrecht«, gab Calis zurück und gähnte. »Der Innensenator hat geladen und manche würden sagen, er hat durchgeladen.«
    »Mein Beileid«, erwiderte Bergner, und diesmal klang es ehrlich. »Im Gegensatz zu dir muss ich unglücklicherweise etwas arbeiten und kann keinen verlängerten Morgenschlaf in der vorletzten Reihe abfeiern. Du verzeihst also, wenn ich mich verabschiede. Grüß Frank!« Damit legte er auf.
    In diesem Moment öffneten sich die Türen zum Saal, und eine Welle der Erleichterung spülte die Teilnehmer in den Vorraum, in dem inzwischen kleine Tische und ein Büfett aufgebaut worden waren.
    »Abtrünniger Verräter«, raunte ihm Frank Lindner zu, als er an ihm vorbeiging. »Aber die Strafe folgt auf dem Fuße.«
    Tatsächlich erschien in diesem Augenblick der Innensenator. Er trat durch die Tür, ganz ins Gespräch mit der jungen Referentin vertieft, die sich immer wieder lächelnd und triumphierend umblickte – wohl um sicherzugehen, dass sie auch von allen bemerkt wurde. Calis wandte sich ab und wünschte sich, mit der Tapete verschmelzen zu können. Doch es war bereits zu spät. Mit einem kleinen Kopfnicken entschuldigte sich der Innensenator bei seiner erstaunten Begleitung und strebte zielsicher auf ihn zu.
    »Ach, Kommissar Calis«, rief er, und ein kleines, ironisches Lächeln erschien in den Mundwinkeln, das Calis nur zu gut kannte. Es kam immer, bevor er zum Todesstoß ausholte.
    »Ich mag es, wenn die Polizei sich volksnah gibt und auch Randgruppen nicht ausgrenzt«, begann der Innensenator und sah sich theatralisch um. »Aber glauben Sie wirklich, der rosa Schirm kam zum passenden Zeitpunkt? Ich meine, es war immerhin der Tatort eines grausamen Mordes und …«
    »… es regnete«, unterbrach ihn Calis ungeduldig. »Und nein, es hatte nichts mit meiner sexuellen Ausrichtung zu tun, war kein verspätetes Coming-out oder ein Schmeichelkurs in den Gewässern unseres Bürgermeisters oder des Außenministers. Nein, es war viel simpler. Es schüttete ganz einfach und der Leiter der Spurensicherung …«
    »Arthur Bergner?«, unterbrach ihn der Innensenator. »Ein guter Mann, wie ich gehört habe …«
    Calis brummte etwas Unverständliches vor sich hin und verschluckte den Rest seines Satzes.
    »Wie auch immer, es wäre nett, wenn Sie in Zukunft diese Art von plakativen und demonstrativen Äußerungen vor den Medien unterlassen könnten, Kommissar.« Der Innensenator legte Thomas Calis verschwörerisch den Arm um die Schulter, drückte ihn und zwinkerte ihm zu. »Ja, so rosa Schirme haben schon was, nicht wahr, mein Lieber?«
    Lindner erlöste einen völlig erstarrten Calis aus den heißen Fängen der Politik und steuerte das fast leer geräumte Büfett an, während der Innensenator sich lächelnd wieder der jungen Referentin zuwandte.
    »Na? Sind wir etwas frühstückshungrig, oder ist uns der Appetit vergangen?«, grinste sein Chef und schob Calis einen Teller mit Brötchen und einen etwas verunglückten Cappuccino zu.
    »Erinnere mich daran, dass ich das nächste Mal den Tod am Apfelbaum von Tante Louise jedem Symposium mit dir vorziehe«, stöhnte Calis. »Und bevor ich mir die Schlinge umlege, vererbe ich dir den Kleingarten.« Er kippte den Inhalt der Tasse hinunter und verzog leidend das Gesicht. »Staatskaffee. Komm, lass uns verschwinden. Ich habe das blöde Gefühl, ich versäume etwas, und das Leben findet ohne mich statt. Da ist ein kleiner Kobold, der mich ärgert. Der weiß, was ich übersehen habe.«
    »Trägt er einen rosa Regenschirm und steht im Regen?«, stichelte Lindner.
    »Frank, bitte.« Calis reichte es. »Ich werde die Tasche von Tronheim nehmen und zu Siemens gehen. Vielleicht weiß einer der Kollegen, ob etwas fehlt, weil es gestern

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