Heiße Hüpfer
hatte ich mal ein Buch«, ließ sich der Professor für
unbestimmte Studien vernehmen. »Darin ging es um einen Mann, der
Schiffbruch erlitt und auf eine Insel wie diese gelangte, und er glaubte,
al ein zu sein, und dann fand er eines Tages einen Fußabdruck im Sand.
Es gab auch einen Holzschnitt davon«, fügte er hinzu.
»Einen Fußabdruck?« fragte der Dekan. Er setzte sich auf und hob
beide Hände an den Kopf.
»Nun, ja, und als er ihn sah, wußte er…«
»… daß ihm auf der Insel ein einbeiniger Weitsprungchampion
Gesel schaft leistete?« fragte der Dekan. Er fühlte sich ein wenig gereizt.
»Nun, natürlich fand er später noch andere Fußspuren…«
» Ich wäre gern allein auf einer einsamen Insel«, meinte der Oberste Hirte und beobachtete, wie Ridcully auf der Stelle lief.
»Bilde ich es mir nur ein, oder sind wir wirklich Tausende von Meilen
und Tausende von Jahren von der Heimat entfernt?« fragte der Dekan.
»Das ist tatsächlich der Fall.«
»Dachte ich mir. Was gibt’s zum Frühstück?«
»Stibbons hat einige weich gekochte Eier gefunden.«
»Ein sehr nützlicher junger Mann«, stöhnte der Dekan. »Wo hat er sie
entdeckt?«
»An einem Baum.«
Der Dekan erinnerte sich an Einzelheiten der vergangenen Nacht.
»Ein Baum mit weichgekochten Eiern?«
»Ja«, sagte der Oberste Hirte. »Hübsch flüssig. Schmecken lecker mit
Brotfruchtkeksen.«
»Gleich behauptest du sicher, er hätte auch einen Löffelbaum
gefunden…«
»Natürlich nicht.«
»Gut.«
»Es ist ein Löffelbusch.« Der Oberste Hirte hob einen kleinen
Holzlöffel, an dem noch einige kleine grüne Blätter hingen.
»Ein Busch, an dem Löffel wachsen…«
»Der junge Stibbons meint, daß es durchaus einen Sinn ergibt, Dekan.
Er sagte, wir hätten sie gepflückt, weil sie nützlich sind, und außerdem
gehen immer wieder Löffel verloren. Nach diesen Worten brach er in
Tränen aus.«
»Ich glaube, ich verstehe ihn. Dieser Ort ist eine besondere Art von
Schlaraffenland.«
»Ich schlage vor, wir verlassen die Insel so rasch wie möglich«, sagte
der Professor für unbestimmte Studien. »Wir sol ten heute ein Boot
bauen. Ich möchte keiner weiteren gräßlichen Eidechse begegnen.«
»Jeweils ein Exemplar von jeder Art, erinnerst du dich?«
»Vielleicht gibt es eine noch abscheulichere Echse.«
»Es kann nicht sehr schwierig sein, ein Boot zu bauen«, sagte der
Professor für unbestimmte Studien. »Selbst primitive Leute schaffen so
etwas.«
»Jetzt hör mal«, erwiderte der Dekan scharf. »Wir haben überall auf dieser Insel nach einer anständigen Bibliothek gesucht. Es gibt einfach
keine, so absurd das auch sein mag. Wie soll man ohne Bücher irgend
etwas zustande bringen?«
»Vielleicht… könnten wir… Dinge ausprobieren ?« sagte der Oberste
Hirte. »Ihr wißt schon… Wir könnten feststellen, was schwimmt und so
weiter.«
»Oh, na schön, wenn du eine so unzivilisierte Methode anwenden
willst…«
Der Professor für unbestimmte Studien bemerkte den
Gesichtsausdruck des Dekans und hielt es für notwendig, die Stimmung
ein wenig zu verbessern.
»Ich habe mich gerade, aha, etwas gefragt«, sagte er. »Und zwar nur als
kleine gedankliche Übung… Wenn du auf einer einsamen Insel
festsäßest, Dekan – welche Musik würdest du dann am liebsten hören?«
Das Gesicht des Dekans verfinsterte sich noch etwas mehr. »In dem
Fall, Professor, würde ich am liebsten die Musik im Opernhaus von
Ankh-Morpork hören.«
»Ah. Oh? Ja. Nun… das ist sehr… sehr… sehr… direkt gedacht,
Dekan.«
Rincewind lächelte glatt. »Du… bist also Krokodil.«
»Waf dagegen?« fragte der Wirt.
»Nein! Nein! Hast du nicht noch einen anderen Namen?«
»Nun, man gab mir einen Fpitznamen…«
»Ach, ja?«
»Ja. Krokodil Krokodil. Aber hier nennen mich die meisten Leute
Dongo.«
»Und… äh… dies hier? Wie nennt ihr das?«
»Bier«, sagte das Krokodil. »Wie würdeft du ef nennen?«
Der Wirt trug ein schmutziges Hemd und eine kurze Hose. Bisher
hatte Rincewind das Schneiderhandwerk nicht für einen sehr schwierigen
Beruf gehalten, aber jetzt mußte er seine Meinung ändern: Es war gewiß
nicht leicht, für jemanden mit sehr kurzen Beinen und einem langen
Schwanz eine Hose anzufertigen.
Er hob das Bierglas ins Licht. Und genau das war der Punkt: Das Licht
fiel hindurch. Es handelte sich um durchsichtiges Bier. Das Bier in Ankh-Morpork war praktisch Ale, mit anderen Worten: Soße aus
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