Heiße Hüpfer
Gestalt zu überprüfen.
Für den Quästor hingegen begann eine schreckliche Zeit. Al es an
Mustrum Ridcully kratzte an seinen Nerven. Wären Personen Speisen
gewesen, hätte der Quästor ein leicht pochiertes Ei abgegeben und
Mustrum Ridcully einen Talgpudding mit Knoblauchsoße. Er sprach so
laut, wie andere Laute riefen. Er stampfte, anstatt normal zu gehen. Er
brül te häufig und verlor wichtige Dokumente, um anschließend zu
behaupten, er hätte sie nie gesehen. Er schoß mit der Armbrust auf die
Wand, wenn er sich langweilte. Er zeichnete sich durch aggressive
Fröhlichkeit aus. Er wurde nie krank und glaubte, daß die Krankheiten
anderer Leute auf nachlässiges Denken zurückzuführen waren. Und er
hatte keinen Sinn für Humor. Und er erzählte Witze.
Eigentlich war es erstaunlich, daß der Quästor so sehr darunter litt,
denn auch ihm fehlte der Sinn für Humor. Er wies voller Stolz darauf
hin, daß er ein Mann war, der nicht lachte. Aber er wußte auf eine
mechanische Art und Weise, wie Witze funktionieren sol ten. Ridcul y
erzählte Witze so, wie ein Ochsenfrosch die Buchführung erledigte – das
Resultat ergab keinen Sinn.
Deshalb fand es der Quästor weitaus zufriedenstel ender, im Innern
seines eigenen Kopfes zu leben. In jener Welt brauchte er nicht
zuzuhören, und außerdem gab es dort Wolken und hübsche Blumen.
Trotzdem mußte gelegentlich etwas von draußen hereinfiltern, denn ab
und zu sprang er auf eine Ameise, nur für den Fal , daß man das von ihm
erwartete. Ein Teil von ihm hoffte, daß eine jener Ameisen ein geradezu
unvorstellbar ferner Verwandter von Mustrum Ridcul y war.
Während er auf diese Weise die Zukunft veränderte, entdeckte er auf
dem Boden etwas, das wie ein dicker grüner Schlauch aussah.
»Hmm?«
Das Objekt war halb transparent und schien rhythmisch zu pulsieren.
Als er daran horchte, vernahm er ein leises Geräusch, das nach Glup
klang.
Der Quästor mochte ein wenig geistesgestört sein, aber er verfügte
über den typischen Instinkt eines Zauberers, der ihn bei ziel osen
Wanderungen gefährliche Orte erreichen ließ – er folgte dem
pulsierenden Stiel.
Rincewind erwachte, weil man kaum schlafen konnte, wenn einem
jemand in die Rippen trat.
»Wsn?«
»Soll ich vielleicht einen Eimer Wasser auf dich schütten?«
Rincewind erkannte den Plauderton. Mühsam öffnete er die Augen.
»Oh, nicht du! Du bist ein Hirngespinst!«
»Sol ich dir noch einmal in die Rippen treten?« fragte Scrappy.
Rincewind hob den Kopf. Der Morgen dämmerte, und er lag im
Gebüsch hinter der Kneipe.
Das Gedächtnis projizierte die Bilder eines Stummfilms auf die
fransige Leinwand seiner Lider.
»Es kam zu einem Kampf…Verrückt schoß auf das… das… schoß auf
ihn, mit einer Armbrust !«
»Er schoß ihm nur in den Fuß, damit er still stand und besser
geschlagen werden konnte. Wombats vertragen keinen Alkohol, das ist
ihr Problem.«
Weitere Erinnerungen flimmerten durch die rauchige Dunkelheit von
Rincewinds Gehirn. »Jetzt fäl t’s mir wieder ein… Tiere tranken in der Kneipe!«
»Ja und nein«, erwiderte das Känguruh. »Ich habe versucht, es dir zu
erklären…«
»Ich bin ganz Ohr«, sagte Rincewind. Seine Augen trübten sich kurz.
»Nein, das stimmt nicht. Ich bin ganz gefül te Blase. Bis gleich.«
Das Summen von Fliegen und eine Art universel er Geruch wiesen
Rincewind den Weg zu einer Hütte. Manche Leute wären viel eicht bereit
gewesen, diesen Ort als »Bad« zu bezeichnen, obwohl sie ihre Meinung
nach dem ersten Besuch sicher geändert hätten.
Rincewind kehrte nach draußen zurück, hüpfte voller Not auf und ab.
»Äh… Auf dem Toilettensitz hockt eine große Spinne…«
»Was hast du vor? Wil st du warten, bis sie fertig ist? Vertreib sie mit
deinem Hut!«
Eigentlich seltsam, fand Rincewind, als er die Spinne verscheuchte. Ein
Mensch benutzte das, äh, Bad hinter einem Busch mitten in der Wildnis,
kämpfte jedoch um ein Klo, wenn eins zur Verfügung stand.
»Und bleib draußen«, murmelte er, als er sicher sein konnte, daß die
Spinne außer Hörweite war.
Das menschliche Gehirn ist oft nicht fähig, sich auf gewisse Dinge zu
konzentrieren, was bei Rincewind dazu führte, daß sein Blick
umherwanderte. Wie an allen privaten Orten hatten die Menschen auch
hier den Drang verspürt, etwas auf die Wände zu kritzeln.
Vielleicht lag es daran, wie das Licht auf das alte Holz fiel, aber unter
den Einzelheiten
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