Heiße Hüpfer
die Schafe drängten sich daran zusammen.
Er beobachtete, wie die wenige Nässe praktisch sofort versickerte.
»He, komm zurück!«
»Hekommzurück!« kreischten die Vögel.
»Seid still!«
»Seidstill! Hallokleinerpiepmatz.«
Rincewind rammte die improvisierte Schaufel in den Boden und
versuchte, das verschwindende Wasser auf dem Weg nach unten zu
überholen. Er grub weiter, und als ihm die Brühe bis zu den Knien
reichte, fül te er seinen Hut mit der schmutzigen Flüssigkeit, kletterte aus dem Loch und eilte zum Trog, wobei ihm Wasser auf die Füße spritzte.
Die Schafe standen sofort Leib an Leib und trachteten danach, den
dünnen Feuchtigkeitsfilm im Trog zu erreichen.
Rincewind schaffte es, den Schafen zwei weitere gefül te Hüte zu
bringen, bevor dem Wasser erneut die Flucht nach unten gelang.
Er löste die Leiter vom Mühlenturm, ließ sie ins Loch hinunter und
sprang hinterher. Feuchter Boden spritzte nach oben, als er mit noch
mehr Eifer grub. Jeder Brocken lockte Fliegenschwärme und kleine
Vögel an, kaum daß er auf dem Boden lag.
Zehnmal trug er den gefül ten Hut zum Trog, und dann war das Loch
tiefer, als die Leiter lang. Inzwischen hatten sich den Schafen auch einige Kühe hinzugesel t, und vor lauter Köpfen konnte man überhaupt kein
Wasser mehr sehen. Ein seltsames Geräusch erklang. Es hörte sich an
wie ein Strohhalm, der nach den Resten des größten Milchshakes auf der
ganzen Welt suchte.
Rincewind warf noch einen Blick ins Loch und sah, wie der letzte
Wassertropfen versickerte.
»Ein sonderbares Land«, sagte er.
Er trat zum Pferd, das geduldig im spärlichen Schatten eines Busches
stand.
»Hast du Durst?« fragte er.
Schnuffi schnaufte und schüttelte die Mähne.
»Na schön. Viel eicht gehörten Kamele zu deinen Vorfahren. Eins
steht fest: Du kannst bestimmt nicht nur ein einfaches Pferd sein.«
Schnuffi trat ziellos zur Seite und Rincewind auf den Fuß.
Gegen Mittag kreuzte der Weg einen anderen, breiteren Pfad.
Hufabdrücke und Wagenspuren deuteten auf ziemlich viel Verkehr hin.
Rincewinds Miene erhel te sich, und er folgte dem Verlauf der Straße,
vorbei an Bäumen, die angenehmen Schatten spendeten.
Er passierte eine weitere Windmühle, an der sich geduldig wartendes
Vieh eingefunden hatte.
Die Büsche wurden zahlreicher, als das Gelände anstieg und in eine
Berglandschaft aus orangeroten Felsen überging. Hier oben gibt es
wenigstens Wind, dachte er. Meine Güte, ist der eine oder andere
Regentropfen wirklich zuviel verlangt? Es kann doch nicht sein, daß es
nie regnet. Überall regnet es früher oder später. Das Wasser muß vom Himmel fal en, bevor es in den Boden gelangen kann, oder?
Er hielt inne, als er hinter sich das Pochen vieler Hufe hörte.
Dutzende von reiterlosen Pferden preschten in vol em Galopp hinter
der nächsten Biegung hervor. Als sie vorbeirauschten, sah Rincewind
ganz vorn ein Roß, wie es geschmeidiger kaum sein konnte, ein Pferd,
das lief, als hätte es eine spezielle Vereinbarung mit der Gravitation
getroffen. Die Herde teilte sich und floß so um den Zauberer herum wie
das Wasser eines Baches um einen Felsen. Kurze Zeit später war sie nur
noch schnell leiser werdender Lärm in einer Wolke aus aufgewirbeltem
roten Sand.
Schnuffi schnaubte, und Rincewind wurde heftiger durchgerüttelt, als
das kleine Pferd beschleunigte.
»Ach«, brummte Rincewind. »Willst mit den Großen spielen, was?
Aber das klappt nicht. Keine Sorge.«
Die Staubwolke hatte sich gerade gelichtet, als erneut Hufe pochten.
Einige Reiter kamen hinter der Biegung hervor. Sie ritten an Rincewind
vorbei, ohne ihn zu beachten. Nur der letzte von ihnen hielt an.
»Hast du eine große Herde von Pferden gesehen, Kumpel?«
»Ja, Kumpel. Keine Sorge, keine Sorge, keine Sorge.«
»Angeführt von einem großen braunen Hengstfohlen?«
»Ja, Kumpel. Keine Sorge, keine Sorge.«
»Der alte Reue will demjenigen, der das Fohlen für ihn fängt, hundert
Tintenfische bezahlen! Aber ich schätze, daraus wird wohl nichts –
weiter vorn gibt es mehrere Cañons.«
»Keine Sorge?«
»Was reitest du da, vielleicht ein Bügelbrett?«
»Äh, entschuldige bitte«, sagte Rincewind, als der Mann sein Pferd
antrieb und den anderen Reitern folgte. »Ist dies der richtige Weg nach
Mistauch…?«
Staub wogte über die Straße.
»Was ist aus dem allgemein bekannten Prinzip geworden, Fremden
zuvorkommend und freundlich zu begegnen?« fragte Rincewind
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