Heiße Küsse unter kühlen Tannen (SANDRINE) (German Edition)
Entspannung Carla wohl gemeint hatte? Und wie sah dieses 'verwöhnen' aus?
»Haben Sie Zahnschmerzen, Miss Hollander?«, erkundigte Jocelyn sich, die gerade wieder an die Rezeption zurückge kehrt war. »Sie machen ja ein schreckliches Gesicht.«
»Äh ... nein. Ich musste nur gerade an etwas denken.«
Jocelyn lächelte nachsichtig. »Hoffentlich hat es nichts mit unserem Hotel zu tun, denn es scheint sich ja um wirklich schlimme Dinge zu handeln.«
»Nein, keine Sorge«, erwiderte Jody und nahm den Bus fahrplan aus der Schublade. »Ich könnte nur jemandem den Hals umdrehen.«
Jody brachte die Bilder persönlich zum Bus und schärfte dem Fahrer ein, dass es sich um unersetzliche Kunstwerke handelte und er sie wie rohe Eier zu behandeln hätte.
»Ich werde alles schwere Gepäck obenauf werfen, Miss«, versprach der Mann grinsend und tippte sich an die Mütze.
Am Nachmittag ereignete sich ein Unglücksfall. Ein Hotelgast, die ältere Mrs. Cox, war auf den Stufen zur Ter rasse gestürzt und mit dem Kopf gegen einen der Liege stühle geprallt. Jody musste die Ambulanz rufen und die Frau ins Hospital bringen lassen, weil Verdacht auf Gehirner schütterung bestand.
»So etwas dürfte einfach nicht passieren!,« sagte Doris Belvedere erregt. Nervös zog sie an ihrer Zigarette und lief an der Rezeption auf und ab.
»Solche Unfälle kommen überall einmal vor, Mrs. Belve dere«, versuchte Jocelyn ihre Chefin zu beruhigen.
»Ich finde, das Abstreifgitter auf den Stufen zur Terrasse ist auch eine richtige Falle«, mischte Jody sich ein. »Man kann zu leicht mit dem Absatz darin hängen bleiben.«
Doris Belvedere sah die junge Assistentin wegen dieser Kritik unwillig an.
»Dann sorgen Sie dafür, dass es geändert wird«, sagte sie gereizt. Sie wandte sich an Jocelyn. »Haben Sie schon von Nicholas gehört, ob diese Ausstellung zustande kommt?«
»Ja, es scheint zu klappen. Miss Hollander hat ihm heute seine restlichen Bilder nach Edmonton nachgeschickt, nach dem Carla angerufen und sie darum gebeten hatte«, antwor tete die Managerin, als wäre Jody gar nicht anwesend.
Mrs. Belvedere nickte zufrieden. »Mir soll es recht sein. Carla hat es sich in den Kopf gesetzt, Nicholas zum Durch bruch zu verhelfen und nicht nur einen großen Künstler, sondern auch einen verantwortungsvollen Ehemann und Familienvater aus ihm zu machen. Meinen Segen haben die beiden, und auch mein Mann wird das junge Paar nach Kräften unterstützen.«
Jody hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Sie kramte in irgendwelchen Prospekten und tat so unbeteiligt wie möglich, doch innerlich kochte sie. Musste Nicholas' Mutter in ihrer Gegenwart so daherreden? Aber natürlich war das Absicht. Sicher hoffte sie, Jody würde nun endlich die Finger von ihrem Sohn lassen.
Aber darin sollte Doris Belvedere sich getäuscht haben!
6.
Erst am übernächsten Tag kamen Nicholas und Carla wieder zurück. Besitzergreifend hing die Rothaarige an seinem Arm und warf einen triumphierenden Blick in Richtung Rezeption, wo Jody gerade den Ständer mit Prospektmaterial auffüllte.
Nicholas sah in seinen weißen Jeans und dem schwarz weiß gemusterten Hemd, dessen Ärmel er hochgerollt hatte, blendend aus. Sehnsüchtig blickte Jody ihm entgegen und bemühte sich, die aufreizende junge Frau im Minirock, die förmlich an ihm klebte, zu übersehen. Doch Nicholas winkte Jody nur flüchtig zu und verschwand dann mit Carla im Aufzug.
»Machen Sie sich nichts draus, Jody«, hörte sie Jocelyn neben sich sagen. »Den Junior hätten Sie sowieso nicht ein fangen können. Außerdem hat Carla viel ältere Ansprüche an Nicholas als Sie.«
Aufsteigender Ärger verdrängten den Schmerz und die Enttäuschung in Jody.
»Ich habe überhaupt keine Ansprüche an ihn und habe sie auch nie gestellt, Miss Hickerson«, machte sie ihrer Vorge setzten empört klar. »Nicholas und ich sind gute Freunde, weiter nichts.«
»Dann ist es ja gut, Miss Hollander«, erwiderte Jocelyn spitz. Sie war gekränkt über den heftigen Ton, den Jody ihr gegenüber angeschlagen hatte, sagte aber nichts mehr dazu.
In der nächsten Stunde konnte Jody sich kaum auf ihre Arbeit konzentrieren. Die Gäste mit ihren tausend Wünschen gingen ihr entsetzlich auf die Nerven. Am liebsten hätte sie alle auf den Mond geschossen, damit sie in Ruhe über sich und Nicholas nachdenken konnte.
Was will ich eigentlich wirklich von ihm?, fragte sie sich zum x-ten Mal. Welche Rechte habe ich an ihm?
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