Heiße Küsse unter kühlen Tannen (SANDRINE) (German Edition)
eben alles anmalen muss, was mir in die Quere kommt. Felsbrocken, Häuserwände, Straßenpfla ster, Bauzäune ... nichts ist vor mir und meinen Farben sicher. Und dann steht natürlich auch hin und wieder etwas von dem ausgeflippten Hotelerben in der Zeitung.«
»Aber so ein Leben ist doch herrlich!", meinte Jody. »Was soll daran so unsolide sein?«
»Das fragen Sie mal meine Eltern, liebe Jody! Und letzten Endes verlangen sie auch noch von mir, dass ich eine Familie gründe. Dass ich mir Frau und Kinder zulege!« Nicholas machte ein Gesicht, als redete er von giftigen Schlangen. »Kön nen Sie mir verraten, wie ich das mit meiner Kunst vereinba ren soll?« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, da ver zichte ich lieber auf die Millionen und lebe weiterhin von der Hand in den Mund, auch wenn das den Leuten noch so ver rückt erscheinen mag.«
Jody blickte nachdenklich durch die Windschutzscheibe. Sie wich einem Eichhörnchen aus und fuhr dafür voll in eines der zahlreichen Schlaglöcher .
»Nein, so verrückt finde ich das gar nicht«, sagte sie schließlich. »Im Gegenteil, ich kann Sie gut verstehen. Geld ist ja nicht alles im Leben. Seine persönlichen Interessen und Bedürfnisse sollte man dafür nicht aufgeben.«
Nicholas schaute sie überrascht an. »Endlich jemand, der mich versteht!«, rief er. Dann beugte er sich spontan zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Jody holperte in das nächste Schlagloch. »Hilfe!«, rief sie burschikos, um ihre Aufregung und Verlegenheit zu über spielen. »Wenn Sie das noch mal machen, werden wir noch an einem Baum landen!«
Nicholas ging nicht weiter darauf ein. »Ach Jody, Sie ahnen ja gar nicht, wie froh ich bin, dass ich Sie getroffen habe! An welchem See wollten Sie eigentlich Ihr Zelt aufschlagen? Die Sonne geht nämlich schon bald unter.«
»Oh!« Jody hatte gar nicht gemerkt, wie die Zeit verging. Nachdem sie eine andere Strecke fuhren als vorgesehen, musste sie sich einen neuen Platz zum Übernachten suchen. Sie wollte gerade nach der Straßenkarte greifen, als ein Schild mit einem Hinweis auf einen Campingplatz an einem nahe gelegenen See auftauchte. »Lost Lake«, las sie vor. »Das klingt nicht schlecht. Aber was ist mit Ihnen, Nicholas? Sie wollten doch sicher ... ich meine ...«
Vor Aufregung geriet Jody ins Stottern. Im Geist sah sie sich schon mit Nicholas zusammen die Nacht verbringen, ein Mann und eine Frau ganz allein in der Wildnis ...
»Meine Eltern laufen mir nicht davon«, winkte Nicholas ab. »Wann immer Sie nach Jasper kommen, reicht es mir auch.«
Jody bog in den Waldweg zum Lost Lake ein. »Haben Sie auch ein Zelt dabei, Nicholas?« erkundigte sie sich vor sichtig.
»Nein, diesmal nicht. Das ist immer so eine verdammte Schlepperei.« Jody spürte den kurzen prüfenden Seitenblick, den er ihr zuwarf. »Ich kann genauso gut im Freien schlafen, oder bei Ihnen mit im Zelt, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, fügte er mit der größten Selbstverständlichkeit dazu.
»Wir werden sehen«, erwiderte Jody vage. Himmel, das konnte ja heiter werden!
Der Lost Lake erwies sich als ein höchst romantischer See, umgeben von dunklen Tannen, hinter denen gerade die Sonne versank. Außer ihnen war kein Mensch auf dem klei nen primitiven Campingplatz, und Jody hoffte insgeheim, dass sich auch niemand mehr hierher verirrte. Was sie sich von der trauten Zweisamkeit mit Nicholas versprach, konnte sie jedoch selbst nicht recht sagen.
Gemeinsam bauten sie Jodys Zelt auf und entzündeten ein Lagerfeuer. Jody legte ihre Angel am Dock aus. Als wenig später eine Forelle anbiss, spießten sie den Fisch auf einen Stecken und brieten ihn über dem Feuer. Dazu gab es Kartof felsalat und Stangenbrot, das Jody mitgebracht hatte. Nicho las spendierte Nüsse und getrocknetes Obst dazu.
»Jetzt erzählen Sie mir aber auch ein wenig von sich, Jody«, forderte er sie nach dem Essen auf.
Jody lehnte sich bequem mit dem Rücken an einen Baum stamm und streckte die Beine aus.
»Ach, so viel Interessantes wie von Ihnen gibt es von mir nicht zu berichten«, meinte sie. »Ich studiere auf dem College in Calgary das Hotelgewerbe und wohne noch zu Hause bei meinen Eltern. Den Sommer über habe ich nun diesen Job in Jasper gefunden.«
»In welchem Hotel?«, erkundigte Nicholas sich.
»Hotel Belvedere«, gab Jody zur Auskunft. Gleichzeitig dämmerte ihr etwas.
»Aber das ist ja das
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