Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
hässlichen Szene hier, würde er vielleicht auch die eigenen Gefühle besser verstehen. Vielleicht wäre es ihm dann möglich zu ergründen, was mit ihm passiert war, als sie ihre Wange an seine gedrückt und ihm Trost gespendet hatte, ohne Fragen zu stellen.
Denn in diesem Augenblick hatte er sich einfach nur an sie klammern und sie auf immer festhalten wollen, und zum Teufel mit dem Rest der Welt. Irgendetwas war an ihr, das ihn sich nach gemütlichen Abenden auf stillen Veranden und langen Sonntagnachmittagsspaziergängen sehnen ließ. Warum, wusste er nicht, er hätte keinen Grund dafür nennen können. In Philadelphia nahm er sich kaum Zeit für solche Dinge. Selbst das Ausgehen und die gesellschaftlichen Anlässe waren inzwischen Arbeit geworden. Und hatte er nicht oft genug von Liz gehört, dass sie nichts von untätiger Freizeit hielt? Warum sollte er, ein Mann, der sich seinem Beruf verschrieben hatte, an träge Nachmittage mit einer Frau denken, die ebenso von ihrer Arbeit besessen war?
Sie blieb ein Rätsel für ihn. Vielleicht lag darin ja die Antwort begründet. Wenn er an sie dachte – übrigens viel zu oft und zu intensiv –, dann vermutlich, weil er sie zwar immer besser verstand, aber sich gleichzeitig bewusst war, wie wenig er von ihr wusste. Und wenn es schien, dass Antworten zu Liz Palmer ihm fast ebenso wichtig waren wie Antworten zum Tod seines Bruders, dann nur, weil sie zusammen in dieser Sache steckten. Wie also sollte er an das eine denken, ohne nicht auch automatisch das andere einzubeziehen? Doch wenn er jetzt an sie dachte, dann stellte er sie sich vor, wie sie entspannt und lächelnd und vor allem in Sicherheit auf der Hängematte im Garten seiner Eltern lag – und auf ihn wartete.
Über sich selbst verärgert, schaute Jonas auf seine Armbanduhr. An der Ostküste war es jetzt schon nach neun Uhr morgens. Er würde in seiner Kanzlei anrufen. Sich mit ein paar rechtlichen Fragen zu beschäftigen würde ihn auf andere Gedanken bringen, und er würde wieder einen klaren Kopf bekommen.
Er hatte gerade das Telefon in die Hand genommen, als Liz aus ihrem Zimmer kam.
„Ich wusste nicht, dass du schon aufgestanden bist“, sagte sie und fingerte nervös am Gürtel ihres Morgenmantels. Seltsam, aber für sie war es etwas völlig anderes, hier diese luxuriöse kleine Hotelvilla mit ihm zu teilen, als bei sich in ihrem Haus zusammenzuwohnen. Vermutlich, weil er hier die Rechnung übernahm. Zu Hause war er immerhin ihr Mieter.
„Ich hätte gedacht, dass du vielleicht ausschlafen würdest.“ Er legte das Telefon zurück. Die Kanzlei konnte warten.
„Ich schlafe eigentlich nie viel länger als bis sechs.“ Sie fühlte sich unwohl und verlegen und ging zu dem großen Panoramafenster hinüber. „Großartiger Blick.“
„Ja, allerdings.“
„Ich war nicht mehr in einem Hotel seit … seit Jahren“, vervollständigte sie den Satz lahm. „Als ich auf Cozumel ankam, arbeitete ich in demselben Hotel, in dem ich früher mit meinen Eltern untergekommen war. Es war ein seltsames Gefühl. So wie jetzt auch.“
„Meldet sich das Bedürfnis in dir, die Laken und Handtücher zu sortieren?“
Seine Bemerkung entlockte ihr ein Kichern, und das löste ein wenig von ihrer Anspannung. „Nein, nicht die Spur.“
„Liz, wenn das alles vorbei ist, wenn alles hinter uns liegt … wirst du mir dann von diesem Teil deines Lebens erzählen?“
Sie drehte sich zu ihm um, weg vom Fenster und dem Ausblick, doch sie beide fühlten die Distanz. „Wenn das alles hinter uns liegt, wird es keinen Grund mehr geben, dir davon zu erzählen.“
Er stand auf und kam zu ihr. Er überrumpelte sie damit, dass er ihre Hände in seine nahm und sie einzeln, erst die eine, dann die andere, an seine Lippen hob und zärtlich küsste. Er konnte erkennen, wie ihre Augen dunkler wurden. „Ich kann mir dessen nicht wirklich sicher sein“, murmelte er. „Kannst du es?“
Sie war sich bei überhaupt nichts mehr sicher, nicht, wenn er so leise sprach, wenn seine Hände so sanft waren. Für einen kurzen Moment erlaubte sie es sich, einfach nur eine Frau zu sein, die die Fürsorge eines Mannes genoss. Dann trat sie einen Schritt zurück. Weil sie wusste, dass sie Abstand zwischen ihnen schaffen musste. „Jonas, du hast einmal zu mir gesagt, dass wir dasselbe Problem haben. Damals wollte ich es nicht wahrhaben. Doch du hattest recht. Damals stimmte es, und es stimmt immer noch. Sobald dieses Problem aus der Welt geschafft
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