Heißer als Feuer: Roman (German Edition)
Rücken zu.
»Okay«, murmelte er kehlig, »der Punkt geht an Sie.«
»Moment mal.« So leicht kam er ihr nicht davon. Hier war Aufklärung dringend vonnöten. Er hatte erkennbar null Ahnung von dem Job, den sie machte, und das wollte Shay schleunigst ändern. Es wollte ihr sowieso nicht in den Kopf, weshalb Außenstehende ihre Moral ständig in Zweifel zogen. Normalerweise hatte sie für so viel Spießigkeit zwar nur ein kaltes Lächeln übrig, aber bei Ian war das anders. Seine dauernde Rumkrittelei war zum Aus-der-Haut-Fahren. Es verletzte sie, dass er sie völlig falsch einschätzte. Und das machte sie rasend.
Ian Douglas’ Herz und Verstand mochten auf einer spirituellen Ebene geläutert sein, trotzdem war auch er nur ein Mann, mit heimlichen Sehnsüchten und Fantasien, wie jeder andere Typ auch.
»Haben Sie überhaupt eine Vorstellung, was ich bei solchen Posings mache? Denken Sie, ich drück mich in irgendwelchen schmuddeligen Hinterhofateliers rum, wo der Putz von den Wänden abblättert und der Schimmel in sämtlichen Ritzen sitzt? Oder dass ich mit den Künstlern rummache, nachdem sie mich bei schwülstigem Schummerlicht in sämtlichen eindeutigen Stellungen …«
»Jetzt reicht es mir aber, Shay!«, brüllte er.
Er wirbelte zu ihr herum, machte eine unterbrechende Geste mit den Händen. Shays Augen trafen auf blaue, hitzig funkelnde Tiefen. Der brave Ian schäumte ja richtig vor Wut.Völlig perplex registrierte sie, dass er sie eben mit ihrem Vornamen angeredet hatte. Das war doch immerhin ein Fortschritt, auf den sich aufbauen ließ.Wie vom Blitz getroffen erstarrte sie und hielt den Atem an.
Er senkte den Blick, fuhr sich hektisch mit einer Hand durchs Haar. Hatte sie da etwa einen leise gezischten Fluch gehört? Gott bewahre, doch nicht aus Ians gottesfürchtigem Mund! »Irrtum, meine Einschätzung von dir beziehungsweise deiner Arbeit ist eine völlig andere«, protestierte er. »Im Übrigen ist es unfair, dass du mich dauernd als prüden verklemmten Moralwächter hinstellst.« Er sah auf, fixierte sie abermals. »Kannst du mir mal verraten, wie ich hätte reagieren sollen? Du platzt bei einem wildfremden Mann herein, der nackt unter der Dusche steht, und es ist dir nicht die Spur peinlich.«
»Bei einem Wildfremden? Jetzt mach aber mal halblang«, ätzte sie.
Ihr schnippisches Verhalten war Provokation pur. Seine locker an den Seiten herabhängenden Hände ballten sich zu Fäusten. Shay ließ bewusst lasziv ihren Blick über seinen Körper gleiten. »Das Einzige, was ich an dir befremdlich fand, war dein Musikgeschmack unter der Dusche. Nachdem ich weiß, was du beruflich machst, hätte ich es bedeutend passender gefunden, wenn du statt ›Good Vibrations‹ ein stimmungsvolles ›Ehre sei Gott in der Höhe‹ geträllert hättest.«
Sie zog das Geschirrtuch aus ihrem Rockbund, schob sich nachlässig ein paar vorwitzige Strähnen hinter die Ohren. War ihr doch schnurzegal, ob Ian vor Zorn an die Decke ging. Dass sie ihn provozierte, konnte er ruhig wissen.
»Zufällig mag ich die Beach Boys«, versetzte er. »Und die Beatles, die Bee Gees und Blondie. Und jetzt sag ich dir, was ich nicht mag.«
»Interessiert mich einen Schei…«
»Ich verabscheue Frauen, denen es an Selbstwertgefühl mangelt und die ihre Unsicherheit überspielen, indem sie einen auf besonders locker, aufreizend und flippig machen. Keine Frage, du hast einen schönen Körper, aber das war’s dann auch schon. Ich glaube, da, wo andere Frauen die Seele haben, steckt unter deiner hübschen Fassade nichts. Du spielst dich mordsmäßig auf, stilisierst dich zum viel gefragten Supermodel hoch, dabei weißt du in Wahrheit gar nicht, wer du eigentlich bist und was du vom Leben willst.«
In ihren Augen erschien ein bitterböses Funkeln. »Fahr zum …« Sie ballte von Neuem die Fäuste. Und stockte in Anbetracht seiner zuvor geäußerten Drohung, um dann inbrünstig zu fluchen: »Fahr zur Hölle!«
Sie schob die Verbindungstür unnötig heftig auf, woraufhin diese gegen die Längswand des Esszimmers krachte, und stürmte aus der Küche. John und Celia, die gerade in zärtlicher Umarmung das Haus betraten, zuckten ertappt zusammen und schauten sich schuldbewusst an.
»Ach du liebes bisschen!«, wetterte Shay, während sie die Stufen hinaufpolterte. »Wann hört ihr zwei endlich mit diesem albernen Heimlichkeitsgetue auf? Wenn ich euch einen Tipp geben darf, dann verlegt eure Aktivitäten doch einfach ins Schlafzimmer – das
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