Heißer als Feuer: Roman (German Edition)
aufgebracht, dass ihr das Urteil irgendwelcher Leute piepegal sei. »Du weißt genau, womit ich mir vor unserer Hochzeit meine Brötchen verdient habe. Damals hat es dich nicht im Mindesten gestört.«
»Das war vor unserer Hochzeit, das ist was völlig anderes.« Er räusperte sich umständlich. »Ich missbillige, dass meine Frau sich vor irgendeinem lüsternen alten Spanner nackt auszieht. Ganz gleich, wie berühmt oder bekannt der Kerl ist.«
Sie explodierte. »Deine Einstellung ist total bescheuert. Um nicht zu sagen provinziell und unprofessionell!«
»Aus deinem ›künstlerischen‹ Blickwinkel heraus betrachtet vielleicht, aber nicht aus der Sichtweise eines rational denkenden Ehemannes. Ich bin selbstverständlich davon ausgegangen, dass du diese … diese Modelkarriere nach unserer Heirat komplett aufgibst.«
»Tja, da hast du dich eben mächtig getäuscht«, giftete sie und stampfte aus dem Zimmer.
Sie verzichtete auf den Job. Sie gab Anson nach, gleichwohl hatte seine Einstellung einen Keil in ihre Beziehung getrieben. Er hatte versucht, ihrer Spontanität und Begeisterungsfähigkeit einen Dämpfer zu verpassen, obwohl er früher immer beteuert hatte, dass er sie für ihren sprühenden Esprit liebte. Oder war er bloß auf ihren tollen Body abgefahren? Einerlei – sie durfte nicht authentisch sein, sondern sollte sich verbiegen. Anson probierte permanent, sie zu etwas zu formen, was sie gar nicht war.
Wie alle, die es ja nur gut mit ihr meinten. Ihre Mutter wollte unbedingt eine Dame aus ihr machen. Ihr Exmann hatte sie zu einer langweiligen Society-Schönheit formen wollen. Und jetzt Ian Douglas. Was der wohl von ihr wollte?, rätselte sie. Ihr war jedenfalls sonnenklar, dass er sie nicht so akzeptierte, wie sie war.
Und das war der springende Punkt. Es wurmte Shay maßlos, dass sie ihn sichtlich kaltließ. Sie wollte von ihm beachtet werden, nicht als schöne leere Hülle, wohlgemerkt, sondern als Person mit Herz und Hirn, mit Ecken und Kanten. Es war vielleicht verrückt, um nicht zu sagen abstrus, aber ihr lag eine Menge daran, dass er sie mochte. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund fühlte sie sich zu ihm hingezogen – mit allen Sinnen, und das hatte nichts mit seiner Attraktivität zu tun, obwohl er zum Vernaschen gut aussah. Er vermochte ihr so viel zu geben, das spürte sie, bei diesem Mann schöpfte sie gleich Vertrauen.
»Du dumme Nuss«, grummelte sie in ihr Kissen. »Es ist schließlich sein Job,Vertrauen zu seinen Schäfchen aufzubauen.« Sie verschloss die schwelenden Emotionen, die er in ihr entfacht hatte, grimmig in den Tiefen ihres Unterbewusstseins. Mit seiner Ich-hab-ja-so-viel-Verständnis-Masche hatte Ian sie bloß manipulieren und ihr ein schlechtes Gewissen machen wollen. Clever eingefädelt, das musste man ihm lassen, sinnierte sie im Halbschlaf.Aber war das wirklich alles?, fühlte sie sich wenig überzeugt auf den Zahn, während sie in das Reich der Träume driftete.
Am nächsten Morgen stand die junge Frau unschlüssig vor der Küchentür, durch die angeregtes Geplauder und das Geklapper von Frühstücksgeschirr zu ihr drang.
Sie hätte sich ohrfeigen mögen.Wieso war sie überhaupt hergekommen? Die drei kamen prima ohne sie aus. Sie hingegen hatte eine fürchterliche Nacht hinter sich mit quälenden Albträumen und langen Phasen, in denen sie brütend wachgelegen hatte. Daran war nur dieser Ian Douglas schuld.
Ein durchtriebenes Glitzern funkelte in ihren dunklen Augen, ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Derweil fasste sie einen Entschluss: Dieser Idiot würde nicht länger auf ihr herumhacken und ihr das sauer verdiente Wochenende vermiesen. Gestern hatte er sie ganz ohne Zweifel mental unter der Rubik aufmüpfige Zimtzicke verbucht, aber heute würde er sie von einer völlig neuen Seite kennen lernen. Heute sollte er eine sanftmütige, rücksichtsvolle Stiefschwester erleben, dass ihm die Spucke wegblieb. Wetten, dass er sie kaum wiedererkennen würde?
»Einen wunderschönen guten Morgen allerseits«, girrte sie fröhlich, als sie in die Küche gerauscht kam, wo sie ihre Mutter auf beide Wangen küsste.
»Guten Morgen, Liebes. Hast du gut geschlafen?«
»Wie ein Murmeltier«, schwindelte ihre Tochter. Sie neigte sich zu John und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. »Guten Morgen, John.«
»Shay, du schaust heute Morgen wieder bezaubernd aus.«
»Danke.« Bislang hatte sie Ian keines Blickes gewürdigt. Jetzt spähte sie zu ihm. Er sah umwerfend
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