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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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war klar. Der Staub hatte sich (zum größten Teil) gelegt. Und jetzt sahen sie zum ersten Mal den ganzen Schaden. Sie erkannten ihre elende Lage beim Licht des Mondes, und noch bevor der Tag anbrach, wußten sie, daß sie erledigt waren.
    Um die Bäume herum lag der Sand stellenweise zehn oder elf Meter höher als sonst. Häuser, die auf flachem Grund errichtet waren, wirkten jetzt, als habe man sie vor hohen Dünen gebaut, Dünen, die höher waren als die Häuser selbst.
    Die Bewässerungsgräben waren verschwunden, und es war nicht mehr zu erkennen, wo sie einmal gewesen waren.
    Der Flußlauf hatte sich um zweihundert Meter nach Westen verschoben und war nur noch ein breites, seichtes Rinnsal, voller Schlamm, dessen Wasser man kaum trinken konnte.
    Außer einigen Lämmern, die in den Häusern gehalten wurden, waren die wenigen Schafe tot.
    Es gab keine Lebensmittel mehr, die nicht vom Sand in Mitleidenschaft gezogen waren. Das war nicht überraschend, denn seit Monaten gab hauptsächlich Sand ihren Speisen den Geschmack. Aber während sie über alles sprachen, wußten die Leute genau, welche Schmerzen ihre Kinder bei der Darmentleerung hatten, denn ihr Stuhlgang war voller Sand. Und jetzt waren ihre Bäuche aufgedunsen, weil die Nahrung knapp war.
    Und Wasser war noch knapper.
    Und dann, als die Sonne am Horizont aufstieg und endlose, grauenhafte Hitze versprach, die sie alle kannten, kletterte Billin auf eine Düne, die fast ein Haus überragte, und schrie so laut er konnte: »Jetzt ist’s genug! Wir sind am Ende!«
    Alle drehten sich um und sahen ihn an.
    »Hier gibt es für uns keine Hoffnung mehr! Wir haben kein Wasser, wir haben nichts mehr zu essen, wir haben keine Kleidung, und unsere Kinder sterben!«
    Aufgeschreckt rannten Wix und Hoom herbei.
    »So darfst du nicht reden«, sagte Wix.
    »Ihr könnt mir nichts befehlen«, sagte Billin. Dann schrie er den Anwesenden zu: »Wir sind nur deshalb am Ende, weil wir auf Stipock und Wix und Hoom und diese Hure gehört haben! Ich lasse mir von ihnen nichts mehr befehlen! Wer hat sie zu Aufsehern gemacht? Wer hat sie über uns gesetzt?«
    Hoom kletterte auf die Düne und packte Billin am Arm. »Wie hast du meine Frau genannt, du Schwein?« brüllte Hoom.
    »Woher weißt du, daß ich deine Frau meinte?« sagte Billin triumphierend. Hoom riß den Arm hoch, um ihn zu schlagen, aber Billin wich aus und rief: »Seht, der Mörder will wieder töten! Mörder!«
    Bei diesen Worten ließ Hoom verwirrt von ihm ab. Inzwischen hatten sich die Leute alle versammelt, auch Stipock war da. Er hielt sich im Hintergrund und schaute teilnahmslos zu.
    Billin zeigte mit dem Finger auf Stipock und schrie (und sein Mund war trocken, und das Sprechen fiel ihm schwer, aber er schrie trotzdem): »Da steht er! Der Mann, der uns gelehrt hat, daß Jason nicht Gott ist! Gut, das stimmt. Aber du auch nicht, Stipock! Du und dein verdammtes Eisen. Maschinen, die durch die Luft fliegen! Wo sind sie? Wie wär’s mit einer Maschine, die unsere Kinder am Leben hält? Wo ist die, Stipock?«
    Unter den Leuten wurde gemurmelt. Cirith trat an die Düne und sprach zu ihrem Mann. »Billin, nimm den Leuten nicht die Hoffnung«, sagte sie.
    »Verdammt richtig«, antwortete er. Zu der Menge sagte er: »Ich nehme euch die Hoffnung, sagt meine Frau. Sie hat verdammt recht, sage ich. Schaut euch doch um! Sie sagen, ich bin verrückt, aber nur ein Verrückter kann sich dies alles ansehen und immer noch hoffen!«
    »Er ist verrückt!« schrie Dilna. »Hört nicht auf ihn!«
    Billin kümmerte sich nicht um sie. »Denkt eine Minu te nach! Vergeßt eines nicht! Ihr habt alle gesehen, wieviel Vorräte ich mitnahm. Genug für drei Wochen! Und wie lange war ich fort? Wie lange?«
    Drei Monate. Das wußten alle.
    »Und warum bin ich nicht verhungert? Ich bin müde und krank und hungrig zurückgekommen, weil mir zwei Tage vorher die Verpflegung ausgegangen war. Aber nicht zehn Wochen vorher! Ob ihr alles glaubt, was ich euch erzählt habe oder nicht, eines müßt ihr mir glauben: Ich habe dort draußen Nahrung gefunden. Und das ist mehr als ihr hier finden werdet!«
    Billin sah zu Stipock hinüber, aber der Mann zeigte immer noch keine Regung. Billin sah sein gleichgültiges Gesicht und wußte, daß er keine Chance hatte, die Leute zu überzeugen. Wenn es Billin früher gelungen war, die Menge in Bewegung zu setzen, hatte er es mit den Worten getan, die er von Stipock gelernt hatte. Und jetzt stand Stipock schweigend da

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