Heißer Winter in Texas
Versuch, sich an etwas zu erinnern. »Kann
es sein, daß wir uns kennen?« fragte er und bewegte
den rechten Zeigefinger auf und ab, um seinem
Gedächtnis einen Schubs zu geben. »Ja, ich habe Sie
schon mal gesehen. Wenn ich nur wüßte, wo?«
»Ich weiß es jedenfalls nicht.«
»Jetzt hab ich‹s«, rief er. »Sie arbeiten bei der Times.
Sie sind so eine Starreporterin. Meine Frau kennt Sie. Sie
ist auch bei der Times beschäftigt. Ich hab‹ Sie da
gesehen, als ich meine Frau zur Arbeit gefahren habe.«
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»Wie heißt sie denn?« fragte ich, bereit zu schwindeln
und zu sagen, daß ich sie kannte.
»Ethel. Ethel Fisher. Sie arbeitet im Vertrieb.« Er
strahlte.
»Ich kenne Ethel«, erwiderte ich, erleichtert, daß ich
diesen kleinen netten Mann nicht belügen mußte. »Sie
bringt mir manchmal Gemüse aus ihrem Garten mit.«
»Das züchte ich im Garten hinterm Haus«, sagte er
mit leuchtendem Gesicht, zauberte ein Glas hervor und
goß mir einen Drink ein. »Der geht aufs Haus! Mein
Name ist Pete.« Wir schüttelten uns die Hände, und ich
sagte ihm, wie ich hieß.
Ich nahm einen Schluck. Mit etwas Phantasie
schmeckte es fast wie Bourbon. Ich zwang mich, beim
Trinken nicht das Gesicht zu verziehen.
Ich hörte mir so viele Geschichten über sein jüngstes
Enkelkind an, wie ich ertragen konnte. Dann fragte ich
ganz beiläufig, ob ihm ein gewisser Tully Kirk bekannt
sei.»Sekunde«, sagte Pete und wanderte zu einem
wartenden Gast am anderen Ende der Bar, der nach
einem Drink gewinkt hatte.
Ich sah mir inzwischen die Leute an, die das Lokal
frequentierten. An einem Tisch in der Mitte schlürfte
eine Frau mit kurzem, krausem blonden Haar eine rote
Flüssigkeit aus einem großen, mit Zuckerrand verzierten
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Glas. Sie hielt die Augen devot auf die Tischplatte
gerichtet und schoß nur gelegentlich einen schnellen
Seitenblick auf die Männer ab, die an der Theke
standen.
Ein
schmieriger
Casanova
mit
Oberlippenbärtchen
und
marineblauem
Nadelstreifenanzug starrte sie dreist an. Schließlich
kippte er sein Getränk hinunter und tupfte sich geziert
die Lippen mit der Serviette, dann rückte er seine
Krawatte zurecht und glitt reptilgleich an den Tisch der
Frau. Er sprach sie an, und sie bedeutete ihm, Platz zu
nehmen. Er beugte sich zu ihr und flüsterte ihr etwas ins
Ohr. Sie kicherte und wurde rot. Er hob den Arm und
schnippte mit den Fingern nach dem Kellner. Sie sah
beeindruckt aus.
»Ich hoffe, sie hat genug Geld, um es zum Fenster
rauszuwerfen«, sagte Pete und deutete mit einer
Kopfbewegung auf das Paar, dem ich zugesehen hatte.
»Dieser Mistkerl kommt zwei-, dreimal die Woche her
und reißt sich eine Frau auf, die ihm Drinks ausgibt.«
»Eine Schande, sowas«, kommentierte ich und fragte
ihn noch einmal nach Tully Kirk.
»Pfff, Tully Kirk«, zischte Pete angeekelt und
schüttelte den Kopf. »Das ist ein übler Typ. Seine
Lieblingswaffe ist ein Teppichmesser. Was wollen Sie
von dem?«
»Ich muß ihm ein paar Fragen stellen.«
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Pete nahm einen Lappen und wischte mit
kreisförmigen Bewegungen die Theke ab. »Er kommt
normalerweise so gegen drei zum Würfeln. Später
hängt er in den Läden in der Dowling Street rum. Er hat
ab und zu was mit einem der Mädchen bei Evelina. Sie
wissen schon. Ich habe ihn drüber reden hören.«
»Wissen Sie, ob er Freunde hat? Wo er wohnt?«
»Bis vor ein paar Tagen hatte er seine Bude im Rio
Hotel. Aber er ist wohl zu Geld gekommen und ins de
George umgezogen. Freunde hat er keine, aber ich hab
ihn mit Cotton Peeples zusammen gesehen, kurz bevor
er diesen Haufen Geld gemacht hat, mit dem er angibt
wie ›ne Lore Affen. Aber ich habe keine Ahnung, was es
damit auf sich hat.«
So ein Barkeeper weiß eben alles, was es über die
Leute zu wissen gibt, die seine Kneipe aufsuchen. Es
erstaunt mich immer wieder. »Cotton Peeples. Ist das
nicht der Typ, der die Filiale von Walgreens überfallen
und dabei seine Brieftasche samt Papieren verloren
hat?«
»Ja, genau der ist es.« Pete lachte. »Meine Frau
erzählt mir immer komische Geschichten über den alten
Cotton. Was er auch anstellt, er wird immer erwischt.
Er hat mal ein Auto geklaut, bei dem die Bremsen nicht
funktionierten, und ist prompt einem Streifenwagen
hinten drauf gefahren. Alter Trottel.«
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»Davon hab‹ ich auch gehört«, sagte ich. »Zeigt er
sich manchmal hier?«
»Klar. Er sitzt im Hinterzimmer, da, wo gepokert
wird. Wenn Sie
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