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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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befanden uns in den Außenbezirken
    der Stadt. River Oaks bildete die westliche Grenze,
    danach kam nichts mehr außer Wäldern, versumpften
    Flußarmen und Wassermokassinschlangen. Wir bogen
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    in eine kreisförmige Auffahrt. Das Haus war
    weißgetüncht,
    ein
    zweistöckiger
    neoklassischer
    Prunkbau. Ringsum aufgestellte Säulen krönten das
    architektonische Konzept. Delacroix‹ vier Wände waren
    nur unwesentlich kleiner als Chicago und standen auf
    mehreren Morgen des teuersten Baugrunds von
    Houston, Texas.
    Zwischen uralten Eichen und Magnolien schwebten
    wir die Einfahrt hoch. Der Park war mit Azaleen,
    Oleanderbüschen, Rosen und Kamelien bepflanzt und
    würde in etwa einem Monat erblühen. Beziehungsweise
    die Azaleen würden in einem Monat blühen. Die
    anderen würden sich anschließend reihum ablösen. Das
    Haus sah aus, als wäre es in Natchez oder Atlanta aus
    dem Boden gerissen und in Houston fallengelassen
    worden – mit Garten und allem, was dazugehört. Fast
    erwartete ich, daß eine Frau im Reifrock auf der
    Veranda erscheinen und in Ohnmacht fallen würde.
    Wir bremsten vor dem Haupteingang, und noch
    bevor ich aus dem Auto steigen konnte, wurde die
    Haustür von einem Butler in Frack, Handschuhen und
    Gamaschen geöffnet. Allmählich überwältigte mich das
    Ganze doch. Der Mund des Butlers bewegte sich etwa
    einen Zehntelmillimeter pro Mundwinkel aufwärts, und
    ich begriff, daß er sich um ein Lächeln bemühte. Es sah
    aus, als täte es ihm weh. Wenn dieser Mensch jemals
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    zufällig lachte (was ihm natürlich nie passieren würde),
    gäbe es vermutlich ein Geräusch, als zerrisse jemand
    billigen Baumwollstoff.
    Er sagte: »Bitte folgen Sie mir.«
    Ich war froh, daß er nicht »Mir nach« sagte wie bei
    den Marx Brothers, weil mich das unweigerlich verleitet
    hätte, ihn nachzumachen, während er die Eingangshalle
    durchschritt. Er ging unerhört steifbeinig, den
    Oberkörper vorgestreckt, der Hintern ragte in die Luft.
    Ich gab mir Mühe, jetzt nicht an einen Entenbürzel zu
    denken.
    Der Fußboden der Halle war aus hellblondem Holz,
    und aus irgendeinem Grund verursachten meine Schuhe
    ein Geräusch wie ein Vorschlaghammer auf
    Eisenbahnschwellen, als ich hinter dem Butler
    herstapfte.
    Ich
    erwog,
    auf
    Zehenspitzen
    dahinzuschleichen, aber das wäre noch auffälliger
    gewesen. Ich hasse sowas. Warum konnten sich diese
    verdammten Butlerfüße so geräuschlos bewegen?
    Er führte mich in ein Zimmer mit Teppichboden,
    dem Himmel sei Dank. Alles war weiß hier: Wände,
    Möbel, Teppich, Vorhänge – sogar das Telephon. In
    einem riesigen Kamin an einer Seite des Raums
    prasselte ein ordentliches Feuer. Es sah aus wie eine
    Kulisse für Jean Harlow.
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    Mit Grabesstimme teilte mir der Butler mit, daß Mr.
    und Mrs. Delacroix jeden Augenblick herunterkämen
    und ich es mir bequem machen solle. Er wandte sich ab
    und verließ den Raum. Was für ein begnadeter
    Komiker. Ich persönlich fand die Vorstellung, daß er
    sich den ganzen Tag in meinem Haus herumdrücken
    könnte, entsetzlich. Lieber in Ballettschuhen mit
    rutschendem Höschen vor Publikum tanzen.
    Ich durchquerte das Zimmer, um die Bilder an der
    Wand zu betrachten. Der Teppich war so dick, daß ich
    mir vorkam, als würde ich den Sumpf von Atchafalaya
    durchwaten. Die Bilder entpuppten sich als Monets,
    Renoirs, Manets. Dazwischen hingen ein paar Van
    Goghs, damit die Mischung stimmte. Ich fragte mich,
    ob sie oben die Mona Lisa versteckt hatten. Der bloße
    Gedanke so zu leben machte mich völlig benommen.
    Ich schlenderte umher, bis ich an eine verschlossene
    Doppeltür kam. Ach, zum Teufel – warum nicht einen
    Blick dahinterwerfen? Ich öffnete die Tür und spähte
    durch den Spalt. In diesem Raum herrschte der Krieg:
    Auf großen Tischen waren Miniatursoldaten aufgestellt,
    die verschiedene Schlachten aus der Geschichte
    nachkämpften. Porträts berühmter Generäle zierten die
    Wände, und es gab allerlei militärisches Spielzeug:
    Musketen aus dem Bürgerkrieg, Säbel aus der
    französischen Revolution und sogar die eine oder
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    andere alte Uniform. Es war faszinierend – zu
    faszinierend.
    »Andrews Vater war im Ersten Weltkrieg Oberst der
    amerikanischen Armee«, sagte eine Stimme an meinem
    Rücken. »All das hat er zu Lebzeiten gesammelt und
    dann Andrew hinterlassen. Andrew ist sehr stolz
    drauf.«
    Hinter mir stand Lily Delacroix. Sie war mittelgroß
    und so schlank, daß sie fast zerbrechlich wirkte.

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