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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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dessen Schleimschaufel für die
    Gesellschaftsseite spiele, und ich habe mich geweigert.
    Da gab es nichts mißzuverstehen«, sagte ich und
    überreichte Lily ihre Zigarette.
    »Nun, es muß eine Lösung geben, mit der alle
    zufrieden sind. Wir müssen sie nur finden. Wir können
    nicht zulassen, daß Sie die Times verlassen, nicht wahr,
    Lily?« fragte er seine Frau und sprach weiter, ohne eine
    Antwort abzuwarten. Dabei klatschte er in die Hände
    und rieb die Handflächen aneinander – die Geste eines
    Mannes, der ein Problem aus der Welt geschafft hat.
    »Über diesen Polizeiskandal will ich Näheres wissen. So
    etwas können wir hier in Houston nicht dulden. Ich bin
    persönlich in der Handelskammer aktiv und äußerst um
    das Bild besorgt, das diese Stadt nach außen vermittelt.
    Ich habe einen gewissen Einfluß in der Stadt, und
    glauben Sie mir, sollte unsere Polizei korrupt sein, dann
    will ich das wissen. Wir werden selbstverständlich
    etwas unternehmen, um ein für allemal damit
    aufzuräumen.«
    Er wirkte so grimmig und selbstgerecht wie ein
    Missionar auf dem Kreuzzug. Unvermittelt sah er mich
    an, und mir wurde bewußt, daß ich ihn mit weit
    offenem Mund anstarrte. Rasch hielt ich mir die Hand
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    unter die Nase und tat, als ob ich ein Niesen
    unterdrückt hätte, nickte weise und spitzte die Lippen.
    »Also. Erzählen Sie schon von dem Skandal«, sagte er
    ungeduldig.
    »Tja, ja nun«, sagte ich nachdenklich, um Zeit zu
    schinden. »Gewöhnlich rede ich nicht über die Story, an
    der ich gerade dran bin. Andernfalls könnte die
    Konkurrenz Wind davon bekommen. Außerdem darf
    ich meine Quellen nicht gefährden.«
    Offensichtlich kaufte er mir das ab. Es gab wirklich
    einen Skandal im Polizeipräsidium, nämlich das
    spurlose Verschwinden einer Wagenladung Gewehre,
    die bei einer Razzia sichergestellt worden waren. Aber
    das wußten viele. Es war beileibe kein großes und nur
    mir bekanntes Geheimnis. Teufel, meine Quelle war der
    Schuhputzjunge vor dem Gerichtsgebäude, und der
    hatte es von dem kleinen Zeitungsfritzen, der vor der
    Baumwollbörse Houston in der Prairie Street den
    Chronicle vertrieb. Die Polizei in dieser Stadt war schon
    so lange korrupt – also, eine echte Sensation hätte eher
    darin bestanden, daß es mal keinen Skandal gab. Im
    Grunde war ich an der Geschichte mit den Waffen nicht
    ernsthaft zugange, aber ich hatte gern eine Antwort
    parat, wenn mich jemand fragte, woran ich gerade
    arbeitete. So konnte ich sie hinhalten, bis ich auf etwas
    wirklich Interessantes stieß; eine Vernebelungstaktik,
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    um meine Umgebung im Unklaren zu halten und den
    Eindruck zu erwecken, daß ich unablässig schuftete. Es
    wurde von mir erwartet, daß ich nonstop an
    weltbewegenden Sensationen dran war – was einfach
    unmöglich ist, es sei denn, du inszenierst deine
    Neuigkeiten selbst, um an eine Story zu kommen, und
    auf derlei wollte ich mich keinesfalls einlassen. Um ganz
    ehrlich zu sein: Ich hatte eigentlich vor, mir ein ganz
    klein bißchen bezahlten Urlaub zu gönnen, und
    arbeitete im Augenblick an keiner lausigen Zeile, aber
    das ging schließlich niemanden etwas an.
    »Aber Hollis, mir können Sie diese Geschichte doch
    erzählen. Immerhin gehört mir die Zeitung«, sagte er so
    vertraulich, als wäre er ein alter Freund und meine
    Geheimnisse bei ihm sicher wie in Abrahams Schoß.
    »Tut mir leid, Andrew, aber ich arbeite nicht mehr
    für Ihre Zeitung.« Ich nannte ihn bewußt beim
    Vornamen, um ein bißchen Boden zurückzugewinnen.
    Er probierte die gute alte Ich-starker-Mann-Du-kleine-
    Dame-Taktik an mir aus. Sowas machte mich rasend.
    »Was halten Sie davon: Sie geben mir meinen alten Job
    zurück und vergessen diesen Hundertjahrfeier-
    Humbug, dann können Sie in Ihrer eigenen Zeitung
    nachlesen, was die Schergen für Schändlichkeiten
    verzapft haben.«
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    »Hollis, Hollis, Hollis.« Er schüttelte traurig lächelnd
    den Kopf. »Ich kann nachfühlen, wie es Ihnen geht. Sie
    denken, daß die wichtigste Aufgabe einer Zeitung die
    Berichterstattung über Verbrechen ist. Das ist falsch!
    Eine Zeitung bringt alle Nachrichten – gute wie
    schlechte. Ihr Zweck ist, die Massen zu bilden, zu
    informieren und zu unterhalten. Jede dieser Funktionen
    ist gleich wichtig. Ich halte diese Hundertjahrfeier für
    das größte Ereignis in Houston seit hundert Jahren. Ha,
    ha!« Er lachte herzlich über seinen eigenen Witz. Ein
    Blick auf seine Frau und mich sollte ihm sagen, ob

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