Heißer Winter in Texas
dessen Schleimschaufel für die
Gesellschaftsseite spiele, und ich habe mich geweigert.
Da gab es nichts mißzuverstehen«, sagte ich und
überreichte Lily ihre Zigarette.
»Nun, es muß eine Lösung geben, mit der alle
zufrieden sind. Wir müssen sie nur finden. Wir können
nicht zulassen, daß Sie die Times verlassen, nicht wahr,
Lily?« fragte er seine Frau und sprach weiter, ohne eine
Antwort abzuwarten. Dabei klatschte er in die Hände
und rieb die Handflächen aneinander – die Geste eines
Mannes, der ein Problem aus der Welt geschafft hat.
»Über diesen Polizeiskandal will ich Näheres wissen. So
etwas können wir hier in Houston nicht dulden. Ich bin
persönlich in der Handelskammer aktiv und äußerst um
das Bild besorgt, das diese Stadt nach außen vermittelt.
Ich habe einen gewissen Einfluß in der Stadt, und
glauben Sie mir, sollte unsere Polizei korrupt sein, dann
will ich das wissen. Wir werden selbstverständlich
etwas unternehmen, um ein für allemal damit
aufzuräumen.«
Er wirkte so grimmig und selbstgerecht wie ein
Missionar auf dem Kreuzzug. Unvermittelt sah er mich
an, und mir wurde bewußt, daß ich ihn mit weit
offenem Mund anstarrte. Rasch hielt ich mir die Hand
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unter die Nase und tat, als ob ich ein Niesen
unterdrückt hätte, nickte weise und spitzte die Lippen.
»Also. Erzählen Sie schon von dem Skandal«, sagte er
ungeduldig.
»Tja, ja nun«, sagte ich nachdenklich, um Zeit zu
schinden. »Gewöhnlich rede ich nicht über die Story, an
der ich gerade dran bin. Andernfalls könnte die
Konkurrenz Wind davon bekommen. Außerdem darf
ich meine Quellen nicht gefährden.«
Offensichtlich kaufte er mir das ab. Es gab wirklich
einen Skandal im Polizeipräsidium, nämlich das
spurlose Verschwinden einer Wagenladung Gewehre,
die bei einer Razzia sichergestellt worden waren. Aber
das wußten viele. Es war beileibe kein großes und nur
mir bekanntes Geheimnis. Teufel, meine Quelle war der
Schuhputzjunge vor dem Gerichtsgebäude, und der
hatte es von dem kleinen Zeitungsfritzen, der vor der
Baumwollbörse Houston in der Prairie Street den
Chronicle vertrieb. Die Polizei in dieser Stadt war schon
so lange korrupt – also, eine echte Sensation hätte eher
darin bestanden, daß es mal keinen Skandal gab. Im
Grunde war ich an der Geschichte mit den Waffen nicht
ernsthaft zugange, aber ich hatte gern eine Antwort
parat, wenn mich jemand fragte, woran ich gerade
arbeitete. So konnte ich sie hinhalten, bis ich auf etwas
wirklich Interessantes stieß; eine Vernebelungstaktik,
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um meine Umgebung im Unklaren zu halten und den
Eindruck zu erwecken, daß ich unablässig schuftete. Es
wurde von mir erwartet, daß ich nonstop an
weltbewegenden Sensationen dran war – was einfach
unmöglich ist, es sei denn, du inszenierst deine
Neuigkeiten selbst, um an eine Story zu kommen, und
auf derlei wollte ich mich keinesfalls einlassen. Um ganz
ehrlich zu sein: Ich hatte eigentlich vor, mir ein ganz
klein bißchen bezahlten Urlaub zu gönnen, und
arbeitete im Augenblick an keiner lausigen Zeile, aber
das ging schließlich niemanden etwas an.
»Aber Hollis, mir können Sie diese Geschichte doch
erzählen. Immerhin gehört mir die Zeitung«, sagte er so
vertraulich, als wäre er ein alter Freund und meine
Geheimnisse bei ihm sicher wie in Abrahams Schoß.
»Tut mir leid, Andrew, aber ich arbeite nicht mehr
für Ihre Zeitung.« Ich nannte ihn bewußt beim
Vornamen, um ein bißchen Boden zurückzugewinnen.
Er probierte die gute alte Ich-starker-Mann-Du-kleine-
Dame-Taktik an mir aus. Sowas machte mich rasend.
»Was halten Sie davon: Sie geben mir meinen alten Job
zurück und vergessen diesen Hundertjahrfeier-
Humbug, dann können Sie in Ihrer eigenen Zeitung
nachlesen, was die Schergen für Schändlichkeiten
verzapft haben.«
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»Hollis, Hollis, Hollis.« Er schüttelte traurig lächelnd
den Kopf. »Ich kann nachfühlen, wie es Ihnen geht. Sie
denken, daß die wichtigste Aufgabe einer Zeitung die
Berichterstattung über Verbrechen ist. Das ist falsch!
Eine Zeitung bringt alle Nachrichten – gute wie
schlechte. Ihr Zweck ist, die Massen zu bilden, zu
informieren und zu unterhalten. Jede dieser Funktionen
ist gleich wichtig. Ich halte diese Hundertjahrfeier für
das größte Ereignis in Houston seit hundert Jahren. Ha,
ha!« Er lachte herzlich über seinen eigenen Witz. Ein
Blick auf seine Frau und mich sollte ihm sagen, ob
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