Heißer Winter in Texas
Schlagzeilen sorgten –
oder war ihnen zumindest schon mal begegnet,
einschließlich Adolf Hitler. Den hatte sie im Vorjahr in
Berlin kennengelernt und fürchtete ihn. Die Reaktionen
der Menschen auf seinen Größenwahn hatten ihr Angst
gemacht. Sie hatte gesehen, wie Mitglieder der
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Hitlerjugend
einen
alten
Juden
brutal
zusammengeschlagen hatten. Der Bus, in dem sie saß,
war einfach weitergefahren, ohne auch nur zu
verlangsamen, und kein Fahrgast hatte das geringste
Anzeichen von Unruhe gezeigt. Sie hatte gerufen, der
Bus solle anhalten, aber die Frau neben ihr hatte sie auf
den Sitz zurückgezogen und ihr geraten, den Mund zu
halten, wenn ihr das Leben lieb sei. Sie hatte noch in
derselben Nacht Deutschland verlassen und war
weitergereist zum Herzog und Mrs. Simpson nach Fort
Belvedere, dem Lustschlößchen im gotischen Stil, das
mitten im Park von Windsor stand. Jetzt, da der alte
König gestorben war, nahm sie an, daß Edward
»Wallis« heiraten würde. Ich war anderer Ansicht –
niemals würden die Briten akzeptieren, daß ihr König
eine geschiedene Amerikanerin ehelichte, und er würde
sie entweder aufgeben oder als Geliebte behalten
müssen. Wir diskutierten immer noch darüber, als ihr
Mann erschien.
Er war groß, schlank und dunkelhaarig. Sein
Abendanzug war makellos, der Zweireiher wirkte wie
von Engelshand genäht. Er sah gut aus, wenn auch ein
wenig verschlagen. Von weitem hatte ich ihn schon
früher im Büro gesehen. Jetzt konnte ich feststellen, daß
seine Lippen zu schmal waren und sein Lächeln die
schwarzen, marmorkühlen Augen nicht erreichte.
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Die Delacroix‹ galten als das vollkommene Paar. In
den Zeitschriften stand zu lesen, daß sie sich schon im
Sandkasten ineinander verliebt hätten (ihre Mütter
waren beste Freundinnen gewesen). Aus irgendeinem
Grund war Lily durchgebrannt. Noch während ihrer
Collegezeit hatte sie einen Künstler aus New Orleans
geheiratet. Der erste Ehemann hatte sich umgebracht,
und vor vier Jahren hatten sie und Andrew schließlich
geheiratet. Sie war damals fünfunddreißig und er ein
paar Jahre älter. Er hatte vorher nicht geheiratet und
wahrscheinlich die ganzen Jahre lang nach ihr
geschmachtet. (Zumindest hätte ich das getan.) Wie
auch immer, sie waren glücklich vereint, so wie es Gott
und ihre Mütter ursprünglich vorgesehen hatten.
Er lächelte, wobei seine Lippen vollends
verschwanden, kam mit schnellen Schritten quer durch
den Raum auf mich zu und umschloß meine Hand mit
seinen beiden. Er drückte zu wie einer von diesen
Folterstiefeln, mit denen die alten Chinesen
Informationen erpreßten. Ich dachte, er ahnt wohl nicht,
wie fest sein Griff ist – bis ich in seine Augen schaute
und sah, daß er sich seiner Kraft durchaus bewußt war.
Ich überlegte kurz, womit ich ihn so wütend gemacht
haben konnte, und kam zu dem Schluß, daß das nicht
mein Problem war, sondern seines. Wahrscheinlich war
ich für seinen Geschmack nicht feminin genug. Ich kniff
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die Augen zusammen, grinste und drückte kräftig
zurück.
»Nun, Hollis«, er quetschte immer noch meine Hand,
»wie ich höre, kam es gestern bei der Arbeit zu einem
kleinen Mißverständnis.«
»Wirklich? Davon hab‹ ich noch gar nichts gehört«,
bemerkte ich. Mein Ton signalisierte wie immer
Interesse an sensationellen Informationen aus dem
Intimleben von Leuten, die ich kannte.
»Ich meine zwischen Ihnen und Kelly.« Sein Tonfall
signalisierte klar, daß er sich mit der unangenehmen
Aufgabe konfrontiert sah, mich stubenrein zu
bekommen. Ich merkte ihm an, wie gern er den Satz mit
»Sie hirnloses Trampel« abgeschlossen hätte, und daß er
sich nur mühsam beherrschte. »Als Sie bei der Zeitung
gekündigt haben«, fügte er hinzu.
»Ach, das! Das war kein Mißverständnis«, erklärte
ich leichthin und wischte den bloßen Gedanken daran
mit einer – wenn ich mal so sagen darf – graziösen
Geste beiseite. Dabei schlug ich die lange schmale
braune Zigarette aus Lilys Hand und mußte unter den
weißlackierten Kaffeetisch kriechen, alle guten Geister
anflehend, daß sie kein Loch in den Teppich brennen
würde. Ich rettete sie, bevor das Loch zu tief wurde,
und sagte mir, mit einer kleinen Schere konnten sie den
Teppich immer noch so zurechtfrisieren, daß niemand
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etwas bemerken würde. »Er wollte, daß ich die große
Story fallenlasse, an der ich gerade dran bin, über einen
Polizeiskandal, und statt
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