Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
sagte sie mit kühler, beherrschter Stimme. »Was ist hier los?«
Der Mann fuhr zu ihr herum, und sein rotes Gesicht lief sogar noch dunkler an. »Hau ab, du Schlampe, oder du kriegst das Gleiche, was sie bekommen hat!«
» Deputy -Schlampe für Sie.« Grace bleckte die Zähne zu einem Ausdruck, den nicht mal ein Betrunkener als Lächeln missverstehen könnte. »Und Sie sind verhaftet.«
»Nein!«, widersprach die Stripperin schnell. »Es ist schon gut, ich gebe ihm das Geld.«
Grace beachtete sie nicht, sondern sagte zu dem Mann: »Legen Sie die Hände hinter den Kopf, Sir!« Trotz ihres ruhigen Tons stand sie da wie eine Duellantin, wachsam und mit leicht gespreizten Beinen. »Sie sind verhaftet.«
»Du kannst mich mal!«, knurrte der Betrunkene und ging mit erhobenen Fäusten auf sie zu.
Grace trat blitzschnell vor, packte sein Handgelenk und wirbelte ihn herum, drehte ihm den Arm auf den Rücken und benutzte den Schwung, um ihn mit dem Gesicht nach unten auf den Bühnenrand zu stoßen. »Ich sagte, Sie sind verhaftet«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während sie nach den Handschellen griff.
Lance hätte fast applaudiert. Das ist mein Mädchen! Wenn er nicht schon wüsste, wer sie war, hätte diese kleine Vorstellung es ihm gezeigt. Die Arme vor der Brust verschränkt, wartete er, wie es weiterging. Direkt hinter ihm in der Menge buhte jemand. Ohne sich umzusehen, rammte Lance einen Ellbogen nach hinten und traf auf etwas Bierbauchweiches. Dieselbe Stimme wie zuvor stieß einen erstickten Schmerzensschrei aus.
»Ist er schon einmal wegen häuslicher Gewalt verhaftet worden?«, fragte Grace die Stripperin, ohne auch nur schwer zu atmen. Der Gefangene zappelte und wehrte sich, worauf sie seinen Arm noch fester gegen seinen Rücken drückte.
»Ja, und er muss nicht noch mal eingebuchtet werden.« Die Frau ging einen Schritt zurück auf einen der Tische vor der Bühne zu, auf dem aufgereiht wie Schachfiguren leere Flaschen standen. »Sie werden’s nur noch schlimmer machen.«
Lance’ Instinkt schlug augenblicklich Alarm. Er trat vor. »Grace …«
»Lady, so wie ich die Sache sehe – zerren Sie nicht so an Ihrem Arm, Sir! –, wird eine Nacht in Haft Ihnen eine Nacht in der Notaufnahme ersparen. Sir, wenn Sie nicht aufhören …«
»Du sperrst ihn nicht ein, du Miststück!« Die Stripperin fuhr herum, schnappte sich eine Flasche und schwenkte sie direkt vor Grace’ Gesicht.
Schneller, als ihr sogar Lance zu Hilfe kommen konnte, ließ Grace den Betrunkenen los und wirbelte herum, um die Flasche mit der flachen Hand zurückzuschlagen. Sie glitt der Stripperin aus den Fingern und zerschellte klirrend auf dem Boden.
Die Faust des Betrunkenen, die auf Grace’ Kinn gezielt hatte, traf stattdessen Lance’ Hand. Eine Sekunde später lag der Schläger auf dem Boden, ausgeknockt von einem harten, sauberen Faustschlag gegen seine krumme Nase.
Lance drehte sich um, aber Grace hatte die Stripperin schon gepackt und legte ihr die Handschellen an, die für den Frauenmisshandler gedacht gewesen waren. Sie hatte ihren Hut verloren, und einige blonde Strähnen hatten sich aus ihrem strengen französischen Zopf gelöst. Ihr klassisch schönes Profil war kantig vor Zorn, und ihre blauen Augen glühten förmlich. »Lady, Sie haben soeben Grace Morgans Elftes Gebot gebrochen«, fuhr sie der wüst fluchenden Frau über den Mund. »›Du sollst die nette Deputy nicht niederschlagen.‹ Das heißt, dass Sie zunächst einmal ins Kittchen gehen. Als nächsten Schritt würde ich eine Therapie gegen Ihre Abhängigkeit von Mr. Wrong vorschlagen.« Grace sah sich in der Menge um. »Hey, jemand soll ihr was zum Anziehen bringen!«
Als sie die fluchende Stripperin zu einem Stuhl zog, stöckelte eine Rothaarige in einem hauchdünnen, geblümten Negligé heran, die ein Frotteebündel in den Händen hielt. »Ich hoffe, Sie buchten Darrell trotzdem ein«, sagte sie und schüttelte den weißen Bademantel aus, um ihn ihrer Freundin um die Schultern zu legen. »Er schlägt sie immer wieder. Er ist so ein Mistkerl!«
»Das habe ich gesehen. Und keine Bange, denn er geht auf jeden Fall in den Knast.« Grace griff nach dem Mikrofon an ihrer Schulter.
Während sie über Funk um Unterstützung bat, um die Gefangenen zu überführen, schlenderte Lance zu ihr hinüber, hob den Hut vom Boden auf und überreichte ihn ihr mit einer schwungvollen Bewegung. »Gute Arbeit.«
»Danke.« Sie setzte den Hut ordnungsgemäß
Weitere Kostenlose Bücher