Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
das wahre Gesicht Avalons in seiner ganzen Pracht zu sehen war. So weit das Auge reichte, standen italienische Villen neben französischen Chateaus oder spanischen Castillos, alle aus puren außerirdischen Energien erbaut, die im Licht des Mageverse-Mondes schimmerten. Magi von überall auf dem Planeten lebten hier, alle durch ein großes Ziel vereint: die Menschheit vor sich selbst zu retten. Als Vorsitzende des Majae-Rates war Morgana eine der mächtigsten von allen. Und eine der kapriziösesten.
Nach einem tiefen Atemzug trat Lance zu ihr auf den Balkon hinaus. Wie erwartet, war sie nur leicht bekleidet, mit einem langen, seidenen Nachtgewand, das wie ein schimmernder Nebel über ihren eindrucksvollen Kurven lag und dessen tiefer Ausschnitt auf verführerische Weise ihr Dekolleté und ihren langen Schwanenhals umrahmte. Sie roch nach Sex und Blut und diesem undefinierbaren Etwas, das nur Majae an sich hatten. Der drängende Hunger, der Lance quälte, verschärfte sich zu hemmungsloser Begierde, die sein Glied und seine Zähne auf beinah schmerzhafte Weise verlängerten. Doch während sein Körper reagierte, stellte er fest, dass irgendetwas in seinem Kopf erstaunlich unbeteiligt blieb.
Das gleiche Etwas, das mit solch verblüffendem Eifer auf Grace reagiert hatte.
Bevor Lance sich dem Gedanken näher widmen konnte, drehte Morgana sich um und schenkte ihm ihr bestes »Hinschauen darfst du, aber anfassen ist verboten«-Lächeln und lehnte sich absichtlich so gegen das Geländer, dass ihre Brüste aus dem engen Oberteil zu rutschen drohten. »Warum bist du nicht dabei, meine Enkelin zu verführen?«
»Weil ich mich um meine eigene kümmern musste«, sagte er und lehnte sich nun selbst in einer Pose, die die Breite seiner Schultern unterstrich, an das Geländer. Die Hexe war nicht die Einzige, die das Spiel beherrschte. »Ist dir klar, dass Grace die Gabe überhaupt nicht will?«
»Wenn es anders wäre, hätte ich auch einen x-beliebigen Magus mit einem Phallus schicken können.« Da Morgana nun einmal Morgana war, lächelte sie vielsagend bei ihren letzten Worten, und ihre Lider senkten sich über grüne Augen, die im Mondlicht glühten wie die einer Katze. »Erzähl mir nicht, sie hätte den gefragtesten Hengst des Obersten Gerichts zurückgewiesen?«
»Ich bin auch der gefragteste Killer des Obersten Gerichts, was ihr Widerstreben erklären könnte. Besonders, da sie mich schon einmal in Aktion gesehen hat.« Er hasste es, die Furcht, die an ihm nagte, einer Frau zu offenbaren, die sie mit Vergnügen gegen ihn benutzen würde, aber Morgana war die Einzige, die ihm die Antworten geben konnte, die er brauchte. »Hat Grace Angst vor mir?«
Der wie Amors Bogen geformte Mund der Hexe verzog sich zu dem erfreuten Lächeln, das bedeutete, dass sie gerade eine Schwäche entdeckt hatte. »Du meinst, weil du der armen, verrückten Clarice damals vor Grace’ leicht beeinflussbaren sechzehnjährigen Augen das Genick gebrochen hast?«
»Ja«, antwortete er, um einen Ton bemüht, als wäre die Antwort nicht so wichtig.
Morgana zog eine perlmuttfarbene Schulter hoch. »Nein. Grace verehrt dich, mein schöner Hengst, obwohl sie eher Glas essen würde, als es zuzugeben. Du hast deine Geliebte getötet, um Grace das Leben zu retten. Das beeindruckt ein so junges Mädchen.«
Er entspannte sich ein wenig. »Aber warum ist sie dann so ablehnend?«
Morgana blickte über die sanft glühende Landschaft hinaus. »Weil ich ihrer Mutter die Gabe verweigert habe und Grace mir deswegen die Schuld an ihrem Tod gibt. Ungeachtet dessen, dass Jenae sogar noch weniger geeignet war, eine Maja zu werden, als Clarice.«
Lance verzog das Gesicht. »Dann verstehe ich, warum sie heute nicht begeistert über diese Chance ist.« Vor seinem inneren Auge erschien ein Bild von Grace als jungem Mädchen, kreidebleich und zitternd nach ihrem Zusammenstoß mit Clarice und deren von der Gabe zerstörtem Geist. »Zumal sie weiß, was das Mageverse jemandem antun kann, der nicht stark genug ist, damit umzugehen.«
»Das wird kein Problem für Grace sein. Sie besitzt genügend Kraft und Selbstkontrolle, um nicht davon überrollt zu werden. Und ihr Potenzial ist atemberaubend.« Wieder mit diesem verführerischen Lächeln im Gesicht, trat Morgana dicht genug an ihn heran, um ihre kleine, kühle Hand um sein Geschlecht zu legen. »Du brauchst nur deinen beeindruckenden … Charme spielen zu lassen, bis du ihre Gabe wachgerufen hast.«
Lance versuchte,
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