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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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halber gingen sie auf das Zimmer, und der Excaptain sah, daß sein neuer Freund bereits seinen Koffer gepackt hatte.
    »Was ist mit Saumweber?« begann Feller. »Was halten Sie von ihm, Joe?«
    »Wenig. Ein ziemlich windiger Bursche, privat gesehen«, entgegnete Littlesmith. »Mir hat er nie gefallen. Einer, der auf zwei Schultern trug. Uns hat er zwar bestens bedient, aber erst, nachdem er wußte, welche Seite es schaffen würde.«
    »Genauso hab' ich ihn mir vorgestellt«, erwiderte der Anwalt. »Sie wissen nicht zufällig, was aus Saumweber geworden ist?«
    »Sorry.« Der Excaptain öffnete seine Mappe, entnahm ihr ein vergilbtes Fahndungsplakat mit der fettgedruckten Überschrift:
    WANTED
    Gesucht wurde Horst Linsenbusch, 42, groß, hager, kurze Haare, dünne Lippen, ebenmäßige Zähne, bewaffnet mit einer ›Smith & Wesson‹, von der er im Falle einer Festnahme rücksichtslos Gebrauch machen würde.
    Die Aufnahme zeigte ein eingefallenes, gehetztes Gesicht. Das Polizeifoto war nicht sehr scharf, aber wenn man 17 Jahre dazu addierte, vielleicht doch noch brauchbar.
    »Leihgabe«, sagte Littlesmith. »Behalten Sie es, so lange Sie es brauchen, Henry. Sollten Sie den Burschen fassen«, grinste er, »schenke ich es Ihnen zur Belohnung.«
    »Danke im voraus«, versetzte Feller. Sie lachten beide, und der frühere CIC-Officer bestand darauf, seinen Gast zum Flugplatz zu bringen.
    Sie fuhren los, passierten die beiden Ford-Verwaltungsgebäude, die nebeneinander standen wie Max und Moritz und von den Detroitern als ›Wash and Dryer‹ verspottet wurden, weil sie wie eine riesige Wasch- und Trockenmaschine aussahen. Littlesmith fuhr zügig, und der Abschied am Airport war jedenfalls herzlicher, als die Begrüßung am Mittag gewesen war.
    Die Stewardess brachte dem Passagier die ›New York Times‹. Feller versuchte zu lesen, aber zwischen die Zeilen schob sich immer wieder ein ausgezehrtes Gesicht mit starren Augen, das Gesicht eines Gehetzten. Der Anwalt fragte sich, ob es eine technische Möglichkeit gäbe, die unpräzise Fotografie zu verbessern, aber das wüsste sicher Sigi besser als er. Eine andere Frage war, ob es seinem Seniorpartner gelänge, die Geheimhaltungsschranke um Saumweber zu durchbrechen. Mr. Roskoe hatte nicht zu unterschätzende Verbindungen, auch zu den Demokraten, die gerade im Weißen Haus am Ruder waren. Vermutlich war der gesuchte Saumweber ein Mann, der irgendwelche Dreckarbeiten für den US-Geheimdienst erledigte, und es ginge der CIA gar nicht darum, ihn zu schützen, sondern ihre eigenen Praktiken nicht bloßzustellen.
    Auch Feller glaubte, daß Linsenbusch vermutlich in Deutschland zu finden sei, wo am wenigsten nach ihm gefahndet würde, weil er bei den Amerikanern längst ausgebucht, und bei den Franzosen wahrscheinlich vergessen, und bei den Deutschen überhaupt nicht verfolgt worden war, da sich ja die alliierten Gerichte mit Horst Linsenbusch befasst hatten.
    Das waren natürlich nur Spekulationen. Aber Feller sah noch einen weiteren Grund, Linsenbusch in Europa zu vermuten: Nach dem US-Dossier hatte er beträchtliche Dollarsummen während des Krieges auf die Seite gebracht. Da der blutige Schacher über die Schweiz abgewickelt worden war, lag der Schluss nahe, daß Linsenbusch seinerzeit die Gelegenheit genutzt und das Geld in Genf oder sonstwo in der Schweiz angelegt hatte, wo es jedenfalls wie ein Nibelungenschatz gehütet würde, von Treuhändern, die so lange über ein Darlehen verfügten, wie sich der Eigentümer nicht gemeldet hätte.
    Der Verfolger kam spät abends am Airport Idlewild an und fuhr nach Manhattan, 300 East, 57. Straße. Er hatte seine Wohnung nach dem Tod Jessicas beibehalten, obwohl er wußte, daß die Umgebung, in der er mit ihr gelebt hatte, seinen Schmerz und seine Trauer noch steigern müßte. Tatsächlich war er in den ersten Monaten nach ihrem Tod mehrmals in Versuchung gewesen, die günstig gelegene, großzügig geschnittene, wenn auch nicht gerade billige Vier-Zimmer-Wohnung im 16. Stock aufzugeben. Es war jene Zeit, in der er manchmal noch geglaubt hatte, die Türe würde sich öffnen und seine Frau zurückkommen – eine hoffnungslose Vision, die nur langsam an der Wirklichkeit verblutete.
    »Besuch, Mr. Feller«, begrüßte ihn der Doorman in der Eingangsloge. »Miss Endicott. Heute nachmittag eingetroffen, direkt aus Paris, und ganz unglücklich, Sie nicht anzutreffen.«
    Feller lächelte. »Na, dann wollen wir mal Abhilfe schaffen«, entgegnete

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