Heißes Versprechen
dunkel, doch schien ein schwaches Licht aus dem Treppenhaus. Es drang vom unteren Flur nach oben. Sie hörte gedämpfte Stimmen. Artemas war nach Hause zurückgekehrt. Das wurde aber auch Zeit, dachte sie. Er hatte ihr mitgeteilt, er wolle am heutigen Abend ein paar Nachforschungen in den Spielhöllen und Clubs betreiben. Und nun war sie neugierig, was er herausgefunden hatte. Unten schloss sich leise eine Tür. Stille erfüllte das Haus. Sie wartete eine Weile, doch hörte sie Artemas nicht auf der Treppe. Er musste wohl in die Bibliothek gegangen sein.
Sie kehrte in ihr Zimmer zurück, nahm ihren Morgenmantel vom Bettpfosten, zog ihn über, band die Schleife zu und ließ ihre Füße in ein Paar Hausschuhe gleiten. Ihre Betthaube war ihr während ihrer Träume abgerutscht. Sie fand sie auf dem Kopfkissen und setzte sie wieder auf ihr arg zerwühltes Haar.
Zufrieden, ordentlich gekleidet zu sein, verließ sie die Kammer und eilte den dunklen Flur entlang bis zum breiten, geschwungenen Treppenhaus. Ihre weichen Hausschuhe machten keinerlei Geräusch, als sie auf den mit Teppich ausgelegten Stufen herabging.
Sie durchquerte die Eingangshalle und hielt zögernd vor der Bibliothek inne. Die fest verschlossene Tür wirkte ab-weisend. Man hatte den Eindruck, Artemas wünsche keine Gesellschaft. Eventuell hatte er sich betrunken. Sie runzelte die Stirn. Es fiel schwer, sich Artemas in betrunkenem Zustand vorzustellen. Seine Aura der Selbstbeherrschung und Kontrolle schlossen eine solche Schwäche eigentlich aus.
Sie klopfte leise, erhielt jedoch keine Antwort.
Nach kurzem Zögern öffnete sie vorsichtig die Tür. Wenn Artemas tatsächlich betrunken sein sollte, würde sie ihn alleine lassen und erst am nächsten Morgen mit ihm sprechen.
Sie spähte um die Ecke. Ein Feuer knisterte im Kamin, von Artemas jedoch war nichts zu sehen. Vielleicht war er überhaupt nicht in der Bibliothek. Weswegen aber brannte dann das Kaminfeuer?
»Sind Sie es, Madeline?«, drang eine tiefe, dunkle Stimme aus dem riesigen Ohrensessel vor dem Fenster.
»Ja.«
Er schien nicht im Mindesten betrunken zu sein, dachte sie. Erleichtert betrat sie die Bibliothek, schloss hinter sich die Tür, hielt jedoch den Türknauf weiter umklammert. »Ich habe Sie zurückkommen gehört, Sir.«
»Und haben sich sofort auf den Weg nach unten gemacht, damit ich Ihnen berichte. Und das, obwohl es schon fast drei Uhr früh ist.« Er schien amüsiert. »Wie ich sehe, sind Sie eine ausgesprochen anspruchsvolle Dienstherrin, Frau Deveridge.«
Er war nicht betrunken, aber in guter Stimmung war er auch nicht. Sie presste die Lippen aufeinander, ließ von dem Türgriff ab und lief über den Teppich.
Als sie den Teppich vor dem Feuer erreicht hatte, drehte sie sich um und musterte Artemas. Der Anblick seiner ausgestreckten Eleganz in dem großen Sessel ließ sie scharf einatmen. Schlagartig war ihr klar, dass etwas Schreckliches vorgefallen sein musste.
Ein dunkles Glitzern lag in seinen Augen. Die Jacke hatte er ausgezogen, seine Krawatte hing ihm lose um den Hals. Sein mit Biesenfalten versehenes weißes Leinenhemd war teilweise aufgeknöpft. Im Schatten konnte sie seine festen Locken auf der Brust erkennen.
In der einen Hand hielt er ein halb geleertes Glas Weinbrand. Mit der anderen umklammerte er etwas, das sie nicht einsehen konnte.
»Herr Hunt.« Sie blickte ihn sorgenvoll an »Artemas, sind Sie krank, Sir?«
»Nein.«
»Ich spüre, dass etwas sehr Unangenehmes vorgefallen sein muss. Was ist es?«
»Ein Bekannter und ich wurden auf der Straße angegriffen.«
»Angegriffen? Gütiger Himmel, von wem? Wurden Sie beraubt?« Abrupt hatte sie eine Eingabe und betrachtete sein Gesicht. »Sind Sie oder Ihr Freund verletzt worden?«
»Nein, der Schurke hat sein Ziel nicht erreicht.«
Sie atmete erleichtert auf. »Gott sei gedankt. Ein Straßenräuber, nehme ich an? Die Straßen in der Nähe der Spielhöllen sollen sehr unsicher sein. Sie sollten sich viel mehr vorsehen, Sir.«
»Dieser Angriff hat nicht in der Nähe einer der Spielhöllen, sondern sehr nah an meinem Club stattgefunden.« Er hielt inne, um einen Schluck Weinbrand zu trinken. Dann senkte er langsam das Glas. »Wer auch immer es war, es war ein Vanza.«
Eine Gänsehaut überzog sie. »Sind Sie sich sicher?«
»Ja.«
»Konnten Sie ...?« Sie brach ab, schluckte und setzte erneut an. »Konnten Sie ihn erkennen?«
»Nein. Er trug eine Maske. Am Schluss floh er in die Dunkelheit. Meiner
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