Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
umbringen, Junge.«
Jason verschwendete keine Energie mit einer Antwort. Er war schon so müde genug. Der Boden klebte an seinen Füßen und gab ihm das Gefühl, hundert Kilo zu wiegen. Die Luft hing voller Rauch, der seine Lunge verbrannte. Feuer tosten um ihn herum, geschürt von den Winden, und die Luft war fast so heiß wie in einem Backofen.
Jason hob seinen Wurfspeer, um den nächsten Hieb des Riesen abzuwehren – ein böser Fehler. Nicht mit Kraft gegen Kraft ankämpfen , tadelte ihn eine Stimme – die Wölfin Lupa, die ihm das vor langer Zeit gesagt hatte. Er konnte den Speer abwehren, aber der streifte seine Schulter und sein Arm war wie betäubt.
Er wich zurück und wäre fast über ein brennendes Holzstück gefallen.
Er musste Zeit schinden, die Aufmerksamkeit des Riesen weiter fesseln, während seine Freunde die Erdgeborenen erledigten und Pipers Dad retteten. Er durfte nicht versagen.
Er wich zurück und versuchte, den Riesen an den Rand der Lichtung zu locken. Enceladus merkte, wie erschöpft Jason war. Er lächelte und zeigte seine Hauzähne.
»Der mächtige Jason Grace«, spottete er. »Ja, wir kennen deine Taten, Sohn des Jupiter. Der den Angriff auf den Othrys angeführt hat. Der eigenhändig den Titanen Krios erschlagen und den Schwarzen Thron umgestürzt hat.«
Jasons Gedanken wirbelten durcheinander. Er kannte diese Namen nicht, aber ihr Klang ließ seine Haut prickeln, als ob sein Körper sich an Schmerzen erinnerte, die sein Hirn vergessen hatte.
»Worüber redest du eigentlich?«, fragte er. Als Enceladus Feuer spie, merkte er, dass das ein Fehler gewesen war.
Jason war abgelenkt und bewegte sich zu langsam. Die Flammen verfehlten ihn, aber die Hitze ließ seinen Rücken Blasen werfen. Er ging zu Boden und seine Kleidung schwelte. Asche und Rauch blendeten ihn und er würgte beim Atemholen.
Er krabbelte rückwärts, als der Speer des Riesen den Boden zwischen seinen Füßen spaltete.
Dann kam er wieder auf die Füße.
Wenn er doch nur einen einzigen guten Blitzschlag herbeirufen könnte – aber er war vollkommen erschöpft und in diesem Zustand könnte die Anstrengung ihn umbringen. Er wusste auch gar nicht, ob Elektrizität dem Riesen etwas anhaben könnte. Ein Tod in der Schlacht ist ein ehrenhafter Tod , sagte Lupas Stimme.
Toller Trost, dachte Jason.
Noch ein letzter Versuch. Jason holte tief Luft und griff an.
Enceladus ließ ihn näher kommen und grinste erwartungsvoll. In letzter Sekunde machte Jason eine Finte und rollte sich durch die Beine des Riesen. Er sprang schnell wieder auf und holte mit aller Kraft aus, um dem Riesen ins Kreuz zu stechen, aber Enceladus hatte das vorausgesehen. Er wich irgendwie zu schnell und geschickt aus, als ob die Erde ihm bei seinen Bewegungen half. Dann schwang er den Speer zur Seite, traf auf Jasons Wurfspeer – und mit einem Geräusch wie ein Gewehrschuss zerbrach die goldene Waffe.
Die Explosion war heißer als der Atem des Riesen, und das goldene Licht blendete Jason. Die Wucht warf ihn zu Boden und presste die Luft aus ihm hinaus.
Als er wieder klar sehen konnte, saß er am Rand eines Kraters. Enceladus stand auf der anderen Seite, unsicher und verwirrt. Die Zerstörung des Wurfspeers hatte so viel Energie freigesetzt, dass dabei ein zehn Meter tiefer Trichter entstanden war, in dem Lehm und Steine zu einer glasigen Substanz verschmolzen waren. Jason wusste nicht, wie er das überlebt hatte. Seine Kleider rauchten. Er hatte keine Kraft mehr. Er hatte keine Waffen. Und Enceladus war noch immer überaus lebendig.
Jason versuchte aufzustehen, aber seine Beine waren bleischwer. Enceladus betrachte das Zerstörungswerk aus zusammengekniffenen Augen und lachte. »Beeindruckend. Leider war das deine letzte Tat, Halbgott.«
Enceladus sprang über den Krater und setzte die Füße auf beiden Seiten von Jason auf die Erde. Er hob den Speer und ließ die Spitze drei Meter über Jasons Brust verharren.
»Und jetzt«, sagte Enceladus, »mein erstes Opfer für Gaia.«
XLIV
Jason
Die Zeit schien langsamer zu werden, was echt frustrierend war, denn Jason konnte sich noch immer nicht bewegen. Er spürte, wie er in der Erde versank, als wäre sie ein Wasserbett – als wolle sie, dass er sich entspannte und aufgab. Er hätte gern gewusst, ob die Geschichten über die Unterwelt zutrafen. Würde er in den Feldern der Verdammnis oder im Elysium enden? Wenn er sich an keine seiner Taten erinnern könnte, würden sie trotzdem zählen? Er
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