Helden-Maus
die, dass ich für Xanth nichts bedeuten könnte, so dass mein Leben keinen Sinn hätte. Aber du bist nicht einmal lebendig. Das geht sogar noch eine Stufe tiefer als bei mir.«
»Es wäre töricht von mir, das Leben zu begehren«, sagte Mark knapp. »Das bedeutet nur Unannehmlichkeiten.«
»Wie kann ein Wesen, das nicht lebendig ist, nur töricht sein?« fragte Chex.
»Das Leben besteht doch nur aus peinlichen Unannehmlichkeiten, die sich darum ranken, dass man Stoffe aufnimmt und sie ausscheidet«, erklärte Mark. »Aus Leid und Pein und Scham. Das Ende ist genau das, was ich schon bin: tot. Es ist sinnlos.«
»Aber das Leben besitzt immerhin Gefühle«, widersprach Chex. »Und du hast auch Gefühl. Besteht deine schlimmste Angst vielleicht darin, dass du befürchtest, niemals mehr sein zu können, als du jetzt schon bist?«
»Aber ich kann doch auch niemals mehr sein!«
»Warum versuchst du es nicht noch einmal mit dem Tor«, schlug sie vor.
Achselzuckend trat Mark wieder in den Zombie hinein. Diesmal formte sich ein festeres Bild – von ihm, so wie er war.
»Aber ich will nicht auf alle Zeiten tot sein!« rief Mark plötzlich. »Und vielleicht brauche ich es auch nicht zu sein! Wenn Esk aus sich etwas Wertvolles machen kann, warum kann ich dann nicht danach streben, mehr zu werden als ein bloßer Spuk?«
Der Traum hielt noch einen Augenblick an, dann verblasste er. Und Mark stand zusammen mit den anderen hinter dem Tor.
»Ich werde dich umarmen«, sagte Chex und beugte sich über ihn.
Mark wirkte benommen, was Esk gut verstand. Das Skelett erwachte zum Leben, zumindest wollte es das tun. Das war schon ein gewaltiger Fortschritt.
Insgeheim staunte Esk. Er begriff zwar, wie Lebewesen sterben konnten, aber nicht, wie die Toten hätten zum Leben erweckt werden sollen. War das ein echter Vorgang oder lediglich eine Illusion, wie sie nur von diesem Reich der Träume verursacht werden konnte? Angenommen, dass Mark nur dächte, er begänne zu leben und zu träumen?
»Gehen wir«, sagte Chex forsch. »Jetzt verstehen wir unsere Motive und unsere Natur besser, aber das nützt uns nicht viel, solange wir diesen Begrenzungszauber nicht finden.«
Nur zu wahr! Sie gingen den Gang weiter, der nun etwas heller wirkte.
»Keine Fäulniv mehr«, bemerkte Volney, während er den Boden beschnüffelte. »Wir haben dav Vombiegebiet hinter unv gelawen.«
»Da bin ich aber froh!« sagte Chex. »Nicht nur, weil ich faulendes Fleisch nicht besonders mag, sondern weil es auch bedeutet, dass dieser Pfad wirklich zur ganzen Welt des Kürbis führt und nicht nur zum Zombieteil.«
Plötzlich endete der Pfad an einer kahlen Mauer. Er führte unmittelbar in sie hinein, doch vermochten sie das feste Gestein nicht zu durchstoßen.
»Was nun?« fragte Esk enttäuscht.
Chex fuhr mit den Händen über die Mauer, fühlte nach Ritzen oder losen Stücken, während Volney den Boden beschnüffelte, um etwaige Löcher auszumachen. Doch beides blieb ohne Erfolg. Die Mauer war nach wie vor fest und unbeweglich.
»Hast du irgendeinen Vorschlag, Mark?« fragte Esk.
»Vielleicht. Es muss offenbar einen Weg geben, der durch dieses Hindernis führt, genau wie beim letzten Mal. Den müssen wir nur finden.«
»Das hier ist das Reich der Träume. Vielleicht braucht man einen Traum für diese Mauer.«
»Du meinst, wenn wir davon träumen, dass wir durchkommen, können wir es auch wirklich?«
»Es ist wohl wahrscheinlicher, dass wir uns einen Traum herstellen müssen, wie es hier im allgemeinen üblich ist.«
Interessiert sah Chex auf. »Wie stellt man denn einen Traum her, der davon handelt, dass man durch eine Mauer schreitet?«
»Man entwirft ihn und baut ihn dann auf«, erwiderte das Skelett ernst.
Chex beherrschte sich, um nicht gereizt zu antworten. »Könntest du vielleicht etwas genauer werden?«
»Gewiss. Vielleicht funktioniert es, wenn wir einen Durchgang durch die Mauer aufmalen.«
Chex schien zwar daran zu zweifeln, machte sich aber auf die Suche, bis sie einen Stein gefunden hatte, der schwarz und bröckelig war. Damit malte sie eine große Tür auf die Mauer. Dann drückte sie dagegen. Nichts geschah.
»Lass es mich mal versuchen«, sagte Esk. Er nahm den Stein und malte einen Türknauf. Dann tat er so, als würde er diesen mit der Hand umfassen und daran drehen.
Der Knauf drehte sich, die Tür ging auf.
Verblüfft stürzten sie hindurch. Sie kamen in eine große Galerie, in der viele wunderschöne Bilder
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