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Helden-Maus

Titel: Helden-Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
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passieren oder auch nicht passieren können. Er wünschte sich, dass er wenigstens die erste Stufe dieser Tragödie erreicht hätte: ein Mädchen zu haben, das er liebte.
    Schließlich bekam der Dor im Schauspiel eine Offenbarung. »Ich liebe sie!« erklärte er. Dann stürmte er zurück nach Xanth und schritt geradewegs vor König Trent. »Ich liebe Eure Tochter und werde sie heiraten!« sagte er und nahm Irene dabei forsch in den Arm. Es war verblüffend, wie nahe sie zufällig neben ihm stand.
    »Nun, warum hast du das nicht gleich gesagt?« fragte König Trent mürrisch, womit der Akt endete.
    Esk wusste zwar, dass alles nur gespielt war, aber immerhin hatte Dor Irene tatsächlich geheiratet, und nun besaßen sie zwei Kinder, so dass es wirklich in etwa so hätte geschehen können. Immerhin gefiel ihm der Schluss, denn er war froh, dass die beiden schließlich zueinander gefunden hatten.
    Von irgendwoher tauchte plötzlich ein Mann auf und wandte sich an Esk. »Sehr gut«, sagte er. »Ich glaube, Sie werden schon ein gutes Musterpublikum abgeben. Ich habe nur noch eine Frage.«
    »Ja, wie mir das Stück gefallen hat«, erklärte Esk. »Nun, ich habe…«
    »Ich werde schon selbst nach dem fragen, was ich wissen will«, erwiderte der Mann barsch.
    »Ich wollte Ihnen doch nur sagen…«
    »Das ist unnötig.«
    »Aber woher wollen Sie denn wissen, wie mir das Stück gefallen hat, wenn ich es Ihnen gar nicht sage?«
    »Wir wissen bereits, wie Ihnen das Stück gefallen hat. Mich beschäftigt nur eine technische Frage.«
    »Eine technische Frage?«
    »Ich sehe schon, dass ich die Sache erklären muss«, meinte der Mann mürrisch. »Also gut, passen Sie auf. Wir brauchen Sie nicht erst zu fragen, wie Sie auf das Stück reagiert haben, weil Sie die ganze Zeit unter Beobachtung standen. Ihre Reaktionen wurden aufgezeichnet und mit dem normalen Reaktionsmuster verglichen. Wir wissen jetzt, dass Sie für Ihr Geschlecht und Ihre Altersgruppe und Kultur ganz normal waren. Sie werden ein brauchbares Publikum abgeben.«
    »Sie haben mich beobachtet? Ich habe niemanden gesehen, der…«
    »Natürlich nicht. Das ist ein Einweg-Vorhang. Wir haben jedes Zucken aufgezeichnet, jedes Nasenkratzen, jedes Lächeln, jedes Stirnrunzeln und jeden Ausruf. Wir wissen, welche Abschnitte Ihnen gefielen und welche nicht. Nun, da wir Ihre individuellen Reaktionen auf diese Standardvorführung aufgezeichnet haben, können wir Ihre Anwendbarkeit auf jene Stücke verifizieren, die noch nicht auf Tournee gegangen sind. Wir haben Sie eingeschätzt.«
    »Mich eingeschätzt«, wiederholte Esk und fragte sich, wie oft er sich wohl an der Nase gekratzt haben mochte, während er das Stück gesehen hatte. »Sie sagen, dass dies ein altes Stück war?«
    »Das übliche Junge-trifft-Mädchen, Junge-verführt-Mädchen, Junge-gewinnt-Mädchen-wieder, immer gut geeignet für ein einfaches Publikum. Jetzt habe ich nur eine Frage an Sie, nämlich warum Sie im zweiten Akt an der falschen Stelle die Stirn gerunzelt haben. Als Cherie Zentaur nämlich berichtete, dass Dor Irene die Kleider vom Leib gerissen hatte. Halten Sie das für historisch ungenau?«
    Der Mann hatte ihn aber wirklich beobachtet! »Zentauren verhalten sich nicht so«, erwiderte er. »Es ist ihnen egal, wie viel von einem Körper zu sehen ist. Es wäre ihr nicht einmal aufgefallen, wenn sie im Graben völlig nackt gewesen wären, und es hätte ihr auch nichts ausgemacht.«
    »Sie verstehen etwas von Zentauren?«
    »Nun, von einigen. Allzu viel weiß ich nicht.«
    »Wie viele Zentauren kennen Sie denn gut?«
    »Na ja, genaugenommen nur eine. Aber das ist immerhin Cheries Enkelfohlen.«
    »Nur eine«, erwiderte der Mann kühl. »Und auf dieser Grundlage erlauben Sie sich ein Urteil über die gesamte Spezies?«
    Jetzt kam ihm seine Reaktion selbst merkwürdig vor. »Sie haben mich doch gefragt, weshalb ich die Stirn gerunzelt habe«, erinnerte ihn Esk. »Das war der Grund.«
    »Wir werden es notieren.« Der Mann wandte sich ab. »Das ist alles. Ihre nächste Publikumsaufführung findet am nächsten Morgen statt; die Kleine wird Sie hinführen.«
    »Die Kleine?« fragte Esk etwas verständnislos.
    »Das Dienstmädchen, das Sie hierher geführt hat.« Der Mann schnippte mit den Fingern, und sofort erschien das Mädchen.
    Der Mann verschwand, und das Mädchen führte Esk zurück in sein Zimmer. Das war auch ganz gut so, sonst hätte er sich bestimmt im Labyrinth der Gänge verlaufen.
    »War es schlimm?«

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