Helden-Maus
»Ich gehe ihn holen!«
Volney beruhigte sich etwas. Vielleicht würde die Sache doch noch ein gutes Ende nehmen.
9
KÜRBIS
Esk fand sich in einer Mischung aus Hain und Dschungel wieder, was auf die verschiedensten, unerklärlichsten Weisen merkwürdig war.
Einer Sache jedoch war er sich sicher: Er befand sich in der Welt des Kürbis. Er war noch nie dort gewesen, doch sein Vater hatte ihn davor gewarnt. Wenn man in das Guckloch spähte, drang der Geist in den Kürbis ein und konnte nicht wieder daraus entkommen, bis jemand kam, um den Blickkontakt zu unterbrechen. Kam aber niemand, blieb man auf alle Zeiten so sitzen, und der Körper verhungerte langsam. Krach zufolge konnte man im Kürbis sehr viel Spaß haben, aber Krach war auch ein Halboger, und was ein Oger für Spaß hielt, entsprach nicht unbedingt Esks Ansichten.
Er war von dem Fluch getroffen in einen Abgusstrichter gestürzt worden und vor einem Kürbis gelandet. Das bedeutete, dass Latia ihn nur sehr schwer wiederfinden würde – wenn überhaupt. Er steckte in großen Schwierigkeiten.
Ob er aus eigener Kraft fliehen konnte? Er bemühte sich, sich daran zu erinnern, was Krach ihm noch alles über den Kürbis erzählt hatte. Er war die Heimat der Nachtmähren, die die Überbringer böser Träume waren; die Mähren lieferten die Träume an verdiente Schläfer und konnten ungehindert den Kürbis betreten und verlassen, was keinem anderen Wesen ohne Zuhilfenahme des Gucklochs möglich war.
Nun, vielleicht fand er ja irgendwo eine Nachtmähre und konnte sie bitten, ihm zu helfen. Wenn sie den Kürbis verlassen sollte, um Latia einen Traum einzugeben, der ihr zeigte, wo er sich genau befand, würde die alte Frau ihn schon orten können.
Das würde zwar Zeit brauchen, war aber immerhin eine Möglichkeit.
Doch irgendwie meinte er erfahren zu haben, dass die Mähren für derlei Hilfe einen schrecklichen Preis forderten. Was war es nur? Er konnte sich nicht erinnern. Aber das würde er schon herausbekommen.
Wo konnte man eine solche Nachtmähre finden? Krach hatte etwas von einer Weide erzählt, auf der sie grasten, irgendwo hinter einem Spukhaus und einer Stadt mit sich bewegenden Gebäuden, wo die Messings lebten. Esk wusste zwar nicht, was Messingmenschen waren, hoffte sie aber zu erkennen. Also würde er nun Ausschau nach ihnen halten.
Zunächst musterte er seine Umgebung genauer. Er bemerkte zahlreiche Pfade, die alle miteinander verworren waren wie eine Portion Spaghetti. Ob einer von denen zu dem Spukhaus oder den Messingmenschen oder den Nachtmähren führte?
Vorsichtig betrat er den nächstgelegenen Pfad. Das verworrene Gelände schien ein Stück zurückzuweichen und sich der Perspektive des Pfads anzupassen, den er ausgewählt hatte.
Doch Esk war wachsam. Er misstraute aus Prinzip jedem Pfad, der zu bequem erschien, weil es eben diese Art von Wegen war, die zu einem…
Und da war er auch schon: ein Gewirrbaum. Genau wie er befürchtet hatte.
Esk wich zurück – und musste feststellen, dass er sich auf einem Einbahnweg befand. Vorn war er offen und frei, hinten dagegen existierte er gar nicht; da hatte sich das Gestrüpp wieder geschlossen, bewaffnet mit glitzernden Dornen und schleimbedeckten Blättern. Im gewöhnlichen Xanth wäre ein solches Blattwerk bereits höchst unangenehm gewesen; hier im Kürbis war es lebensgefährlich.
Er zögerte. Einerseits wollte er nicht auf den Greifer zugehen, andererseits konnte er auch nicht mehr zurück, und die Landschaft am Wegesrand sah auch nicht gerade einladend aus.
Der Gewirrbaum kannte derlei Sorgen nicht. Er griff bereits mit seinen Tentakeln nach ihm. Sie waren kräftig und grün und bewegten sich erschreckend flink; es war der größte und aggressivste Gewirrbaum, dem er je begegnet war; das Zeug, aus dem die Alpträume geschnitzt wurden.
Ein Alptraum! Natürlich! Der Hypnokürbis war doch der Lagerort grässlicher Träume. Die Nachtmähren kamen bestimmt hierher, um die Gewirrbaumträume einzusammeln, die sie dann den Schlafenden Xanths überbrachten. Genau wie die anderen Formen der Kunst bedurften auch Träume wirkungsvoller Urmodelle.
Vielleicht war es ja ein guter Ort, um hier auf eine Mähre zu warten, die er um Überbringung seiner Nachricht bitten konnte.
Der erste Fangarm griff nach seinem Gesicht. Esk duckte sich, doch er verfolgte ihn.
Seine Spitze bekam sein Haar zu packen und krallte sich hinein, zerrte ihn empor.
Esk zückte sein Jagdmesser. Er griff hinauf und schnitt
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