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Helden-Maus

Titel: Helden-Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
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siehst ja ziemlich zerzaust aus«, sagte Bria und musterte Esks Spiegelbild. »Komm, ich kämme dir die Haare.« Irgendwoher holte sie einen Messingkamm hervor.
    »Äh, aber…«, protestierte er matt.
    »Ach, habe ich dich etwa in Verlegenheit gebracht? Dann muss ich mich sofort entschuldigen.«
    »Nein, nein, es ist schon in Ordnung!«
    »Sicher ist sicher.« Sie legte die Arme um ihn.
    Esk wusste, dass er eigentlich, etwas heftiger protestieren sollte, doch irgendwie fehlte ihm der Mut. Sie presste ihn dicht an sich und küsste ihn, und sie war warm und weich und unglaublich sanft. Er schloss die Augen und wusste, dass er niemals darauf gekommen wäre, dass sie aus Messing war, wenn er sich allein nach seinem Gefühl richtete. Und wieder fühlte er sich, als würde er schweben.
    »Wenn… wenn du aus hartem Metall bestehst«, sagte er, als sie ihn schließlich wieder losließ, »wie kannst du dann nur so… so…?«
    »Oh, ich kann ganz weich sein, wenn ich will«, sagte sie. »Schließlich könnten wir Messings uns ja wohl schlecht bewegen, wenn wir völlig starr wären.«
    »Aber deine Mutter… diese Beule…«
    »Der Oger hat sie überrascht. Er hat sie an ihrem Büstenhalter gepackt und auf den Messinghut eines unter ihm stehenden Mannes fallen lassen.«
    Langsam hatte Esk eine Vorstellung davon, an welcher Stelle sich die Beule befinden mochte.
    »Ich verstehe. Es war also ein Unfall. Aber hätte sich die Beule nicht wieder ausgebeult, nachdem sie wieder weichgeworden war?«
    »Nein, Beulen sind die beständigste Sache der Welt. Sie hat sie immer noch; sie tut so, als wäre es ein Grübchen.«
    »Jetzt verstehe ich, weshalb du keine Oger magst.«
    »Ach was, ich fand das immer romantisch. Ich würde selbst gerne einmal einem Oger begegnen.«
    »Na ja, ich bin teilweise ein Oger.«
    »Ich weiß«, sagte sie leise. Und dann: »Hoppla, habe ich dich etwa in Verlegenheit gebracht? Du errötest ja schon wieder.«
    »Nein, nein, es ist schon gut!« wehrte er ab.
    Doch sie wollte lieber auf Nummer Sicher gehen und entschuldigte sich auf ihre Art.
    »Na, das ist ja reizend«, bemerkte Latia und trat aus dem Spiegel hervor. »Ich sehe schon, dass ihr euch wirklich schreckliche Sorgen um mein Wohlergehen gemacht habt, während ich im Spiegel war.«
    »Äh…«, fing Esk an.
    »Erzähl mir nichts, lass mich raten. Sie hat dich wieder in Verlegenheit gebracht, stimmt's?«
    »Es ist erstaunlich, wie oft mir solch ein Malheur passiert«, bemerkte Bria unschuldig. »Ich muss mich in dieser Außenwelt wirklich sehr tollpatschig benehmen.«
    »Ganz bestimmt«, bestätigte Latia trocken. »Nun, ich bin hier, um euch zu berichten, dass der Pfad auf der anderen Seite weiterführt. Eine merkwürdige Landschaft, aber wahrscheinlich wollten wir ja dorthin.«
    Sie traten durch den Spiegel. Auf der anderen Seite sah es wirklich seltsam aus; kein Spiegel mehr, sondern eine klare Glasscheibe, durch welche sie den Pfad erkennen konnten, den sie gekommen waren. Ein Einwegspiegel – welch seltsame Magie!
    Der Pfad selbst bestand auch aus Glas, ähnlich der Seeoberfläche.
    Die Landschaft zu beiden Seiten wirkte noch seltsamer; sie war völlig aus Glas. Die Sträucher waren aus grüngefärbtem Glas, und die Bäume hatten braungefärbte Stämme und grünliches Blattwerk. Ein graugetönter Glashase hüpfte davon, als sie näher kamen, und ein rötlicher Glasvogel flog am Himmel entlang.
    »Das erinnert mich ein bisschen an zu Hause«, bemerkte Bria. »Nur dass dort alles aus Messing ist.«
    »Wir bringen dich schon wieder nach Hause, sobald wir können«, versicherte Esk ihr.
    »Ach, ich habe kein Heimweh! Das ist ein wunderbares Abenteuer. Ich vergleiche nur.«
    Der Glaswald wich einer glasigen Ebene, auf der viele Glashalme wuchsen. Cremefarben gefärbte Glastiere glasten darauf. Sie gaben glasige Muh-Geräusche von sich und bemuhten sich davon, von den nicht gläsernen Eindringlingen verschreckt.
    Glasten? Grasten, erkannte Esk. Und dann…
    Und dann kam ein glasiges Einhorn herangetrabt, auf dem ein glasiger Mann ritt. Der Mann stieg ab und trat auf sie zu, wobei er eine leuchtende Glasklinge zückte. Er sprach mit einer Stimme, die Geschirr zum Zerspringen gebracht hätte. »Glas oder Leben!«
    »Nein«, erwiderte Esk, als er merkte, dass der Mann Unheil im Schilde führte.
    Daraufhin überlegte es sich der Mann anders. Er bestieg wieder sein gläsernes Reittier und galoppierte davon, eine Wolke aus Glasstaub hinter sich

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