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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Kreuzfuß, der leise auf der Erde lag und stöhnte, während seine zerfetzten Kleider klebrig dunkel schimmerten.
    Espe sah Beck ins Gesicht, und es fühlte sich an, als könne er tatsächlich in ihn hineinsehen. Bis in seine Gedanken, so wie man es ihm ja auch nachsagte. »Ihr tut gar nichts. Das bekommt ihr doch wohl hin, oder?« Mit einem Achselzucken wandte er sich ab. »Lasst ihn bluten.«

TAKTIK
    D as Tal erstreckte sich unter ihnen wie ein Sternenhimmel aus zwinkernden, orangefarbenen Lichtpunkten – die Fackeln und Lagerfeuer beider Seiten, die gelegentlich verschwammen, wenn sich ein neuer Regenschleier über die Bergflanke senkte. Ein Lichtergrüppchen zeigte vermutlich das Dorf Adwein, ein anderes den Hügel, den man Die Helden nannte, ein drittes die Ortschaft Osrung.
    Meed hatte sein Hauptquartier bei einem verlassenen Gasthof südlich der Stadt aufgeschlagen und sein führendes Regiment angewiesen, sich knapp eine Pfeilschusslänge entfernt von den Palisaden einzugraben. Hal war dort und versuchte heldenhaft, in der Dunkelheit zumindest für eine gewisse Ordnung zu sorgen. Mehr als die Hälfte der Division rückte erst jetzt langsam nach, schlecht gelaunt, wenig diszipliniert und auf einer Straße, die am Morgen noch als unebenes, staubiges Band begonnen und sich zum Abend in eine Schlammbahn verwandelt hatte. Die letzten Einheiten würden vermutlich frühestens im Morgengrauen eintreffen.
    »Ich wollte Ihnen danken«, sagte Oberst Brint, dem der Regen von der Spitze seines Hutes tropfte.
    »Mir?«, fragte Finree ganz unschuldig. »Wofür denn das?«
    »Dafür, dass Sie sich in den letzten Tagen so um Aliz gekümmert haben. Ich weiß, sie ist nicht gerade sehr welterfahren …«
    »Es war mir ein Vergnügen«, log sie. »Und schließlich sind Sie Hal ein so guter Freund.« Nur eine kleine Erinnerung, dass sie von ihm verdammt noch mal erwartete, dass sich daran auch nichts zu ändern.
    »Hal macht es einem leicht, ihn zu mögen.«
    »Ja, nicht wahr?«
    Sie ritten an einem Posten vorüber; vier Unionssoldaten standen in nasse Mäntel gehüllt da, und ihre Speerspitzen schimmerten im Licht der Laternen, die Meeds Offiziere bei sich hatten. Hinter ihnen waren weitere Männer damit beschäftigt, regennasse Ausrüstung von den Packpferden zu bergen, und sie versuchten Zelte aufzubauen, deren nasse Leinwand ihnen immer wieder ins Gesicht schlug. Vor einem durchweichten Stand hatte sich eine unzufriedene Schlange von Soldaten gebildet, die Krüge, Becher und andere Behälter in den Händen hielten und missmutig zusahen, wie die Rationen abgewogen wurden.
    »Gibt es kein Brot?«, fragte einer.
    »In den Verordnungen steht, dass Mehl ein annehmbarer Ersatz ist«, erwiderte der Quartiermeister, der mit grimmiger Genauigkeit eine winzige Menge auf seiner Waage abmaß.
    »Annehmbar für wen? Worin sollen wir es denn backen?«
    »Von mir aus in deinem fetten Arsch, wenn du – oh, Vergebung, verehrte Dame.« Der Quartiermeister zupfte an seiner Stirnlocke, als Finree vorüberritt. Als ob die Tatsache, dass Männer ohne Grund hungern mussten, nicht beleidigend sei, das Wörtchen »Arsch« hingegen ihre Gefühle verletzen mochte .
    Was zunächst wie ein Buckel auf der steilen Bergflanke ausgesehen hatte, entpuppte sich beim Näherkommen als uraltes, ganz und gar von einer windzerzausten Kletterpflanze überwachsenes Gebäude, das wie eine Mischung aus kleiner Kate und Scheune aussah und vermutlich auch ebenso genutzt wurde. Meed stieg mit der großen Geste einer Königin auf dem Weg zu ihrer Krönung aus dem Sattel, dann duckte er sich durch die enge Tür; seine Offiziere folgten ihm im Gänsemarsch. Oberst Brint hielt die Prozession kurz auf und gab Finree die Gelegenheit, sich elegant vorzudrängeln.
    Sie trat in einen Raum, der von nackten Dachbalken überspannt wurde und nach Feuchtigkeit und Wolle roch. Hinter ihr schoben sich die durchweichten Offiziere durch die Tür. Die Lagebesprechung hatte die Atmosphäre einer Königsbestattung: Alle Anwesenden gaben sich Mühe, so feierlich wie möglich dreinzuschauen, während sie sich fragten, wie viel ihnen laut Testament hinterlassen worden war. General Mitterick stand vor einer unverputzten, roh gemauerten Wand, das schnurrbärtige Gesicht finster verzogen und die Hand so zwischen zwei Knöpfe seiner Uniformjacke geschoben, dass der Daumen herausschaute, als ob er für ein Porträt posierte, ein besonders aufgeblasenes noch dazu. Ganz in der Nähe entdeckte Finree

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