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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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berichtete. Als würde er begreifen, worum es ging. Eine schnatternde Schar von Offizieren hatte sich um ihn gedrängt wie Gänschen um ihre Mutter. Eine passende Metapher, da Meed schließlich auch ungefähr so viel militärischen Sachverstand besaß wie eine Gans. Finree hielt sich im Hintergrund, wie ein hässliches Geheimnis, und hätte zu gern gewusst, was genau vor sich ging, wollte aber auch niemandem die Genugtuung geben, dass sie danach fragte. Also kaute sie an ihren Nägeln, kochte innerlich vor sich hin und malte sich die verschiedensten unwahrscheinlichen Szenarien für ihre Rache aus.
    Vor allem aber ärgerte sie sich über sich selbst. Sie hatte erkannt, dass es wirklich viel besser gewesen wäre, wenn sie sich so geduldig, charmant und bescheiden gegeben hätte, wie Hal es sich gewünscht hatte, wenn sie Meeds Stümperei beklatscht und sich in sein Vertrauen geschlichen hätte wie ein Kuckuck in ein altes Taubennest.
    Aber dennoch, der Mann war so eitel, dass er ein völlig überzogenes Porträt seiner selbst auf einem Kriegszug mitschleppte. Vielleicht war es noch nicht zu spät, das verirrte Lämmchen zu spielen und sich durch erbärmliche Kriecherei bei ihm einzuschmeicheln. Wenn sich die Gelegenheit ergab, dann konnte sie ihn vielleicht aus kürzester Entfernung in den Rücken stechen. Und zustechen wollte sie, auf die eine oder andere Weise, das hatte sie sich geschworen. Sie konnte den schockierten Ausdruck auf Meeds zerknittertem, altem Gesicht kaum erwarten, wenn sie endl…
    Aliz stieß ein kurzes, schnaubendes Lachen aus. »Na, wer ist denn das?«
    »Wer ist was?« Finree sah zum Fenster, das nach Osten deutete, und das niemand beachtete, da sich die Schlacht im Norden abspielte. Ein zerlumpter Mann war aus dem Wald getreten, stand auf einem kleinen Felsvorsprung und sah zum Gasthof hinüber, das lange Haar vom Wind zerzaust. Er war kein Unionssoldat, so viel stand zweifelsfrei fest.
    Finree runzelte die Stirn. Die meisten Leute des Hundsmanns sollten sich noch einige Meilen hinter ihnen befinden, und überhaupt war da etwas an dieser einsamen Gestalt, das sich irgendwie … falsch anfühlte.
    »Hauptmann Hardrick!«, rief sie. »Ist das einer von Hundsmanns Leuten?«
    »Wer?« Hardrick kam zu ihnen herübergeschlendert. »Das könnte ich beim besten Willen nicht sagen …«
    Der Mann auf dem Felsen hob etwas an seinen Mund und legte den Kopf in den Nacken. Kurz darauf hallte ein langer, trauriger Ton über die verlassenen Felder.
    Aliz lachte. »Ein Horn!«
    Finree spürte den Ton in ihrem Magen, und sie wusste sofort Bescheid. Hastig griff sie nach Hardricks Arm. »Herr Hauptmann, Sie müssen zu General Jalenhorm reiten und ihm sagen, dass wir angegriffen werden.«
    »Was? Aber da ist doch …« Sein geistloses Grinsen verblasste, als er weiter aus dem Fenster sah.
    »Oh«, hauchte Aliz. Am Waldrand wimmelte es plötzlich von Männern. Sie sahen wild aus, sogar auf diese Entfernung. Lange Haare, zerlumpte Kleidung, viele halbnackt. Und nun, da er von Hundert anderen umringt wurde und es dadurch eine gewisse Vergleichsmöglichkeit gab, wurde Finree klar, was sie an dem Mann mit dem Horn von Anfang an irritiert hatte. Er war ein Riese, im wahrsten Sinn des Wortes.
    Hardrick starrte aus dem Fenster, bis Finree ihn mit hartem Griff am Arm packte und zur Tür zog. »Los! Reiten Sie zu General Jalenhorm! Benachrichtigen Sie meinen Vater! Sofort!«
    »Ich bräuchte dafür aber doch einen Befehl …« Seine Augen glitten zu Meed, der noch immer mit den anderen Offizieren ahnungslos den Sturm auf Osrung beobachtete. Nur wenige hatten sich zu ihnen umgedreht und versuchten, wenn auch nicht besonders engagiert, herauszufinden, was es mit dem Horn auf sich hatte.
    »Wer ist das?«, fragte jemand.
    Finree wusste, dass keine Zeit für Diskussionen blieb. Sie stieß einen Schrei aus, so schrill, laut und mädchenhaft, wie sie nur konnte; einen Schrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Einer der Musiker verspielte sich und erzeugte ein schiefes Kreischen auf seinem Instrument, die anderen spielten noch einen Augenblick weiter, bevor sie schweigend den Raum verließen. Alle Köpfe gingen ruckartig zu Finree herum, alle, außer Hardricks. Erleichtert stellte sie fest, dass sie ihn genug erschreckt hatte, dass er zur Tür rannte.
    »Was zur Höll…«, setzte Meed an.
    »Nordmänner!«, kreischte jemand. »Von Osten!«
    »Was für Nordmänner? Wovon reden Sie?«
    Plötzlich schrien alle. »Da!

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