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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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noch sehen.«
    »Wieso?«
    »Weil wir dort hingehen.«
    »Nein. Ich meine, wieso tut ihr das?«
    Sie lachten beide, als sei das ein wirklich guter Witz. »Glaubst du, wir hätten so ganz zufällig auf dich aufgepasst, damals in Reichels Lager?«
    »Nein, nein, nein«, raunte Hohl. »O nein.«
    Jetzt entfernten sie sich von den Helden. Hier waren nur noch wenige Menschen unterwegs, und es brannten nur wenige Feuer. Es gab kaum noch Licht, abgesehen von Gründigs Fackel, die das Kornfeld in einem hellen Kreis um sie herum erleuchtete. Jede Hoffnung auf Hilfe blieb hinter ihnen zurück bei der Angeberei und den Liedern. Wenn Calder gerettet werden wollte, dann würde er sich selbst retten müssen. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihm sein Schwert abzunehmen. Aber wem wollte er da etwas vormachen? Selbst, wenn seine rechte Hand voll einsatzfähig gewesen wäre, würde Hohl ihm die Kehle durchgeschnitten haben, bevor er die Gelegenheit bekam, die Waffe zu ziehen. Hinter den dunklen Feldern konnte er im Norden eine Baumreihe erkennen. Wenn er jetzt loslief, konnte er vielleicht …
    »Nein.« Hohls Messer piekte Calder wieder in die Seite. »Nein nee nee nein nein nein.«
    »Wirklich nicht«, sagte Gründig.
    »Hört mal, wir können uns doch vielleicht einigen. Ich habe Geld …«
    »Niemand hat tiefere Taschen als unser Auftraggeber. Du tust dir den größten Gefallen, wenn du dich jetzt wie ein guter Junge verhältst und mit uns mitkommst.« Calder bezweifelte das, aber auch wenn er sich sonst für so schlau hielt, fiel ihm jetzt leider nichts Besseres ein. »Uns tut das hier wirklich leid, weißt du. Wir haben wirklich jede Menge Achtung vor dir.«
    »Was nützt es mir, dass es euch leidtut?«
    Gründig zuckte die Achseln. »Kaum etwas, aber wir sagen es trotzdem immer gern.«
    »Er meint, dass uns das Stil verleiht«, mümmelte Hohl.
    »Eine gewisse Edelmütigkeit.«
    »Oh, na klar«, sagte Calder. »Ihr seid zwei richtig tolle Helden, keine Frage.«
    »Ein bedauernswerter Mann, der für niemanden ein Held ist«, sagte Gründig. »Und wenn auch nur für sich selbst.«
    »Oder für seine Mammi«, ergänzte Hohl.
    »Oder für seinen Bruder.« Gründig grinste über seine Schulter. »Was hat denn dein Bruder von dir gehalten, mein Prinzlein?«
    Calder dachte an Scale, wie der gegen die große Übermacht an der Brücke kämpfte und auf Hilfe wartete, die dann nicht kam. »Ich nehme an, dass er mich am Schluss nicht mehr so richtig gern hatte.«
    »Das würde ich jetzt allerdings auch nicht allzu schwer nehmen. Kaum ein feiner Mann, der für niemand anderen ein Schurke ist. Und wenn auch nur für sich selbst.«
    »Oder für seinen Bruder«, flüsterte Hohl.
    »Und da wären wir auch schon.«
    Ein baufälliges Bauernhaus tauchte in der Dunkelheit auf. Groß und still, die Mauern mit raschelnden Kletterpflanzen überwachsen, die abblätternden Läden schief vor den Fenstern. Calder erkannte, dass es jenes Haus war, in dem er kürzlich zwei Nächte lang geschlafen hatte, aber es wirkte jetzt plötzlich viel unheimlicher. Die ganze Welt wirkt so, wenn man ein Messer in seinem Rücken spürt.
    »Hier entlang, wenn’s beliebt.« Sie gingen zur Veranda an der Seite, von deren windschiefem Pultdach einige Schindeln herabgefallen waren. Neben einem wackligen Tisch lagen dort ein paar umgekippte Stühle. Eine Lampe schwang leise an einem Haken, der aus einer der verrottenden Stützen ragte, und das Licht fiel zuckend auf einen kleinen, mit Unkraut überwachsenen Hof, den ein eingesunkener Zaun von den Feldern dahinter abgrenzte.
    An dem Zaun lehnten alle möglichen Werkzeuge. Dreckige Schaufeln, Äxte, Spitzhacken, die aussahen, als hätten ein paar Arbeiter sie nach erledigtem Tagewerk dort abgestellt, um sie am nächsten Tag gleich wieder zu benutzen. Werkzeuge zum Graben. Die Angst, die sich auf dem Marsch zum Haus wieder ein klein wenig verflüchtigt hatte, kroch nun erneut kalt in Calder hoch. Hinter einer Lücke im Zaun fiel das Licht von Gründigs Fackel über zertrampeltes Korn auf frisch aufgeworfene Erde. Auf einen etwa kniehohen Erdhaufen, so groß wie das Fundament einer Scheune. Calder öffnete den Mund, um vielleicht noch einen verzweifelten Appell an seine Bewacher zu richten oder einen letzten Handel mit ihnen zu versuchen, aber er hatte keine Worte mehr.
    »Sie haben hart gearbeitet«, sagte Hohl, als ein zweiter Grabhügel neben dem ersten aus der Nacht trat.
    »Richtig geschuftet«, sagte Hohl, und

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