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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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einzuwenden.« Aber auch er schritt nun von dannen, und Brack und Scorry sahen einander achselzuckend an und folgten ihm schließlich.
    Herrlich lehnte sich zu Kropf hinüber. »Manchmal habe ich das Gefühl, je weniger Achtung andere Leute zeigen, desto mehr legst du Wert darauf.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Du kannst die Welt nicht ganz allein verändern.«
    »Es gibt eine rechte Art zu handeln«, erklärte Kropf kurz angebunden.
    »Und du bist dir sicher, dass diese rechte Art nicht auch so aussehen könnte, alle anderen glücklich und zufrieden zu machen?«
    Das Schlimmste war, dass ihre Ansicht durchaus etwas für sich hatte. »Sind wir jetzt schon so weit gekommen?«
    »Ich dachte, da wären wir immer schon gewesen.«
    Kropf hob eine Augenbraue. »Weißt du was? Dein Ehemann sollte dir endlich mal ein bisschen Respekt beibringen.«
    »Der Schlappschwanz? Der hat vor mir fast so viel Angst wie ihr. Los, gehen wir!« Sie zog Drofd am Ellenbogen in die Höhe, und das Dutzend eilte durch die Lücke in der Mauer den Abhang hinunter. So schnell, wie Kropfs Knie es zuließen. Sie hielten sich nach Norden, den überwucherten Pfad entlang, den sie gekommen waren, und sie überließen die Helden der Union.
    Kropf mühte sich langsam durch den Wald und kaute an den Nägeln seiner Schwerthand. An der Schildhand hatte er sie bereits bis auf die Fingerknöchel heruntergebissen, jedenfalls so ungefähr. Die verdammten Nägel wuchsen einfach nicht schnell genug nach. Als er in der Nacht zu den Helden hinaufgestiegen war, hatte er weniger Angst gespürt als jetzt, auf dem Weg zum Schwarzen Dow, dem er sagen musste, dass er eine Stellung aufgegeben hatte. Wenn man vor dem eigenen Anführer mehr Angst hatte als vor dem Feind, dann war doch irgendwas nicht in Ordnung, oder? Gern hätte er auf diesem Weg einen Freund bei sich gehabt, aber wenn er schon die Schuld auf sich nehmen musste, dann wollte er das allein tun. Er hatte die Entscheidung gefällt.
    Männer wimmelten durch den Wald wie Ameisen durchs Gras. Die Carls des Schwarzen Dow – Altgediente, mit kühlem Kopf, kalten Herzen und viel kaltem Stahl, von dem sie freigiebig Gebrauch machten. Manche trugen Panzerrüstungen nach Unionsmanier, andere seltsame Waffen, die auf besondere Weise gedreht, gebogen und geschärft waren, um Stahl zu durchdringen. Es gab alle möglichen brutalen Erfindungen, wie man sie in der Welt bisher noch nicht gekannt hatte – und ohne die es in der Welt höchstwahrscheinlich um einiges friedlicher zugehen würde. Kropf bezweifelte, dass irgendeiner dieser Männer auch nur zweimal darüber nachdenken würde, einem Toten ein paar Münzen abzunehmen. Oder auch einem Lebenden.
    Den größten Teil seines Lebens war er ein Krieger gewesen, aber trotzdem machten ihn größere Menschenansammlungen immer noch nervös, und je älter er wurde, desto weniger fühlte er sich ihnen gewachsen. Ihm war stets, als müssten die anderen doch endlich merken, dass er nur so tat als ob. Dass sie erkennen müssten, dass es ihm jeden Tag schwerer fiel, seinen Mut zusammenzunehmen. Er verzog vor Schmerz das Gesicht, als seine Zähne das wunde Fleisch verletzten, und zog die Hand vom Mund weg.
    »Das kann doch nicht richtig sein«, brummte er vor sich hin. »Dass ein namhafter Mann dauernd so viel Angst hat.«
    »Was?« Kropf hatte beinahe vergessen, dass Espe bei ihm war, so leise bewegte sich der Hüne.
    »Hast du manchmal Angst, Espe?«
    Eine Pause. Espes Metallauge schimmerte in der Sonne, die durch die Zweige brach. »Früher ja. Dauernd.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Dann hat man mir das Auge aus dem Kopf gebrannt.«
    So viel zu dem Versuch, mit Espe eine unverfängliche Unterhaltung zu führen. »Ja, kann mir vorstellen, dass so etwas die Sicht auf die Dinge verändert.«
    »Halbiert.«
    Abseits des Pfades blökten ein paar Schafe, die man in einen viel zu kleinen Pferch gedrängt hatte. Zweifelsohne waren sie irgendwo besorgt, also gestohlen worden. Der einstige Lebensunterhalt eines unglücklichen Hirten wanderte also bald durch die Kehlen und anschließend durch die Arschlöcher der Krieger des Schwarzen Dow. Hinter einer Trennwand aus Tierhäuten, keine zwei Schritt von der Herde, schlachtete eine Frau die Tiere, und drei weitere Frauen waren damit beschäftigt, die Kadaver zu häuten, auszunehmen und zum Ausbluten aufzuhängen. Die Frauen waren bis zu den Achselhöhlen mit Blut beschmiert, was ihnen jedoch nicht allzu viel auszumachen

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