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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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umgemodelt: Zwölf Mann stehen ihm zur Verfügung, ausgesuchte Unterführer seines Fähnleins.
    Stefan Hartwig ist verantwortlich für die Sicherheit nach innen und nach außen. Ein Doppelposten vor dem Eingang hat zu verhindern, daß Unbefugte das Gebäude betreten, weniger, weil man fürchtet, daß Eindringlinge die Mädchen belästigen könnten, sondern weil es ihren Ruf zu schützen gilt. Ein Ordnungsstaat muß nicht nur sauber sein, sondern auch noch so scheinen. Mainbachs Spießer munkeln, maulen und witzeln ohnedies schon über die Maidenschwemme. Natürlich hätte die Partei auch ausgewachsene Männer als Beschützer einsetzen können, aber sie griff sicherheitshalber auf die Jungvolkführer zurück, weil sich auch unter waschechten Nationalsozialisten das Problem stellt: Wer kontrolliert die Kontrolleure?
    Für Stefan ist das sehr einfach: Hitlerjungen bewachen die Mädchen, und er bewacht die Hitlerjungen. Und über ihm wacht der Führer; nie würde er einen Befehl übertreten, der in seinem Namen ausgegeben worden ist. Allmählich fällt die Feierlichkeit des Domberges von ihm ab. Das Leben im Quartier ist jetzt legerer, es wird gelacht, gegessen und gesungen, und Privatgespräche dürfen jetzt geführt werden, aber der Einsatzleiter wird eisern darüber wachen, daß in dem ihm anvertrauten Gebäude der Wunderburg-Schule nicht geraucht, kein Alkohol konsumiert und auf keinen Fall poussiert wird.
    Er teilt seine Posten ein: zwei vor dem Haus, zwei im Schulhof, zwei am Hintereingang. Wachablösung alle zwei Stunden. Für die Mädchen Bettruhe ab Mitternacht, angeordnet von einer uniformierten Lehrerin, die längst aus dem BDM-Alter heraus ist. Aber das schafft sie nicht. Vor dem Waschraum ergeben sich lange Schlangen: sportliche Mädchen in Turnhosen und Trikot, braungebrannte, gutgewachsene Geschöpfe, leicht bekleidet und trotzdem völlig unbefangen zeigend, was sich unter der Bluse bereits konturiert. Auf dem Gang vor dem Waschraum stößt Stefan auf Metzger, der mit dicklich-dümmlichem Gesicht in Rundungen schwelgt.
    »Was hast du hier zu suchen?« fährt ihn der Fähnleinführer an.
    »Ich hab' wachfrei«, antwortet Benno.
    »– gehabt«, sagt Stefan. »Du verstärkst ab sofort die Posten vor dem Haus.«
    »Ich bin erst in einer Stunde dran«, nörgelt der Jungzugführer.
    »Dann machst du eben eine Überstunde«, erwidert Stefan, geht auf ihn zu und hebt die Stimme: »Entweder du befolgst meinen Befehl, oder ich lass' dich auf der Stelle ablösen.«
    Der Gemaßregelte verschwindet befehlsgemäß, stapft an der lachenden Lydia vorbei.
    »Na, Fähnleinführer«, spricht sie Stefan an, »immer im Dienst?«
    »Jederzeit«, erwidert er hölzern.
    »Du gefällst mir.«
    Er nickt geschmeichelt wie verärgert.
    »Deshalb brauchst du doch nicht verlegen zu werden«, fährt Lydia fort, ohne zu merken, daß ihr Trikot Einblick in ihre Oberweite erlaubt.
    Stefan will seine Augen verstecken, aber sie fallen in Lydias Ausschnitt wie in einen Brunnenschacht.
    »Hat zu dir noch kein Mädchen gesagt, daß du ihm gefällst?« fragt sie.
    »Hab' keine Zeit für so was.« Seine Stimme klingt blechern, trocken.
    »Du wirst sie dir schon noch nehmen«, erwidert sie.
    »Später vielleicht«, erwidert Stefan. »Wenn ich mich bewährt habe.«
    »Dann wirst du dich auch bei den Mädchen bewähren«, versetzt Lydia lachend. »Besuchst du mich mal, wenn du zufällig nach Stettin kommst?« Mit sanftem Spott setzt sie hinzu: »Und wenn du deine Bewährung vielleicht schon hinter dir hast.«
    »Warum nicht?« weicht er ihr aus. »Möglich ist alles.«
    »Du brauchst doch vor mir keine Angst zu haben, Stefan«, sagt sie und lächelt ihn voll an. »Ich weiß, du bist hier der Hahn im Korb, aber du wirst dich an keiner Henne vergreifen.«
    »Und auch an keinem Küken«, erwidert er gereizt.
    Lydia stellt sich auf die Zehenspitzen, küsst ihn flüchtig am Kinn. Dann verschwindet sie trällernd im Waschraum, während der Junge reglos auf der Stelle steht.
    Eine halbe Stunde nach Mitternacht kommt das Schulgebäude allmählich zur Ruhe. Stefan kontrolliert seine Posten noch zweimal, überwacht um zwei Uhr die Wachablösung und sorgt dafür, daß sich seine Jungen sofort auf den Strohsack hauen, um zwei Stunden später wieder frisch zu sein.
    Der Fähnleinführer geht durch das Haus, fast ein wenig enttäuscht, daß sich nicht das Geringste ereignet und er so keinerlei Gelegenheit hat zu beweisen, wie sehr er auf dem Damm ist.
    Aber ist

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