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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Trainierende soll mit Abschluss seiner Mitgliedschaft ein weißes Handtuch bekommen: Für je hundert Kilowattstunden bekommt er einen grünen Streifen am Rand. Bei 2000 Kilowattstunden ist das Handtuch grün umrandet und der Trainierende für alle anderen sichtbar ein ökologisch denkender, verantwortungsbewusster Mensch.
    »Das ist doch totaler Blödsinn!« Ich sehe mein Team an.
    Die drei nicken. Sie hören gar nicht mehr auf damit. Als würden sie auf etwas deuten. Hinter mir steht Adam. Seine ewige Anschleicherei geht mir gehörig auf den Zeiger. Wahrscheinlich war der echt mal beim KGB.
    »Was ist Blödsinn?«, fragt er. »Deine Idee?«
    »Nein, die ist gut«, entgegne ich. »Wir kriegen das hin.« Adam grinst höhnisch, sieht zu meinem Backoffice hinüber und deutet in Richtung Tür.
    »Ihr seid jetzt mal kurz out of office« Die drei machen Anstalten zu gehen, aber ich hebe die Hand wie der Leiter einer abrückenden Spezialeinheit.
    »Ihr bleibt. Wenn hier einer geht, ist das Adam.«
    »Leute«, Adam schaut Ben, Jay und Thomas an. »Ihr seid Berater, ihr könnt logisch denken. Überlegt doch mal, wer hier die besseren Zukunftsaussichten hat. Er oder ich.« Die drei sehen simultan zu meinem Konkurrenten herüber.
    Jay geht als Erster einen Schritt vor und legt mir die Hand auf die Schulter: »Nimm’s nicht persönlich. Ich habe dir ja gesagt, du kannst mir nicht trauen.« Er stellt sich hinter Adam. Jetzt geht Ben einen Schritt vor. »Ich brauche das Geld für meine Tochter. Und meine Frau möchte endlich aus der Stadt rausziehen . . .«
    »Ist schon gut«, sage ich und nicke ihm zu. Nur Thomas zögert noch.
    »Geh schon«, sage ich. Aber er schüttelt den Kopf. »Der Job ist noch nicht fertig. Wie willst du das denn allein schaffen?« Ich zucke mit den Achseln. Keine Ahnung. Thomas macht einen schnellen Schritt nach vorn und verschwindet mit den anderen beiden die Treppe hinauf.
    »Deine Zeit läuft ab«, sagt Adam. »Tick, tack, tick, tack.« Er legt ein Ohr auf die Uhr. Dann nimmt er das Handgelenk wieder herunter. »Du schuldest mir einen Gefallen.«
    »Ich weiß.«
    »Ich möchte, dass du nicht zur Khamroff-Präsentation erscheinst.«
    »Aber ich habe das EcoFit -Konzept erfunden und verkauft. Das wäre mein Aus.« Und das Aus für meinen Vater. Und auch wenn ich stinksauer auf ihn bin: Mittlerweile glaube ich an Karma und daran, dass man gut zueinander sein soll.
    »Ich weiß«, sagt Adam und grinst.
    Ich schüttle den Kopf. »Das kann ich nicht machen.«
    »Du hast keine Wahl. Entweder du gehst freiwillig, oder ich erzähle deinem Vater von deinem Diebstahl und lasse dich rausschmeißen.« Ich sehe mir Adam genauer an: Auf seiner Stirn zeigen sich rote Stressflecken. Seine Haut ist fahl, die Augen von roten Äderchen durchzogen. Er hat Angst um seinen Job. Er blufft.
    »Na, dann viel Spaß«, sage ich also und lasse mich auf den Sitz des Fitnessgerätes fallen.
    »Den werde ich haben«, meint Adam und verschwindet in Richtung von Vaters Büro. Ich gehe auch nach oben, um Thomas zu suchen, mich für seine Loyalität zu bedanken und ihm zu erklären, dass es völliger Blödsinn wäre, in einem Streit mit Adam auf mich zu setzen. Er ist ein guter Mann, er hat hier eine Zukunft. Wenn mein Vater mich rausschmeißt, werde ich ein gutes Wort für ihn einlegen.
    Aber was mache ich nur mit der Präsentation? Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, dass ich die ganze Sache gehörig vermasselt habe. Es bleibt wirklich nur ein Weg: der zu meinem Vater.
    Im Innenhof der Agentur kommt mir Error entgegen. »Was machst du denn hier?«, frage ich. Mein Kumpel lächelt entschuldigend.
    »Ich musste mit dir reden, und hier arbeitest du ja.« Er zwinkert mir zu und ergänzt flüsternd: »Zumindest offiziell.« Errors Naivität rührt mich. Ich kann ihn nicht mehr anlügen.
    »Error, ich bin kein Schauspieler mehr. Ich bin Consultant. Wie mein Vater.«
    Mein Freund ist ganz ruhig, dabei müsste ihn die Nachricht, dass ich die Seiten gewechselt habe, eigentlich umhauen.
    »Es war eine Notlüge, Error. Gib mir fünf Minuten, dann erkläre ich dir alles.« Er schüttelt den Kopf.
    »Keine Zeit.« Ich höre wohl nicht richtig. Was ist denn mit dem los? Wieder suche ich seinen Blick, wieder weicht er mir aus. Jetzt reicht es. Ich packe meinen alten Freund am Kragen.
    »Error, mach irgendetwas! Schrei mich an, schmeiß irgendwas kaputt, aber sei nicht so verdammt beherrscht! Schau mich an!«
    Jetzt sieht er mir in die Augen.

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