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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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Tisch ausgerechnet aus ihrem Mund kamen.
    Es kam Bewegung in die Runde, als die drei Männer, die Ammorna in der letzten Stunde ausgenommen hatte wie die Gänse, endlich genug hatten. Anscheinend waren es Händler von den Hirschfurten, denn einer von ihnen hatte eine Messertasche aus fransigem Leder verwettet.
    »Wer hat noch nicht, wer will noch mal?«, rief Ammorna gutgelaunt über ihre Schulter in den Schankraum hinein.
    Namakan nutzte die kurze Pause, bis sich neue Mitspieler gefunden hatten. »Hast du keine Angst, mit den Leuten in Streit zu geraten?«, flüsterte er ihr zu.
    »Streit? Wieso das?«
    »Weil du so unverschämtes Glück hast. Die meisten Leute verlieren nicht so gern.«
    »Ja, ja.« Ammornas Augen funkelten lebhaft, als sie sich eine verirrte Strähne aus ihrer Stirn wischte. »Mach dir um mich mal keine Sorgen, Junge. Ich habe etwas, das mich schützt.«
    Namakan hob fragend die Brauen.
    »Das hier.« Ammorna zupfte grinsend an ihrer Robe. »Kein Mensch, der bei Verstand ist, stürzt sich in einen Zwist mit einer Frau, die das Kleid der Gefiederten trägt.«
    Oh. Ob sie … Namakan schluckte. »Kannst du als eine Dienerin Krokas auch beim Würfelspiel Omen deuten?«
    »Was?« Ammorna versetzte Namakan einen Knuff gegen die Schulter. Moosbeerenwein schwappte über den Rand seines Bechers. »Du hast eine seltsame Art, schlimme Beleidigungen in höfliche Fragen zu kleiden.« Sie kniff die Lippen zu einem schmalen Spalt zusammen. »Diese besondere Begabung spricht man sonst nur Hohepriestern und Königen zu, weißt du?«
    »Und wenn schon.« Namakan hatte nicht vor, sich von ihrem Verteidigungsversuch ablenken zu lassen. »Allen, die solche Gewinne einstreichen wie du hier, unterstellt man nun einmal gern Betrug. Und betrügst du?«
    »Scht«, machte Ammorna, weil ihre nächsten Opfer nahten. Ihre Hand wedelte vor Namakans Nase herum. »Schaff dich fort, du Störenfried. Dein Meister vermisst dich doch bestimmt schon.«
    Namakan verzog sich an den Tisch am anderen Ende des gut gefüllten Schankraums, an dem Dalarr, Eisarn und Morritbi saßen. Durch ein Fenster, das mit einem Fischernetz anstelle eines Vorhangs geschmückt war, fiel das letzte, rötliche Licht des sterbenden Tages.
    »Sie gewinnt, oder?«, fragte die Hexe, als Namakan herantrat.
    Er setzte sich neben sie, Schenkel an Schenkel. »Nein, sie veranstaltet ein Gemetzel.«
    »Flikka mek!«, zischte Dalarr. »Jetzt darf ich mir von ihr bis zum Ende unserer Reise anhören, was für eine tolle Stute sie ist.«
    »Ist sie doch auch!« Der Zwerg nahm einen kräftigen Zug aus seinem Humpen. »Ist sie doch auch!«
    Dann setzte sich die Unterhaltung fort, die durch Namakans Ankunft unterbrochen worden war und letztlich nur einen einzigen Redner hatte: Die ohnehin lockere Zunge des Zwergs war durch den Wein regelrecht entfesselt, und so gab Eisarn Episode um Episode seines Lebens als Verstoßener unter den großen Menschen wieder. Wie er einmal einen Preisschinken beim Armdrücken gewonnen hatte. Von einer Schlägerei in einem Hurenhaus, bei der er nicht einem, nicht zwei und nicht drei, sondern gleich vier vorlauten Soldaten die Nase plattgehauen hatte. Über den Sommer, den er sich als Mietklinge bei einer Gauklertruppe verdingt und nach einem Auftritt in einem Provinznest hinter irgendeiner Scheune den Bürgermeister verführt hatte, indem er sich als kleinste bärtige Dame der Welt ausgegeben hatte. Doch ganz gleich, von welchem Erfolg er auch berichtete, am Ende stand immer das Wehklagen über die Heimat, aus der er verbannt worden war.
    Namakan entging nicht, dass Morritbi am lautesten über Eisarns Geschichten lachte. Sie mag ihn. Er versuchte, möglichst unauffällig eine Hand unter den Tisch zu bringen und ihr das Knie zu streicheln. Sehr sogar. Und – er ist einsam! Ein Verbannter! Hat sie nicht erzählt, Hexen würden die Einsamen trösten? Doch, hat sie … Bitte nicht …
    »Ist es mal gut jetzt?«, unterbrach Dalarr Eisarn. »Mir dröhnen die Ohren von deinem Geschwafel!«
    Eisarn stellte seinen Humpen ab, mit dem er hatte andeuten wollen, wie groß der Stör gewesen war, den er einmal aus dem Silvret gezogen hatte. »Bürst mir einer den Bart aus! Für einen Tegin, an dem die Sommer glatt vorüberziehen, mangelt es dir wirklich an Geduld!«
    Tegin? Namakan horchte auf. »Sprichst du Elfisch?«, fragte er den Zwerg.
    »Namakan …«, kam es leise mahnend von Dalarr.
    »Da sei aber doch bitte die Mutter aller Sippen vor, dass ich so

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