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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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vorsichtig.
    Eisarn schluckte laut. »Smarna …«
    »Es sind Narren, die sich von den Legenden über uns blenden lassen.« Dalarr seufzte und setzte seinen Rucksack ab. »Die sagenumwobenen Schätze des Alten Geschlechts haben schon viele in ihr Verderben gelockt. Waffen, mit denen man jede Schlacht gewinnt. Bücher, in denen alle Zauber dieser Welt stehen. Tränke, die das Herz jedes noch so kalten Weibs in heißester Lust entflammen.« Er spie aus. »Jeder dieser Menschen hat sich seine eigene Schlinge geknüpft.«
    Namakan schaute zum Tor. Und warum sind sie dann hierhergekommen? Ich sehe hier keine Schätze. Nur aufeinandergeschichtete Steine …
    »Du willst wissen, weshalb sie gestorben sind?«, fragte Dalarr bei Kjell nach.
    Der Graf ohne Land nickte.
    »Sie sind gestorben, weil sie ihr Ziel schon vor Augen hatten, ohne den Weg dorthin zu kennen«, sagte Dalarr ohne allzu großes Mitgefühl. »Die Tore der Tegin zeigen dummen Räubern keine Gnade.« Er holte den Zwergenschlüssel aus seinem Rucksack und reichte ihn Eisarn. »Kennst du den Weg noch, du Stumpen?«
    Eisarn blies die Backen auf. »Ich war zu sehr damit beschäftigt, meine Hinterbacken zusammenzukneifen. Da achte ich doch nicht auf den Weg.«
    »So soll es sein.« Dalarr lächelte grimmig. »Namakan, du wirst uns begleiten!«
    »Ich?« Ihm dorrte der Mund aus. »Brauchst du mich denn, Meister?«
    »Zwischen uns soll es keine Geheimnisse mehr geben.« Dalarr legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nie mehr.«
    »Und was ist mit uns anderen?« Morritbi stemmte die Arme in die Hüften. »Sollen wir uns derweil die Beine in den Bauch stehen?«
    »Nein, natürlich nicht.« Dalarr wies in die Richtung des nächsten größeren Falkenknochens. »Ihr dürft euch ruhig setzen.«
    »Kommst du?« Tschumilal nahm Kjells Hand. »Warum bleiben wir, wo es nach totem Fleisch stinkt?«
    Arm in Arm zog sich das ungleiche Paar unter die Rippenbögen eines Falken zurück, wo sie sich einander gegenüber auf den Boden setzten wie Liebende in einer makabren Laube.
    »Na wunderbar«, sagte Morritbi enttäuscht. »Jetzt muss ich mir auch noch anhören, wie die zwei Tauben gurren, als gäbe es kein Morgen mehr.« Sie küsste Namakan zum Abschied auf die Wange, und noch ehe er auf die Idee hätte kommen können, sie auch nur einen Moment festzuhalten, war sie ihm entglitten. Ein schreckliches Gefühl der Leere bedrängte ihn, als er seinen Rucksack neben dem seines Meisters deponierte.
    »Das kannst du mir nicht antun, alter Wanderer.« Ammorna baute sich vor Dalarr auf, ein wütendes Blitzen in den Augen. Sie hielt ihren Krallenstab fest umklammert, und die Finger ihrer Knöchel traten schneeweiß unter ihrer blassen Haut hervor. »Nimm mich mit. Kroka wird ihren Blick sonst für immer von mir abwenden. Lass mich sehen, was nur wenige sehen. Ich bitte dich …«
    »Ammorna …« Das ganze Mitgefühl, mit dem er bei den Toten noch gegeizt hatte, spendete Dalarr nun der Kroka-Dienerin in einem einzigen Wort.
    »Nein.« Sie bleckte die Zähne. »Nein, Dalarr.« Sie löste eine Hand von ihrem Stab, hob sie und formte sie zu einer Kralle. »Die Gefiederte sei meine Zeugin: Ich gehe selbst, wenn du mir das verwehren willst, auch wenn es mein Tod ist.«
    Sie meint es ernst! Kalte Gewissheit machte Namakan frösteln. Sie meint es wirklich ernst. Ein weiteres Mal sah sie zu dem Torbogen. Wenn ich nur wüsste, warum sie so einen Aufstand veranstaltet. Sie wird doch sehen, wo wir hingehen.
    Dalarr verschränkte einen Augenblick die Arme vor der Brust. Dann nickte er. »Gut. Aber du fasst nichts an, hörst du? Nichts. Gar nichts. Sonst schlage ich dir die Finger ab, verstanden?«
    Sämtliche Spannung wich aus Ammornas Zügen. »Danke.« Tränen schimmerten ihr in den Augen. Sie senkte das Haupt und beugte das Knie. »Danke.«
    Dalarr, der so viel Ehrerbietung lediglich mit einem Stirnrunzeln bedachte, wandte sich an Eisarn und Namakan. »Das gilt auch für euch, und ganz besondere für dich, mein kleiner Freund mit den klebrigen Fingern. Es wird nichts angefasst, außer ich sage es euch.«
    »Ich kenne die Regeln«, knurrte der Zwerg. »Ich erinnere mich nämlich nur zu gut, dass du so ein furchtbarer Geizkragen bist. Wie wahrscheinlich deine ganze Brut auch …«
    Dalarr winkte ab und stellte sich an den Rand der glatten Fläche, das Gesicht auf den Torbogen gerichtet. »Ihr geht mir nach. Setzt jeden eurer Schritte genau dahin, wohin ich meinen vorher gesetzt habe.«
    Eisarn,

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