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Heldin wider Willen

Heldin wider Willen

Titel: Heldin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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Serrano-Junge, erinnerte sie ihr kritisches Selbst. Also … Er glaubte also, sie nutzte nicht alle ihre Talente. Falls er überhaupt eine Ahnung hatte. Falls, falls, falls …
    Sie konnte sich jetzt kaum noch für die Kommandolaufbahn bewerben, nach dem sie so viele Jahre der technischen Laufbahn 323
    gefolgt war. Sie wollte nicht mal zur Kommandolaufbahn
    wechseln. Wirklich nicht? Sie hatte es verabscheut, eine Schlacht zu erleben, vom ersten Augenblick der Meuterei bis zu diesem letzten Glücksschuss, der den feindlichen Kreuzer knackte wie eine reife Samenkapsel. Sie verdrängte die
    Erinnerung an das Gefühl, das mit der Angst einhergegangen war, den Übelkeit erregenden Widerwillen gegen diese
    Verschwendung … Dieses Gefühl, das viel zu verführerisch war, um wirklich glaubhaft zu sein.
    Wer wusste denn überhaupt, was andere zu solchen Zeiten
    empfanden? Vielleicht sollte sie Lehrerin werden – sie wusste, dass sie sich gut darauf verstand, komplexen Stoff zu
    präsentieren. Dieser Geschichtslehrer hatte es sogar vorgeschlagen. Warum war sie vor diesem Angebot in das am
    wenigsten geeignete Spezialgebiet geflüchtet? Ihr Verstand zappelte herum wie ein Fisch am Haken und konnte nicht der schmerzhaften Realität entrinnen, dass sie sich selbst dumm und blind in einer Falle gefangen hatte. Wahrhaftig, wie ein Fisch …
    Am nächsten Morgen war sie so müde, dass es Major Pitak
    auffiel.
    »War es spät gestern, Suiza?«
    »Nur ein paar schlechte Träume, Major.« Sie drückte es so beiläufig aus, wie sie nur konnte, ohne unhöflich zu wirken.
    Pitak hielt ihren Blick für einen langen Augenblick fest.
    »Eine Menge Leute haben schlechte Träume nach einer
    Schlacht, wissen Sie. Niemand von uns wird Sie weniger achten, wenn Sie mit dem Medizinischen Dienst darüber sprechen.«
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    »Ich komme schon klar«, sagte sie rasch. »Sir.« Pitak blickte sie weiter an, und Esmay spürte, wie sie selbst rot wurde. »Falls es schlimmer wird, Sir, werde ich an Ihren Rat denken.«
    »Gut«, sagte Pitak. Dann, als sich Esmay gerade entspannte, meldete sie sich wieder zu Wort. »Falls es Ihnen nichts
    ausmacht, mir das zu sagen: Warum haben Sie sich für die technische und nicht für die Kommandolaufbahn entschieden?«
    Esmays Atem ging schneller. Sie hatte nicht damit gerechnet, hier diese Frage gestellt zu bekommen. »Ich … Ich dachte nicht, dass ich gut kommandieren könnte.«
    »Warum nicht?«
    Sie beeilte sich, sich irgendwas auszudenken. »Na ja, ich …
    Ich stamme nicht aus einer Flottenfamilie. Es gibt so etwas wie ein angeborenes Gefühl dafür.«
    »Sie haben sich ehrlich nie das Kommando über eine Einheit gewünscht, bis sie auf der Despite ans Ruder mussten?«
    »Nein, ich … Als ich noch ein Kind war, hatte ich natürlich Tagträume. Wir sind eine Militärfamilie; wir kennen
    ausreichend Heldengeschichten. Aber was ich mir wirklich wünschte, das war der Weltraum an sich. Auf der Vorbereitungsschule lernte ich andere kennen, die viel besser geeignet waren …«
    »Ihre anfänglichen Führungswerte waren ziemlich hoch.«
    »Ich denke, mir als Planetengeborener gegenüber waren sie ein wenig großzügig«, sagte Esmay. So hatte sie es sich selbst jahrelang erklärt, als die entsprechenden Noten Stück für Stück nachgaben. Bis zum Xavier-System, bis zur Meuterei.
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    »Sie denken nicht wirklich technisch, Suiza. Sie arbeiten hart, Sie sind clever, aber auf diesem Gebiet liegen nicht Ihre wahren Talente. Ihre Vorträge vor den taktischen Diskussionsgruppen, dieses Papier, das Sie für mich verfasst haben … So denkt kein Techspezialist.«
    »Ich versuche zu lernen …«
    »Ich habe nie behauptet, Sie würden es nicht versuchen.«
    Nach dem Tonfall zu urteilen, konnte Pitak das negativ gemeint haben; sie klang beinahe verärgert. »Aber betrachten Sie es mal unter diesem Gesichtspunkt: Würde Ihre Familie versuchen, aus einem Polopony ein Zugpferd zu machen?«
    Aus irgendeinem Grund reagierte sie auf diesen Versuch, das Problem in Begriffen ihrer Kultur auszudrücken, mit Sturheit.
    »Falls eine Ladung transportiert werden müsste und das Pony zur Verfügung stünde …« Ehe Pitak explodierte, setzte sie hinzu: »Ich verstehe, worauf Sie abzielen, Sir, aber ich habe mich nie für – für ein Pony gehalten, das für eine bestimmte Last nicht geeignet wäre.«
    »Ich frage mich, was Sie eigentlich erwartet haben«, sagte Pitak halb zu sich selbst.
    »Einen Platz, um zu arbeiten«, antwortete Esmay. »Fort

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