Helix
einer Weile gab ich den Versuch auf, die Mechanik seiner Fortbewegung verstehen zu wollen, und bewunderte nur noch die Leichtigkeit, mit der er durch die steilen Schnee- und Eisflächen stieg. Wir drei hatten uns wegen der kleinen Oberfläche seiner Füße im Schnee Gedanken gemacht – die V-förmigen Hufe waren nicht einmal so groß wie ein nackter menschlicher Fuß – und uns gefragt, ob wir den Mantispa während des Aufstiegs aus jeder Schneewehe ziehen mussten, aber Kanakaredes kam sehr gut zurecht und hatte keinerlei Probleme. Ich dachte, es müsse wohl daran liegen, dass er schätzungsweise nicht mehr als hundertfünfunddreißig Pfund wog und dass er dieses Gewicht auf vier oder manchmal sogar sechs Beine verteilen konnte, wenn er die Eisaxt ins Geschirr steckte und über die Flächen krabbelte oder lief. Um ehrlich zu sein, musste die Wanze im oberen Teil des Gletschers zwei- oder dreimal sogar mir aus tiefen Schneewehen helfen.
Am Nachmittag, als die Sonne hoch über der spiegelnden Eisfläche des Gletschers stand, wurde es verdammt heiß. Wir drei Menschen fuhren unsere Thermohautkontrollen herunter und legten die äußeren Schichten unserer Wetterjacken ab, um uns etwas abzukühlen. Die Wanze schien keine Probleme zu haben, rastete aber kommentarlos mit uns, wenn wir eine Pause machten, trank Wasser aus der Wasserflasche, wenn wir es taten, und kaute auf irgendetwas herum, das aussah wie eine Bodenfliese aus gepresster Hundekacke, während wir unsere Konzentratriegel knabberten, die, wie mir jetzt klar wird, ebenfalls sehr nach Briketts aussahen, die aus gepresster Hundekacke hergestellt worden waren. Wenn Kanakaredes an diesem ersten langen Tag auf dem Gletscher unter Überwärmung oder unter der Kälte litt, dann ließ er sich nichts anmerken.
Lange vor Sonnenuntergang zog der Schatten des Bergs über uns hinweg, und drei von uns vieren stellten die Thermohautkontrollen höher und legten die äußeren Anorakschichten wieder an. Es hatte zu schneien begonnen. Plötzlich brach an der Ostflanke des K2 eine riesige Lawine herunter und donnerte hinter uns über den Hang. Der Schnee brodelte und wallte über einen Teil des Gletschers, über den wir nur eine Stunde zuvor geklettert waren.
Wir blieben wie angewurzelt stehen, bis das Grollen aufhörte. Unsere Spuren im Schnee, der jetzt im Schatten lag – eine mehr oder weniger gerade Linie, mit der wir auf der letzten Meile ungefähr tausend Fuß an Höhe gewonnen hatten –, waren in einem Bereich von mehreren hundert Yards ausgelöscht, als hätte ein Riese einen Radiergummi angesetzt.
»Ach du Scheiße«, sagte ich.
Gary nickte. Sein Atem ging schwer, nachdem er den größten Teil des Nachmittags über die Spur gelegt hatte. Er drehte sich um, machte einen Schritt und verschwand.
In den letzten Stunden hatte derjenige, der vorne war, ständig mit dem Eispickel geprüft, ob man auch beim nächsten Schritt noch sicher stehen konnte, oder ob man es etwa nur mit einer dünnen Schneeschicht über einer tiefen Gletscherspalte zu tun hatte. Gary hatte zwei Schritte ohne diese Prüfung getan. Und er war in den Spalt gefallen.
In einem Moment war er noch da, der rote Anorak hell vor dem im Schatten liegenden Eis, der weiße Schnee des Grats nicht mehr weit vor uns, und im nächsten Augenblick war er verschwunden.
Dann verschwand auch Paul.
Keiner kreischte, niemand reagierte unangemessen. Kanakaredes stemmte sich sofort mit allen Beinen dagegen, rammte die Eisaxt unter sich tief ins Eis und wickelte die Leine zweimal darum, bevor die etwa dreißig Fuß Spiel zwischen ihm und Paul ausgegeben waren. Ich folgte seinem Beispiel, trieb die Steigeisen so fest wie möglich ins Eis und rechnete schon damit, dass auch die Wanze und ich in der Gletscherspalte verschwinden würden.
Wir blieben oben.
Das Seil spannte sich, doch es hielt. Seile aus genetisch veränderter Spinnenseide reißen fast nie. Kanakaredes’ Eispickel hielt, auch er selbst konnte sich auf dem Eis des Gletschers halten, und zu zweit hielten wir die Kameraden. Wir warteten eine ganze Minute voller Anspannung, ob wir nicht etwa ebenfalls auf einer dünnen Eisschicht über einer Spalte standen, aber als klar war, wo die Spalte begann, keuchte ich: »Halte sie.« Ich löste die Karabinerhaken und kletterte nach vorn, um in den schwarzen Spalt zu spähen.
Ich weiß nicht, wie tief die Gletscherspalte war – hundert Fuß vielleicht? Doch Paul und Gary baumelten da unten, Paul ungefähr fünfzehn
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