Hellas Channel
hierher ist alles glasklar, nur, daß die Aufstellung nicht erwähnt, was denn eigentlich befördert wurde.
Ich wende das Doppelblatt um und treffe auf zwei weitere Register, die jedoch, statt die Sache aufzuhellen, mich in noch größere Verwirrung stürzen.
Abfahrt
Aus
Zielort
Art
25.6.1991
Tirana
Prag
Reisebus
16.8.1991
Sofia
Warschau
Reisebus
30.10.1991
Bukarest
Budapest
Reisebus
5.1.1992
Tirana
Prag
Reisebus
6.3.1992
Bukarest
Budapest
Reisebus
12.6.1992
Sofia
Warschau
Reisebus
3.9.1992
Tirana
Prag
Reisebus
5.12.1992
Tirana
Prag
Reisebus
Name
Datum
Zielort
Verkehrsmittel
Jannis Emiroglou
30.6.1991
Prag
Reisebus
?????
?????
Warschau??
?????
Alexandros Fotiou
5.11.1991
Budapest
Flug
Eleni Skaltsa
12.1.1992
Prag
Flug
Spyros Gonatas
15.3.1992
Budapest
Reisebus
?????
?????
Warschau??
?????
Vassiliki Petassi
12.9.1992
Prag
Reisebus
?????
?????
Prag??
?????
Die beiden Tabellen stehen offensichtlich in Beziehung zueinander. Zumindest, was die Daten betrifft. Am 25.6.91 fährt ein Reisebus von Tirana nach Prag, und am 30.6.91 reist ein gewisser Jannis Emiroglou ebenfalls nach Prag. Am 30.10. fährt ein anderer Reisebus von Bukarest nach Budapest, und am 5.11. fliegt Alexandros Fotiou nach Budapest. Noch aufschlußreicher sind die Reisebusse, die am 16.8.91 und am 12.6.92 von Sofia nach Warschau fahren, sowie jener Reisebus, der am 5.12.92 von Tirana nach Prag unterwegs ist. Wie es scheint, konnte die Karajorgi sie nicht miteinander in Verbindung bringen und hat sie deshalb mit Fragezeichen versehen. Doch ich kann nicht nachvollziehen, wen diese Griechen eigentlich in Prag, Warschau oder Budapest treffen wollten. Und wieso fuhren diejenigen, die aus Tirana, Sofia oder Bukarest anreisten, nicht geradewegs nach Athen, sondern ließen unsere Landsleute Tausende von Kilometern zurücklegen, um schließlich mit ihnen zusammenzutreffen?
Ich komme zu dem Schluß, daß noch viele Recherchen nötig wären, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Welches Geheimnis auch immer dahinterstecken mochte, die Karajorgi hat es mit ins Grab genommen. Eines ist sicher: Wenn die Morde mit dem Inhalt des Aktenordners zu tun haben, dann wurde die Karajorgi ermordet, um ihren Nachforschungen Einhalt zu gebieten, und die Kostarakou wurde ausgeschaltet mit dem Ziel, ihr die Unterlagen zu entwenden. Wenn der Mörder jedoch so scharf auf den Aktenordner war, warum hat er dann nicht Karajorgis Wohnung durchsucht? Denkbar wäre, daß er keine Zeit mehr dazu hatte. Oder, daß er erst hinterher entdeckte, daß der Ordner belastende Hinweise enthielt, und ihn aus diesem Grund doch noch an sich bringen wollte.
Mich juckt es gewaltig, Sotiris anzuweisen, Ermittlungen einzuleiten. Doch ich beherrsche mich. Besser, ich übergebe Gikas den Aktenordner. Soll er darüber befinden. Im Grunde sollte ich zufrieden sein, weil die Angelegenheit jetzt eine neue Wendung nimmt und ich, so will mir scheinen, doch noch ohne eine Schramme davonkomme.
Ich bin schon fast am Ende des Ordners angelangt, als ich auf eine weitere, schmale Mappe stoße. Eine dieser hellblauen Mappen, wie sie von hiesigen Rechtsanwälten gerne verwendet werden. Sobald ich sie öffne, erstarrt meine Hand mit dem aufgeschlagenen Deckel in der Luft, und ich bleibe wie vom Blitz getroffen vor ihrem Inhalt sitzen. Es sind Fotokopien von Polizeiberichten, zum Teil aus unserer eigenen Abteilung, andererseits aus Dienststellen, deren Berichte bei uns landen. Der erste Bericht aus dem Jahr ’90 bezieht sich auf das Verschwinden zweier Säuglinge aus einer Gebärklinik. Damals war eine Säuglingsschwester beschuldigt worden, doch ihr konnte nichts nachgewiesen werden, und der Fall wanderte ins Archiv. Der zweite Bericht handelt von einem Fall illegaler Einwanderer aus Bulgarien, die im März ’91 im Lastkraftwagen eines Fahrers aus Thessaloniki die Grenze überschreiten wollten, aber gefaßt und zurückgeschickt wurden. Unter ihnen befanden sich auch vier junge Mütter mit Kleinkindern. Dieser Punkt wurde, augenscheinlich durch die Karajorgi, rot unterstrichen. Es befinden sich noch sechs weitere archivierte Berichte im Ordner, und alle haben mit dem Verschwinden von Kindern oder mit Kinderhandel zu tun. Der jüngste Polizeibericht ist mein eigener über das albanische Ehepaar und die Fünfhunderttausend, die in seinem Spülkasten
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