Hell's Angels (German Edition)
Weltkriegs waren in den Vereinigten Staaten nicht einmal zweihunderttausend Motorräder zugelassen, sehr wenige davon importiert. In den Fünfzigerjahren, während HD sein Monopol festigte, verdoppelte und verdreifachte sich schließlich die Zahl der verkauften Motorräder. Harley-Davidson war im Besitz einer Goldgrube – bis dann 1962/63 der Import-Blitzkrieg begann. Bis 1964 war die Zahl der Zulassungen auf fast eine Million gestiegen, und die leichten Maschinen von Honda verkauften sich so schnell, wie die japanischen Frachter sie über den Ozean bringen konnten. Der Sachverständigenrat von HD grübelte immer noch über diese
orientalische Falschheit nach, da kriegten sie schon von der gegenüberliegenden Flanke eine reingeknallt – von Birmingham Small Arms Ltd. aus England. Die BSA (die auch Triumphs herstellt) hatte beschlossen, Harley-Davidson auf eigenem Terrain und in der eigenen Klasse herauszufordern – trotz des preistreibenden Handikaps hoher Schutzzölle. 1965 dann, als es schon fünfzig Prozent mehr Zulassungen gab als im Jahr zuvor, wurde das HD-Monopol an zwei Fronten erbittert angegriffen. Die einzigen Kunden, auf die sie sich verlassen konnten, waren Polizisten und Outlaws, während die Japaner den Niedrigpreissektor umkrempelten und BSA ihnen auf den Rennstrecken die Hölle heiß machte. 1966, der Motorrad-Boom war ungebrochen, hielt Harley nur noch zehn Prozent des Inlandsmarktes – und auch das nur mit Mühe.
Da all ihre Technik und ihr ganzes Denken bisher auf die 1.200-Kubikzoll-Motoren ausgerichtet war, kann die Firma allenfalls hoffen, frühestens 1970 auf dem Markt für leichte und mittelschwere Maschinen konkurrenzfähig zu sein. In der Schwergewichtsklasse mischt sie aber durchaus noch mit, und 1966 gewannen Harleys ebenso viele große Rennen wie BSAs und Triumphs. Dieses ungefähre Gleichgewicht hat sich auf dem Markt jedoch nicht erhalten. Die meisten HD-Rennmaschinen sind speziell angefertigte Einzelstücke, auf Bestellung für einige der besten Rennfahrer Amerikas hergestellt, und haben viel größere Motoren als ihre britische Konkurrenz. Harley-Davidson fehlt immer noch ein Produktionsmodell, das mit den Importen aus Europa und Japan konkurrenzfähig wäre – auf der Straße, der Rennstrecke und querfeldein –, was Gewicht, Preis, bequeme Handhabung und Motorengröße angeht.
Die Unfähigkeit Harley-Davidsons, mit einem Markt
Schritt zu halten, den sie früher einmal absolut beherrschten, ist sicherlich ein bedenklicher Fall. Es ist unmöglich, sich auf dem Automobilmarkt eine vergleichbare Situation vorzustellen. Was wäre beispielsweise, wenn Ford bei Ende des Zweiten Weltkriegs der einzige Automobilhersteller in Amerika gewesen wäre? Hätten sie dann bis 1965 über neunzig Prozent des Marktes verlieren können? Ein Monopolunternehmen, von hohen Zöllen geschützt, sollte selbst auf dem veränderlichen Markt eine beherrschende Rolle spielen. Wie musste sich der ungekrönte König des Marktes fühlen, als er binnen nicht einmal eines Jahrzehnts, von Hell’s Angels und Polizisten einmal abgesehen, alle seine Kunden verlor?
7
In einer wohlhabenden Demokratie, die auch eine Gesellschaft von Gewinnern und Verlierern ist, ist jeder Mann ohne Kanone oder zumindest ohne virtuelle Kanone per Definition unterprivilegiert.
– Sr. Cazador, eine Art Sportsmann, der sich mit Abzügen auskennt und ein Auge für günstige Gelegenheiten hat
Das ist nur ein Haufen fieser Tunten, weiter nichts. Die widern doch wohl jeden an. – Drag Queen, San Francisco
Über einen Hell’s Angel, der in der 37. Straße in Sacramento wohnte, gab es ständig Beschwerden, er würde Frauen gegenüber, die an seinem Haus vorbeigingen, anzügliche Bemerkungen machen. »Komm, tun wir’s, Baby« oder »Hey, du Schöne, komm, setz dich auf Papas Gesicht«. Ein Streifenpolizist, der einer dieser Beschwerden nachging, drohte dem Outlaw erst mit Gefängnis und fragte ihn dann verächtlich, ob er »nichts Besseres zu tun« habe. Der Angel überlegte und antwortete: »Nein, es sei denn, einen Polizisten zu ficken.« – Aus einem Gespräch mit einem Polizeibeamten, Sacramento
Der gegenwärtige Boom bei leichten Motorrädern hat ebenso viel mit Outlaw-Maschinen zu tun wie die gefälschten Hell’s-Angels-Fanclub-T-Shirts mit den wahren Hell’s Angels. Die kleinen Maschinen machen Spaß, sind handlich und relativ ungefährlich, wohingegen die großen wie Bomben auf zwei Rädern sind, und die
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