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Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Titel: Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ida Ding
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erstanden haben, wie sie mir stark schnaufend erzählen. Das Ding zeigt schon seine Wirkung.
    Großeinkauf also, wie ich vermutet habe. Die Gretl hat sich eine neue Dauerwelle von so einem Promifriseur am Odeonsplatz machen lassen, mit einem leichten Violettstich, das kann aber auch an der Beleuchtung liegen. Ihre Pickel hat er sehr gut abgedeckt, die sieht man so gut wie gar nicht mehr, da ist nur die kleine Staubwolke von dem Make-up, wenn sie spricht. In der Apotheke haben sie auch zugeschlagen. Medikamentenpackungen spitzen aus den Handtaschen und Umhängebeuteln. Hustensaft auf Vorrat. Die Textilstubenzwillinge streiten sich über ein neues Strickmuster, das sie in einem Wollgeschäft hinter dem alten Rathausturm gesehen haben. Aha, Konkurrenzanalyse. Es geht um Socken ohne Fersen.
    «Ja, hat man da dann an der Ferse ein Loch zum Lüften oder wie?» Ich verstehe auch was von Fersenlöchern, sogar dreifach, da muss ich mich einmischen. Nicht dass es mich bald friert, weil die Zwillinge ihr Sortiment umstellen.
    «Nein, Muck. Die werden in einem Stück gestrickt», erklärt mir die Berta. «Durch das raffinierte Muster drehen sie sich, und es braucht keine extra eingestrickte Ferse.»
    «Von wegen raffiniert», erwidert die Erna. «Die sitzen bestimmt nicht richtig, und überdies müsstest du dann ja nicht mehr auf die Fußgröße achten. Na, wir werden sehen.» Kaum dass sie Platz genommen hat, wirft sie ein neues Nadelspiel an und schlägt die ersten Maschen auf.
    «Mir ist es gleich, ob mit oder ohne, Hauptsache, warm.» Ich klinke mich aus der Fachdiskussion, werfe den Daimler an und konzentriere mich aufs Rausrangieren in Richtung Süden.
     
    Der Rossi wartet nicht wie verabredet beim Haupteingang der Hutschachtel, also parke ich vor der Schranke, für ein paar Minuten wird das wohl gehen, und beschließe, ihm entgegenzugehen. Für einen Rollstuhlfahrer gibt es überall Hindernisse. Wer weiß, wo er feststeckt. Ich frage den Wachmann nach dem Rudolf Rossbach, so heißt der Rossi in der Langfassung, und beschreibe sein Aussehen. Ich muss meinen Ausweis zeigen, damit ich in den Hochsicherheitstrakt, worin sämtliche Münchner S-Bahnen überwacht werden, überhaupt reindarf.
    «Ja, den hab ich gesehen, bei Dienstantritt, vor ein paar Stunden, aber noch ist er nicht wieder rausgekommen. Wahrscheinlich hockt er mit ein paar Sekretärinnen auf dem Schoß in der Kantine.» Ich folge seinem Wegweiserfinger, finde aber keine Kantine und auch kein Kantinenschild an den vielen Türen. Es hilft auch kein Schnuppern, nach Essen riecht es nirgends, eher typisch münchnerisch, nach Teppichboden und Reinigungsmitteln. Nachdem ich eine Weile in den Gängen herumgeirrt bin und keinen getroffen habe, den ich noch mal fragen könnte, hoffe ich, wenigstens ein Klo zu entdecken, bis nach Hause schaffe ich es sonst nicht mehr. Hinter einer halboffenen Tür liegt die Kommandozentrale. Die Glühbirnen verdienen den Namen nicht, das sind eher Funzeln, so wie im Kino, wenn nach der Eiswerbung das Licht gedimmt wird. Wie sich meine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt haben, erkenne ich die feinen Linien und Pfeile auf den Bildschirmen, die in alle Richtungen zeigen. Überall blinkt und piepst es. Das Schienennetz ähnelt einer komplizierten chemischen Formel. Also, ich wüsste nicht, wo draufdrücken, wenn ein Baum auf die Oberleitung fällt. Die Drehsessel vor den Computern könnten auch Rollstühle sein, wie soll ich unter den vielen Hinterköpfen den Rossi rauskennen?
    «Kann ich Ihnen helfen?»
    Den Spruch habe ich doch gepachtet! Ich drehe mich um und stoße an ein vollbeladenes Tablett, das ein Mann an mir vorbei durch die Tür balancieren will. Kaffeetassen und Löffel scheppern, ich fang die gläserne Zuckerdose auf, in der sich mein Strickpulliärmel verfangen hat. Koffein. Verstehe. Wach bleiben ist das A und O in diesem Betrieb, sie können schlecht durchsagen, weil ein Herr Schuster eingenickt ist, kommt es im gesamten Streckennetz zu Verspätungen. Ich frage nach meinem vermissten Fahrgast und kriege zu hören, dass er vor ein paar Minuten gegangen ist. Na ja, gegangen, denke ich, aber lasse es gut sein. Er würde draußen auf seinen Chauffeur warten, hätte der Rossi gesagt. Mit einem «Mersse» bedanke ich mich bei seinem Eisenbahnerkollegen und tue so, als würde ich zurückgehen. Aber als er die Tür zum Hauptraum

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