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Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Titel: Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ida Ding
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gelb, so weit das Auge reicht, von einem Tellerrand zum anderen: weichgekochtes Gemüse für Zahnlose, mit Kartoffelpüree vermatscht. Dabei hat Fidl noch fast alle Schneidezähne. «Ich lass es Ihnen mal da, vielleicht kriegen Sie später doch noch Appetit.»
    Als sie wieder draußen ist, sinkt Fidl tiefer in die Kissen. «Mir schmeckt nichts mehr. Es ist doch bald aus.» Die Baskenmütze rutscht ihm erneut halb übers Gesicht.
    «Was ist los?» Ich leg mit Emma auf dem Arm die Silberhaube zurück, damit der Pampf wenigstens warm bleibt, und setze mich wieder. Meine Tochter klebt immer noch wie eine Büroklammer an mir.
    «Die wollen mich aufschneiden und mir so eine Art Uhrwerk reinbauen, das schlägt und schlägt und meine Pumpe wie wahnsinnig antreibt.» Fidl schnieft nun sogar.
    «Ein Herzschrittmacher kann dir nicht den Rhythmus vorgeben. Den bestimmst du. Und dir gibt doch ohnehin keiner was vor.»
    «Du brauchst mir jetzt nicht auch noch schöntun, das haben die Weißkittel vorhin schon versucht und die Sophie dazu. Es ist, wie es ist, ich mag nicht mehr. Wenn sie mir dieses Scheißding einpflanzen, kann ich nicht mehr sterben, wann ich will, weil eine Maschine mich steuert. Da könnt ihr sagen, was ihr wollt.»
    «Papa?» Emma rüttelt an meinem Kragen. «Ich muss aufs Klo», flüstert sie.
    «Soll ich mitgehen?», flüstere ich zurück.
    Sie rutscht von meinem Schoß, packt mich an der Hand und zerrt mich an Fidls Badtür vorbei nach draußen.
    Ich such mit ihr eine Toilette im Flur. «Kommst du da drin allein zurecht?»
    Sie nickt. «Wartest du hier?»
    «Klar. Sag mal, graust es dich vorm Opa, oder warum wolltest du nicht aufs Klo in seinem Zimmer, das wird doch jeden Tag frisch geputzt?»
    «Deshalb nicht.» Emma flüstert wieder. «Ich will nicht, dass der Engel hört, wie ich piesel.»
    «Welcher Engel?»
    «Der, der hinter dem Opa seinem Kopfkissen steht.»
    Oje, sieht sie etwa einen Todesengel? Aber das traue ich mich nicht zu fragen. Vielleicht hat den jeder ab einem gewissen Alter hinter sich rumstehen. Ich muss mir was einfallen lassen. Während Emma im Klo verschwindet – ich sage ihr noch, sie soll sich schön viel Zeit lassen –, sprinte ich in Lichtgeschwindigkeit aus dem Krankenhaus zum Tiger auf dem Besucherparkplatz. Hastig wühle ich in der Werkzeugschachtel neben meinem Sitz, in der ich alle Fundstücke oder bei Reparaturen übriggebliebene Teile sammle. Wie ich finde, was ich suche, rase ich zurück, keuchend, und sehe Emma gerade aus der Klotür kommen. Puh, geschafft. «Ich hab nur schnell was für den Opa geholt», rufe ich von weitem.
    «Ich weiß», sagt Emma. «Aber die Batterien sind leer.» Welche meint sie, etwa meine? Ich finde, ich bin top in Schuss für mein Alter. Ein Loch im Hosengürtel weiter alle zehn Jahre, das wird erlaubt sein. Mit Emma im Schlepptau geht’s ins Krankenzimmer zurück.
    «Fidl, schau her, mit dem Teil hier kannst du später den Schrittmacher aus- und anmachen, so oft du willst.» Ich wedle mit der Fernbedienung von unserem Gartentor, die nie jemand benutzt, weil das Tor Tag und Nacht offen steht.
    «Wo hast du das her? Hat dir das der Professor gegeben?» Er streckt die Hand aus.
    «Nichts da.» Ich schiebe die Fernbedienung zurück in die Hinterntasche. «Die kriegst du erst, wenn du dich operieren lässt und heimkommst.»

Mit einem Riesenloch im Magen – schließlich können wir dem Fidl seine Mahlzeit ja nicht wegessen – rasen Emma und ich zurück nach Pöcking. Wobei Rasen mit dem Tiger leider ein Tuckern ist. Doch eine Fischsemmel bei
Fischers Fritzl
sollte für den Anfang reichen, dann schauen wir weiter. Wie ich endlich das Kreideschild vor der Ladentür lese, geht mir ein Licht auf. Mit dem Kraulfuß werde ich ein Hühnchen rupfen, mit oder ohne Gräten! Drinnen ist es noch voller als freitags üblich, am salatwurmlosen Tag, wo jeder auf seine katholische Gesundheit achtet. Wenigstens werden wir diesmal von den Hausfrauen und Fitnesssüchtigen gegrüßt. Vielleicht trauen sich die Dorfkollegen einfach vor meiner Tochter nicht, mich zu ignorieren. Oder sie wollen es sich mit der Emma nicht verscherzen, wer weiß, was sie sonst aus ihrer Zukunft herausliest. Der Kraulfuß hat von der Umeinanderhetzerei rote, glänzende Backen wie ein Bratapfel, so brummt sein Laden sonst nicht. Die ausgehungerten Pöckinger, die ganze Woche hendlfrei, sind anscheinend auch mit Meeresfisch, der als «Starnberger See»-Erzeugnis angepriesen wird,

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