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Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Titel: Hendrikje, Voruebergehend Erschossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Purschke
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damit vielleicht schaden. Lisa ist ja nicht nur Dieters Arbeitgeberin, sondern auch seine Rechtsanwältin. Also hab ich die Klappe gehalten. Sophie und Lisa waren fertig mit dem Tischdecken und gingen ins obere Stockwerk, um sich umzuziehen. So saß ich eine kleine Weile mit Holger und Ernst am Tisch, und Holger erzählte von so mancher Heimtücke der russischen Sprache und dass es ihm diesmal schwerer fallen würde,
Väter und Söhne
neu zu übersetzen als damals
Krieg und Frieden
, dass aber der Verlag, mit dem er neuerdings in Verhandlungen stand, jetzt tatsächlich ernsthaftes Interesse an seiner Übersetzung zeigte. Ernst gratulierte ihm und beschwerte sich, dass das Kopiergeschäft am Absaufen wär und er gezwungen, die Preise immer mehr zu senken. Die Leute würden ihren Professoren die Magisterarbeiten jetzt
mailen
, und die Profs würden sie sich dann in der Uni am Computer ausdrucken. Solche Zustände an deutschen Universitäten!
Dann kamen Lisa und Sophie zurück, sie hatten sich umgezogen und sahen irrsinnig elegant aus, ganz in Schwarz. Sie hatten eng anliegende Etuikleider an, sehr edel, wie First Ladies, und Lisa trug dazu noch einen breiten, silbergetriebenen Armreif und Sophie ein Kettchen um den Hals, in das alle paar Zentimeter ein kleiner Diamant eingearbeitet war, und ich fragte mich, ob das wohl ein Geschenk von Ernst war, denn ich hatte es noch nie zuvor an ihr gesehen. Na, und ich trug weiße Sandalen und mein rotes Pannesamtkleidchen, das Einzige, was an mir schwarz war, waren meine Strümpfe, und ich war ein bisschen beschämt darüber, dass die beiden in gewisser Weise besser vorbereitet waren als ich.
    Na, egal, das Essen war fertig. Wir aßen die Lammkeule und dazu Lisas selbst gebackenes Brot und tranken Ernsts Rotwein. Es war eine nette und gelöste Stimmung, und ich war gespannt, was Ernst sich für mich ausgedacht hatte. Er hatte ja versprochen, dass ich gar nichts merken würde.
    Als das Essen fertig war, haben wir getanzt. Lisa legte Schallplatten auf, und ich tanzte mit Holger und Ernst mit Sophie, und als Lisa auch mal mit Holger wollte, da setzte ich mich an den Tisch und trank Rotwein und wurde immer lustiger und dann hab ich allein getanzt. Lisa merkte, dass ich immer ausgelassener wurde, ich kicherte beim Tanzen, weil ich an Dieter dachte, und da rief Lisa uns alle zur Ordnung und wollte, dass wir uns an den Tisch setzen.
Die Musik verstummte, wir setzten uns hin, und nun wollte Lisa, dass ich meinen Abschiedsbrief vorlese. Ich ging in die Küche, fischte ihn aus der Einkaufstasche und ging damit zurück ins Esszimmer. Ich habe den Brief laut vorgelesen. Dass ich halt bei klarem Verstand und aus freiem Willen aus dem Leben trete, dass meine Freunde mir verzeihen mögen, dass ich – ohne vorher was zu sagen – sie mit meinem Selbstmord konfrontiere und dass der Erlös von Omis Schmuck nach Leningrad gehen sollte.
    Lisa fand den Brief juristisch unbedenklich, und Ernst holte einen
Hamburger Untermietvertrag
heraus, den er besorgt hatte. Wir haben den zwei Jahre zurückdatiert und so ausgefüllt, dass es aussah, als ob Ernst schon seit zwei Jahren bei mir und der Omi zur Untermiete gewohnt hätte, damit mein Vermieter ihn nicht so schnell rausschmeißen kann. Dann habe ich ihm alle drei Schlüsselpaare meiner Wohnung ausgehändigt, und Ernst hat sie eingesteckt. Dann sagte Lisa, das Beste wäre, ich würde den Abschiedsbrief am Körper tragen, und so steckte ich ihn mir in den BH.
    Dann ging Ernst in die Küche, um den Nachtisch zu machen: Champagnersorbet von Zitroneneis. Seltsamerweise stieg meine gute Laune immer mehr, das Fest war nämlich bisher unheimlich nett und schön gewesen, und ich hatte nicht mehr so richtige Lust, heute zu sterben. Ich wollte noch tanzen, und ich tanzte mit Holger zu dem Lied
Oh baby, save your last dance for me.
    Ich sang mit, und Holger grinste, und wir hatten richtig Spaß. Ich habe allen noch mal Rotwein eingeschenkt und mein Glas gleich auf einen Zug ausgetrunken, so wohl war mir. Holger legte noch andere Schallplatten auf und tanzte und freute sich mit mir. Dann kam Ernst aus der Küche zurück. Er trug ein Tablett mit fünf Champagnersorbetschalen, weil wir ja fünf Personen waren. Er verteilte die Sorbets an unsere Plätze und rief uns, wir sollten alle kommen und uns setzen, der Nachtisch wäre fertig und würde sonst wegschmelzen. Aber ich wollte gar keinen Nachtisch, und das hab ich auch gesagt. Ich bin nur schnell zum Tisch, um mir

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