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Henker-Beichte

Henker-Beichte

Titel: Henker-Beichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vertrauensvoll an mich wenden, wenn Sie einmal Hilfe brauchen. Ich lebe zwar nicht in Paris, meine Heimat ist Alet-les-Bains, aber…«
    »Das ist im Süden, nicht?«
    »Richtig.«
    »Was machen Sie dort? Leiten Sie eine Gemeinde?«
    »So ungefähr. Aber ich schweife ab. Sollten Sie Sorgen und Schwierigkeiten haben, bin ich gern bereit, Ihnen zu helfen. Und denken Sie daran, daß seelische Sorgen oft stärker sein können als körperliche.«
    Cresson lächelte. »Das muß ich mir erst mal durch den Kopf gehen lassen, Abbé.«
    »Tun Sie das.«
    »Ich nehme noch einen Wein.«
    »Gern, aber ich nicht.«
    Während Auguste bestellte, holte der Abbé einen Zettel aus seiner Innentasche und einen Kugelschreiber. In gestochen scharfen Buchstaben schrieb er eine Adresse auf und eine Telefonnummer.
    Cresson bekam den Zettel gereicht, warf einen flüchtigen Blick darauf und steckte ihn weg.
    »Verlieren Sie ihn nicht, Auguste.«
    »Keine Sorge.«
    Als der Wein serviert wurde, zahlte der Abbé. »Sie wollen schon gehen?«
    »Ich muß weiter, Auguste. Ich bin hier in Paris mit einem Bruder verabredet.« Er erhob sich, und auch Cresson stand auf. Bloch lehnte eine weitere Begleitung ab, und beide Männer reichten sich die Hände.
    Bloch lächelte. »Auf ein gesundes Wiedersehen, Auguste.«
    »Mal sehen.«
    »Bestimmt.«
    »Was macht Sie so sicher?«
    »Wissen Sie«, sagte der Abbé lächelnd. »Manche Dinge hat man eben im Gefühl.«
    »Wenn Sie das sagen.«
    »Bestimmt.«
    An der Tür drehte sich Bloch noch um und winkte. Dann war er verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben. Auguste blieb noch sitzen.
    Er nuckelte gedankenverloren an seinem Wein und schrak zusammen, als plötzlich der Patron neben ihm stand. »Das war ja ein komischer Kauz, Auguste. Ich wußte gar nicht, daß du Priester als Bekannte hast.«
    »Wußte ich vor zwei Stunden auch noch nicht.«
    »Und?«
    »Er ist in Ordnung.«
    »Kommt aber nicht aus dieser Gegend.«
    »Nein, aus dem Süden.«
    »Das ist weit weg.« Der Patron nahm wieder seinen Platz hinter der Theke ein.
    Auguste aber dachte über den Mann nach. Er holte sogar den Zettel aus der Tasche, las noch einmal den Namen, die Anschrift und auch die Telefonnummer.
    Dann lächelte er, steckte den Zettel wieder weg und nahm zugleich den Geruch der frischen Baguettes wahr. Er bekam Hunger und war der erste, der eines bestellte. Dazu trank er seinen dritten Roten, denn er war der Meinung, daß er sich diesen Schluck verdient hatte. Außerdem war eine Flasche zerbrochen.
    Essen und Trinken konnte an manchen Tagen zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehören. So war es auch heute. Nur wunderte er sich darüber, daß ihm der Abbé nicht mehr aus dem Kopf ging. Einen derartigen Eindruck hatte noch nie ein Fremder bei ihm hinterlassen.
    Selbst in den blutigen, alten Zeiten nicht.
    Er hob sein Glas an und sagte, bevor er einen weiteren Schluck nahm:
    »Sante, Abbé…«
    ***
    Der Henker wachte auf wie aus einem tiefen Traum. Die Erinnerungen waren schon sehr deutlich gewesen. Als Filmbilder, die immer wieder gestoppt wurden, waren sie vor seinem geistigen Auge erschienen, und er wunderte sich darüber, wie stark er sich an die Einzelheiten doch hatte erinnern können. Zwischen den Fingern seiner rechten Hand hörte er das Knistern des Papiers. Ihm war nicht aufgefallen, daß er den Zettel regelrecht zerdrückt hatte.
    Cresson strich ihn wieder glatt, damit er jeden Buchstaben und jede Zahl lesen konnte.
    Der Abbé hatte ihm Hilfe angeboten, für den Fall, daß er mal in Schwierigkeiten steckte. Das war jetzt der Fall. Nur fragte er sich, ob er den Mann damit überhaupt belästigen konnte. Schließlich ging es um Dinge, die unnatürlich waren, sogar übernatürlich. Er hatte einen Spuk erlebt, eine Halluzination gehabt…
    Nein, das nicht, denn wie auf Kommando meldeten sich wieder die Schmerzen an seinem rechten Ohr.
    Also keine Halluzination.
    Alles war echt gewesen.
    Und wenn das so stimmte, dann steckte er auch in echten Schwierigkeiten.
    Sein Blick fiel auf das schwarze, altmodische Telefon mit der Wählscheibe. Sollte er anrufen, sollte er es nicht tun? Lief er nicht Gefahr, sich lächerlich zu machen?
    Er wußte es nicht. Die Nervosität nahm zu, er bekam feuchte Hände, wieder die trockene Kehle. Er starrte die Zahlenreihe an, bis sie vor seinen Augen verschwamm. Er fühlte sich elend – und auch wieder allein. Jean, der Angler, kam ihm in den Sinn. Er hatte ihm geraten, sich eine Frau zu suchen. Das

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