Henry haut ab: Roman (German Edition)
beeindrucken.«
»Oh, klar doch. Und dann braucht sie nur das College anzurufen und fragen, ob ich dort war, und dann ist sie bestimmt erst recht beeindruckt! Und ihr verdammter Mann ist quasi verpflichtet, mich zu fragen, ob ich im Ersten Boot war und was ich von dem neuen Master halte, der wahrscheinlich auch noch eine Frau ist.«
Eva blickte ihn verwirrt an.
»Ich verstehe nicht, was Boote damit zu tun haben. Wir haben doch alle irgendwann mal in dem einen oder anderen Boot gesessen. Sogar ich … das war in den Norfolk Broads, und wenn ich es recht bedenke, war es recht lustig.«
»Boote haben etwas mit Rudern zu tun, meine Liebe, und Porterhouse ist ein Ruder-College. Die waren öfter Flussmeister, und das College ist bekannt dafür, dass es voller ›heartys‹ ist. Kennst du zufällig den Unterschied zwischen einem ›hearty‹ und einem ›arty‹?«
»Nein«, sagte Eva. »Und falls du von Schwulen redest, will ich auch nichts davon hören.«
»Nichts läge mir ferner«, beteuerte Wilt. »Was ich dir einzutrichtern versuche, ist, dass damals in Fitzherbert ein ›hearty‹ ein Student war, der gut in Sport war. Und ein ›arty‹ war lausig im Sport. Wenn ich überhaupt irgendetwas war, dann ein ›arty‹. Ist das klar?«
»Wie Kloßbrühe«, sagte Eva. »Ich hätte auch nicht gedacht, dass du in irgendetwas gut warst.«
»Einverstanden«, sagte Wilt. »Andererseits hat dieser Gadsley bestimmt gerudert oder Rugby gespielt. Und weil du seiner Frau erzählt hast, ich sei in Porterhouse gewesen, wird der verdammte Kerl auf jeden Fall über Sport reden – falls er überhaupt Notiz von mir nimmt. Ich werde einfach versuchen müssen, ihm aus dem Weg zu gehen.«
»Du wirst viel zu beschäftigt damit sein, seinen Stiefsohn zu unterrichten, um auch nur in die Nähe von Sir George zu kommen. Abgesehen davon ist er wahrscheinlich viel zu beschäftigt damit, ein Großgrundbesitzer zu sein und Golf zu spielen und zu jagen, zu schießen und zu fischen … oder was Großgrundbesitzer eben so machen.«
»Da ist was dran, auch wenn ich nicht vorhabe, den Jungen jeden Tag von früh bis spät zu unterrichten, wenn ich es irgendwie vermeiden kann.«
»Natürlich nicht. Es wird ein wunderschöner, friedlicher Urlaub für uns alle werden«, versicherte Eva. Dann ging sie nach oben, um weiter Koffer zu packen. Sie war sicher, dass Henry die Bedeutung des bevorstehenden Bewerbungsgespräches voll und ganz begriffen hatte.
»Friedlich?«, murmelte Wilt. »Wer’s glaubt.« Und mit dem Gedanken, dass die Vier beinahe sicher überall Chaos verbreiten würden, wandte er sich wieder seiner Lektüre über den Ersten Weltkrieg zu. Alles deutete darauf hin, dass Edwards Prüfungskommission den Lehrstoff eher im Bereich moderne europäische Geschichte ansiedelte.
Zur gleichen Zeit hatte die Direktorin der St. Barnaby’s School in Sussex eine Besprechung mit zwei Lehrerinnen, Miss Sanger und Ms. Young. Es ging um die Vierlinge.
»Ich kann sie einfach nicht länger ertragen«, sagte Ms. Young gerade. »Sie richten praktisch jeden Tag Verwüstungen in ihrem Haus an. Zum Beispiel letzte Nacht, als um zwei Uhr früh Feueralarm ausgelöst wurde und wir die Schlafsäle evakuieren mussten. Wer glauben Sie, war dafür verantwortlich? Eine von diesen schrecklichen Wilt-Gören natürlich.«
»Sind Sie sich da absolut sicher?«, fragte die Direktorin.
»Ich kann es nicht beweisen, aber ich bin mir ziemlich sicher. Erstens hat es gar nicht gebrannt, und zweitens hat mir Sandra Clalley erzählt, eine von ihnen – Emmeline, glaube ich – hätte kurz zuvor den Schlafsaal verlassen, angeblich um auf die Toilette zu gehen. Als sie zu ihrem Bett zurückkam, war das Glas vor dem Notrufknopf eingeschlagen.«
»Es könnte aber auch schon vorher oder von jemand anderem eingeschlagen worden sein.«
»Hmm, da würde ich Ihnen ja zustimmen, wäre da nicht die Tatsache, dass sie Handschuhe getragen hat, und noch dazu welche aus Leder, wie mir Sandra erzählt hat.«
»Haben Sie Emmeline gefragt? Was hat sie gesagt?«
»Sie hat mich nur verständnislos angesehen und hatte doch tatsächlich die Frechheit zu behaupten, sie wüsste nichts von irgendwelchen Lederhandschuhen oder von Feueralarm. Natürlich könnte es auch eine der anderen gewesen sein … ich kann diese Mädchen immer noch nicht auseinanderhalten. Auf jeden Fall hat sie behauptet, Sandra Clalley lüge und versuche, sie anzuschwärzen, weil sie neidisch auf sie und ihre Schwestern
Weitere Kostenlose Bücher