Henry haut ab: Roman (German Edition)
hatte. Es gab keine andere Möglichkeit.
Wilt machte sich auf den Weg über die Zugbrücke, wandte sich nach links und passierte zehn Minuten später die scharfen, gefährlichen Kurven, derentwegen er sich auf der Herfahrt vor Angst praktisch in die Hosen gemacht hatte. Zwei Mal hörte er in kurzer Entfernung Schüsse knallen und verbrachte einige lange Minuten in einem Graben, nachdem ein Fasan über den Weg aufgeflogen war und ihn zu Tode erschreckt hatte. Da er ein paar Mal falsch abgebogen war und sich verirrt hatte, brauchte er eine Dreiviertelstunde, um die Hauptstraße zu erreichen, auf der er ins nächste Dorf trotten konnte.
Aus der ersten Telefonzelle, in der er es versuchte, konnte man anscheinend nur noch E-Mails verschicken, und die zweite war Vandalismus zum Opfer gefallen. Im Laufe des Nachmittags fragte Wilt sich allmählich, ob er der letzte Mensch auf dem Planeten war, der noch kein Handy besaß, doch schließlich fand er eine funktionierende Telefonzelle, auch wenn sie nur Kreditkarten akzeptierte und nicht die zehn Pence, die er hoffnungsvoll bereithielt. Er versuchte mindestens zehn Minuten lang, Evas Handy zu erreichen, aber niemand meldete sich.
Schließlich gab Wilt auf und sah sich nach einem Pub um. Es war ein heißer Tag, und er sehnte sich verzweifelt nach einem Drink … nach mehreren Drinks … und etwas zu essen. Er bestellte ein Bier, trank es aus und bestellte noch eines, und dazu ein paar Schinkensandwiches. Die Barfrau ging und kehrte gleich darauf mit ein paar dicken, weißen Sandwiches auf einem Teller zurück.
»Sie sind keiner von unseren Stammgästen«, stellte sie fest, als sie ihm das zweite Bier gebracht hatte. »Sind Sie auf der Durchreise?«
»Nicht ganz. Ich wohne oben in Sandystones Hall. Ein sonderbarer Ort.«
»Das können Sie laut sagen! Mein alter Herr hat früher immer den Brandy dorthin geliefert, aber heute würde er nicht mal mehr in die Nähe dieses Hauses gehen. Seien Sie vorsichtig … mehr will ich nicht sagen.«
»Warum nicht?«, fragte Wilt, aber gerade waren zwei Männer in den Pub gekommen, und sie ging, um sie zu bedienen, und blieb noch auf ein Schwätzchen bei ihnen stehen, nachdem sie ihnen ihr Bier eingeschenkt hatte. Wilt aß seine Sandwiches auf und ging durch die Tür mit der Aufschrift Toilette, um seine Blase zu erleichtern, wobei er schätzte, dass das Bier ganze zwanzig Minuten gebraucht hatte, um den Weg durch seinen Körper zu nehmen. Als er hinauskam, waren ein halbes Dutzend Trinker im Pub, die die Barfrau beschäftigten. Wilt zog eine Fünf-Pfund-Note heraus und bedeutete ihr, dass er zahlen wolle.
»Sie hatten auch Sandwiches«, sagte sie, als sie seine Zeche in die Kasse eintippte. »Macht sieben Pfund neunzig insgesamt.«
Wilt gab ihr drei Pfund mehr und sagte, sie könne das Wechselgeld behalten. Sie sah ihn geringschätzig an, gab ihm die zehn Pence zurück und meinte, so wie er aussähe, brauche er das Geld dringender als sie.
»Also, warum würden Sie nicht nach Sandystones Hall gehen?«, fragte er, als er die Münze einsteckte.
»Ich finde die alle zum Gruseln, die ganze Bande. Die sind doch alle … Na ja, ich möchte es wirklich nicht sagen. Wo Sie doch da oben arbeiten und so.«
»Bekloppt?«, schlug Wilt vor und sah sich verstohlen im Pub um, als wollte er nicht, dass irgendjemand mithörte.
»So könnte man’s auch sagen«, sagte die Frau. »Warum fragen Sie?«
Wilt verfiel in Cockney-Slang, ohne genau zu wissen, warum. »Ach, is’ nur was, was ich gehört hab. Egal, ich glaub, ich bewerb mich eh nich’ auf ’n festen Job bei denen.«
»Kann ich Ihnen nich’ übel nehmen. Ich würd zusehen, dass ich da rauskomm, so schnell ich kann, wenn ich Sie wär. Das is’ mein Rat. Und den gibt’s umsonst.« Sie starrte Wilt finster an, der den Anstand hatte, rot zu werden.
Die Barfrau ging ans andere Ende des Tresens, um einen Gast zu bedienen, der gerade hereingekommen war und zweifellos ein vielversprechenderer Kunde zu sein schien. Wilt trank einen letzten Schluck von seinem Bier. Als er ausgetrunken hatte, kehrte er zu der Telefonzelle zurück und versuchte wieder, Eva anzurufen. Sie meldete sich immer noch nicht. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass es früher war, als er gedacht hatte, doch er fand, dass es jetzt genug sei. Er würde sein Vorhaben aufgeben müssen. Ein ziemlich verschwendeter Tag. Doch das war ein eher nebensächliches Problem, verglichen mit seiner wahren Sorge, nämlich der potentiell
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