Hera Lind
gesagt!
»Ich liebe Überraschungen!« Meine Augen leuchteten, und spontan umarmte ich ihn. »Das finde ich toll von dir, Jürgen.« Ich küsste ihn beherzt auf beide Wangen. »Weißt du was? Ich fange schon wieder an, dich zu lieben. Alles wird gut.«
Mit diesen Worten marschierte ich frohgemut in Richtung Schrebergärten.
ANITA
»Ja, das ist ja ein Ding! Dett is ja echt ’n dicket Ding!« Ursula Kobalik wanderte in heller Aufregung in meinem Wohnzimmer herum, ihre weiten Gewänder umwallten sie wie in einer dramatischen Wagner-Oper. Ich hielt mich in hilfloser Verzweiflung an einem Champagnerglas fest. Ich wusste gar nichts mehr. Dieses Telefonat von dem Heilewelter Sparkassentyp hatte meine heile Welt vollkommen zerstört. Im Fernsehen lief ein Konzert der Wiener Philharmoniker, aber wir hatten den Ton abgedreht. Ab und zu kam Christian ins Bild, der stumm die Flöte blies.
»Dass der dich so schamlos betrügt, der Schweinehund.«
»Also, er hat mich doch nicht … betrogen?!« Er hatte doch offensichtlich nur auf der Treppe im Parkhaus die Musikschuldirektorin geküsst. Vielleicht war das so eine Art kollegialer Abschiedskuss gewesen? Ich wusste, dass es in Musikerkreisen locker zuging. Mein Gott, wir waren seit achtzehn Jahren verheiratet! So genau wollte ich es auch gar nicht wissen!
»Das ist eine janz miese Kreatur«, brummte Wolfgang Koba lik verbittert und warf seine ausgelutschte Zigarre mit einer ver ächtlichen Geste in den Kamin. »Ich helf dem, wo ich nur kann, besorg dem die Villa und die Mitgliedschaft im Golfclub. Ich lass dem bei meinem Mercedes-Händler das beste Auto reservieren, lass den immer erste Klasse fliegen mit meinen Bonusmeilen – und denn machta hinta unsam Rücken so wat!«
Er tat so, als hätte Christian IHN betrogen und nicht mich.
Ich hatte mich inzwischen angezogen und die Kinder unter einem fadenscheinigen Vorwand fortgeschickt. Als Grazia und Gloria die Kobaliks gesehen hatten, wollten sie sowieso nur noch weg. Grazia hatte sich die Hand noch mit abgespreiztem Daumen und kleinem Finger symbolisch an die Wange gehalten, und Gloria hatte keck gesagt: »Um SIEBZEHN Uhr musst du uns aber spätestens abholen, Mama! Wir rufen dich an.« Trick siebzehn. Ach, wie ich meine süßen Mädels liebte! Alles sollte so bleiben, wie es war, allein schon ihretwegen. Ich wollte dieses alberne Telefonat einfach vergessen. Eine kluge Frau verdrängt und schweigt. Dieser stotternde Sparkassenheini hatte doch einen an der Waffel! Fast tat mir die kleine rothaarige bebrillte Musikschullehrerin leid. Und wenn sie mei nen Christian geküsst hatte, konnte ich sie sogar ein bisschen verstehen. Obwohl ich nicht wusste, wie dieser Sparkassenmensch aussah, hatte ich doch aus dem Telefonat herausgehört, dass er total verklemmt war. Herr Immekeppel hatte schließ lich nicht gesagt, dass Christian mich wegen seiner rothaarigen Brillenschlange verlassen würde. Sondern nur, dass sich die naive Landpomeranze in meinen Christian verliebt hatte. Und da war sie mit Sicherheit nicht die Einzige. Das war sein Problem, nicht meines. Ich würde Christian nachher bitten, mich nicht mehr so peinlichen Telefonaten auszusetzen. Christian würde mir mit Sicherheit alles erklären können, und dann würden wir gemeinsam darüber lachen. Hatte er nicht sowieso erzählt, dass es in dieser Kleinstadt so herrlich men schelte? Gab es da nicht einen größenwahnsinnigen Bäcker meister namens Gerngroß oder so, der ernsthaft davon träumte, seine Tochter bei den Wiener Philharmonikern un terzubringen, nur weil sie behindert war? Christian hatte mir diese Leute geschildert wie Schildbürger. Wie liebenswerte Trottel, die noch nie über den Tellerrand hinausgeschaut hatten. Provinznester wie Schilda oder Heilewelt sollte er demnächst aus seinem Programm streichen. Und ich hatte mich schon von der allgemeinen Hysterie anstecken lassen! Als ich gerade all meinen Mut zusammengenommen hatte, um genau das auszusprechen, s agte Ursula Kobalik, während sie ihr leeres Glas schwungvoll auf dem Kamin abstellte:
»Wat machnwa denn nu?« Diese Frage war allerdings nicht an mich, sondern an ihren Mann gerichtet.
»Tja. Wat machenwa nu.« Wolfgang Kobalik schob sich die Brille auf die Stirn und tippte auf seinem Smartphone herum. »Wie hieß der Ding noch ma, der die Dicke so erfolgreich geschieden hat?«
»Du meinst die Rosie«, sagte Ursula. Zu mir gewandt fügte sie erklärend hinzu: »Meine Tochter. Aus erster Ehe.«
»Ich
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