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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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Schuldgefühlen vergehe.«
    »Ich musste doch an deine Vernunft appellieren! Dir vor Augen führen, in welcher Gefahr du dich befindest!«
    »All das wäre vielleicht noch verzeihlich gewesen«, sagte ich. »Aber dass du meine beste Freundin auf dem Altar deiner Allmachtsfantasien geopfert hast, das verzeihe ich dir nicht!«
    Sophie steckte die Hände in die Hosentaschen und presste die Lippen zusammen.
    »Du solltest doch nur begreifen, dass ich der wichtigste Mensch in deinem Leben bin«, jammerte Jürgen. »Dass du nur mir vertrauen kannst und sonst niemandem!«
    Ich lachte bitter auf. »Wie kann ich dir nach diesen kranken Aktionen noch vertrauen?!«
    »Ich tue es nie wieder! Ich werde vor deinen Augen sämtliche Drähte kappen! Wir plakatieren die ganze Stadt neu! Ich gebe dir Geld für deine Musikschule, sodass du nächstes Jahr die gesamten Wiener Philharmoniker engagieren kannst!«
    Ich lachte bitter. »Oh, Jürgen! Warum musst du gleich so übertreiben?«
    »Du bist meine Nadel im Heuhaufen! Ohne dich kann ich nicht leben! Bitte komm wieder nach Hause, bitte gib mir noch eine Chance!« Er weinte wie ein kleiner Junge, der im Dunkeln nicht allein sein kann. Dieselbe Panik hatte Paulchen in der Stimme gehabt, wenn wir im Kinderzimmer das Licht ausmachten. Jürgen war wirklich am Ende. Aber war Mitleid jetzt der richtige Ratgeber? Ich warf Sophie einen fragenden Blick zu.
    Die verschränkte nur die Arme vor der Brust.
    »Ich flehe dich an, zerstöre nicht unsere Familie!«
    Tat ich das? Zerstörte ich unsere Familie? Oder hatte er sie durch seine Unsensibilität und Ungeschicktheit nicht längst selbst zerstört?
    Sophie stieß ein verächtliches Schnauben aus und verdrehte die Augen.
    »Bitte pack die Kinder ins Auto und komm wieder nach Hause!«
    »Wie kann ich mir dort jemals sicher sein, dass du mich nicht mehr abhörst, mir keine Fallen mehr stellst …«
    »Ich werde es nie wieder tun, das schwöre ich beim Augenlicht unserer Kinder!«
    Ich sah Sophie Hilfe suchend an. Sophie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
    »Vielleicht sollten wir das Augenlicht unserer Kinder nicht schon wieder bemühen«, sagte ich spitz.
    »Ich war einfach nur so hilflos«, jammerte Jürgen. »Ich musste einfach wissen, ob du mit diesem Herrn Kontakt hast!«
    In diesem Moment sang das Handy in meiner Handtasche verhalten »Halleluja«.
    »Lotta!«, schluchzte Jürgen. »Ich bin der Vater deiner Kinder! Du kannst mich doch nicht abstreifen wie einen alten Schuh!«
    »Aber wenn er doch so sehr drückt …«, sagte ich. »Manchmal passen Schuh und Fuß einfach nicht zusammen.«
    »Halleluja, Halleluja, Halleehelujaa!«, sang das Handy unverdrossen.
    »Zerstöre nicht unsere Familie! Ich schwöre dir, ich werde mich in Zukunft mehr um die Kinder kümmern! Gib mir eine letzte Chance! Ich werde dir beweisen, dass ich ein guter Vater bin!«
    Sophie bückte sich, nahm mein Handy und sah mich fragend an. Ich nickte. Wahrscheinlich war es meine Mutter. Ich hatte ohnehin keine Chance.
    »Bitte glaub mir doch! Wir werden eine perfekte Familie sein!«, bettelte Jürgen, während Sophie meinen Anruf entgegennahm. »Mach jetzt nicht alles kaputt!«
    Ich sagte nur müde: »Gut, Jürgen. Wir versuchen es noch mal. Ich komme zurück.« Dann legte ich auf.
    Sophie reichte mir mein Handy. In ihren Augen lag ein seltsamer Glanz. Ihr Gesicht war gerötet, und auf ihrer Stirn standen Schweißperlen. »Christian Meran.«

ANITA
    Am Sonntagmorgen ließ sich Grazia zu einer Joggingrunde um die Alster überreden, während Gloria noch zusammengeringelt in meiner Betthälfte schlief. Draußen herrschten Minusgrade, und ein eisiger Wind peitschte uns Schneeflocken ins Gesicht. Sie fühlten sich an wie Nadelstiche. Grazia war noch nie mit mir gejoggt. Ich hatte eher das Gefühl, dass sie unbedingt allein mit mir sprechen wollte.
    »Du weißt, dass ich zu Papa Kontakt habe?«, japste sie auf einmal trotzig, nachdem wir unseren Rhythmus gefunden hatten.
    »Ich kann es mir denken.«
    »Willst du nicht wissen, wie es ihm geht?« Grazia sah mich durchdringend an.
    Wollte ich das? Versuchte ich nicht, jeden Gedanken an Christian schon im Keim zu ersticken? »Natürlich. Wie geht’s Papa?«
    »Er wohnt im Hotel. Papa weiß überhaupt nicht, was los ist!«
    »Nein? Dann soll er mal ein bisschen nachdenken!«
    »Jedenfalls ist er seinen Job los. Die Wiener Philharmoniker haben ihn gefeuert.«
    »Bitte WAS?« Wie angewurzelt blieb ich stehen und starrte sie

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