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Herbst - Zerfall

Herbst - Zerfall

Titel: Herbst - Zerfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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sich irgendwer aufregte oder mit irgendwem anlegte. Er fühlte sich eingesperrt. Die ganze Welt war leer und es stand ihm jederzeit frei, aufzubrechen, doch trotz allem fühlte er sich gefangen.
    Im Schatten des Wohnblocks, in der Nähe des Bereichs, in dem sie das Regenwasser sammelten, bewahrte Webb seinen ganzen Stolz auf. Für die anderen war es lediglich ein weiteres Auto, doch für ihn bedeutete es eine Fluchtmöglichkeit. Sicher, angesichts der Tatsache, dass er nicht fahren konnte, war es keine Fluchtmöglichkeit, doch es war etwas. Es war nicht das, wofür er sich bei einer größeren Auswahl entschieden hätte und er wusste, dass ihn seine Kumpels ausgelacht hätten, wenn sie die Farbe und den Hubraum gesehen hätten, doch hier konnte er ein wenig Zuflucht finden. Er kletterte hinein, schloss die Tür und drehte den Zündschlüssel gerade so weit herum, dass er die Musikanlage einschalten konnte. Eine CD klickte und surrte im Abspielgerät. Nach ein paar Minuten Stille wurde das Wageninnere von dem unablässigen Pochen des High-speed Dance so ohrenbetäubend laut erfüllt, dass die Fenster und die Türverkleidungen rasselten und vibrierten.
    Webb schob sich zurück in den Fahrersitz und blickte in die Ferne hinaus. Er hoffte, dass ihm das Bier und der Lärm dabei helfen würden, sich selbst vorzugaukeln, dass es sich um eine gewöhnliche Nacht in einer gewöhnlichen Welt handelte.
    ***
    Nach dreieinhalb Dosen Lagerbier und über eine Stunde Schlaf wachte Webb in der Dunkelheit auf. Die CD war abgespielt und bis auf ein schrilles Klingeln in seinen Ohren herrschte Stille. Ihm war übel, daher trank er noch etwas Bier, um sich besser zu fühlen.
    Er war sich sicher, dass er vor sich eine Bewegung sehen konnte. Wer war es? Es kam bei den anderen selten vor, dass sie nach Einbruch der Dunkelheit herauskamen und nach ihm sahen. Während ihm die Kontrolle über sich schwerfiel, brachte er es schließlich zustande, das Fernlicht anzuschalten. Lediglich ein paar Meter vor ihm war es einem einzelnen verwesenden Leichnam, der sich auf müden, schwerfälligen Füßen vorwärts schleppte, gelungen, sich von den unterhalb befindlichen Horden zu lösen und einen Weg über die Absperrung zu finden. Webb hatte zuvor nur eine Handvoll gesehen, die den Hügel so weit nach oben geklettert waren. Die abstoßenden Bewegungen der Kreatur waren qualvoll langsam und lethargisch, jedoch besaß sie eine unbestreitbare Entschlossenheit und Zielstrebigkeit. Als er die Scheinwerfer anstellte, schien sie die Richtung zu ändern und die Geschwindigkeit etwas zu erhöhen. Neugierig stieg er aus dem Wagen und ging nach hinten zum Kofferraum, um nach einer Waffe zu suchen. Dummerweise hatte er seinen Baseballschläger im Haus gelassen, da er ausgerechnet hatte, dass er, je weniger er mit sich nach draußen nahm, umso mehr Bier tragen konnte. Er griff nach einer kurzen Metallstange – die, wie er annahm, ein Teil des Wagenhebers war – und ging auf den schwankenden Kadaver zu. Während er immer noch von dem grellen Licht des Wagens angestrahlt wurde, blieb er in kurzer Entfernung stehen und wartete, bis sich der Leichnam näher herangeschleppt hatte.
    »Na, dann komm schon!«, sagte er laut genug, um den Leichnam den Kopf heben und auf seine Stimme reagieren zu lassen. Die verwesende Ungeheuerlichkeit fühlte sich dazu veranlasst, ein paar weitere abrupte, plumpe Schritte auf ihn zuzugehen, sodass sie nur noch weniger als einen Meter von ihm entfernt war. Webb hob die Metallstange, bereit dazu, sie in die Überreste ihres Gesichtes zu schmettern.
    Und dann hielt sie inne.
    Die ungelenke Gestalt hörte plötzlich auf, sich vorwärts zu bewegen und stand Webb Auge in Auge gegenüber. Was zum Teufel war da los? Er hatte noch nie zuvor eine der Leichen auf solche Art stehen bleiben sehen. Sie blieben immer in Bewegung, auch wenn sie nirgendwohin gehen konnten. Er starrte für ein paar lange Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, in die dunklen, teilnahmslosen Augenhöhlen.
    Die Leiche war männlich – so viel konnte er aus den Überresten der Kleidung schließen – und zum Zeitpunkt ihres Todes von ähnlicher Größe und Statur gewesen wie er. Ihre Unterlippe war angeschwollen und bis zum Kinn aufgeplatzt, wodurch der Blick auf ein gähnendes schwarzes Loch mit ein paar übriggebliebenen gelben Zahnruinen, die in einem unnatürlichen Winkel herausragten, frei wurde. Das blutbefleckte, entstellte Gesicht war unkenntlich, doch wer

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