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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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was Bridge eigentlich war, klopfte er dreimal kurz und fest gegen die Metalltür. Emily zuckte zusammen. Das hatte schmerzhaft geklungen. »Keine Sorge«, beruhigte er sie lächelnd, »es hat nicht nur Nachteile, tot zu sein.«
    Der Pub hatte sich tatsächlich verändert. Wo ihr zuvor das sonore Murmeln der Vampire ans Ohr gedrungen war, flutete jetzt hyperaktiver Irish Folk den Raum, das schummrige Licht war durch jede Menge heller Strahler, die schweigsamen Einzelgänger an den Tischen durch wirr durcheinanderquasselnde Menschenmassen ersetzt worden. Nur die Erdnussschalen hatten sich nicht verändert.
    Es war stickig. Die Luft roch nach schalem Bier, Schweiß und schiefgelaufenen Anbaggersprüchen.
    Emily blickte sich zweifelnd um. »Ist das wirklich derselbe Laden?«
    »Fragen wir uns auch jedes Mal«, seufzte Rufus mit einem resignierten Blick durch das World’s End . Diesmal hatte sogar ein Barkeeper hinter dem Tresen Stellung bezogen und zapfte dunkles Bier in große Gläser. Wie ein Vampir sah er nicht aus, außerdem spürte Emily nicht das Geringste.
    Leicht genervt wandte sie sich an ihre Begleiter. »Und was machen wir dann hier?«
    »Ganz einfach«, sagte Willie, nachdem er sich genüsslich die Schaumkrone von den Lippen geleckt hatte, die das Bier in seinem Gesicht hinterlassen hatte. Emily hatte nicht einmal bemerkt, dass er zur Theke gegangen war. »Wir warten hier ein Weilchen und bringen Sie dann zu uns.«
    »Aber wieso ausgerechnet hier?«
    »Nun, das ist schnell erklärt«, ließ sich Rufus vernehmen, der ebenso plötzlich ein Bier in der Hand hielt wie sein Kollege und ein Stückchen näher an Emily heranrückte. Im hinteren Teil des Pubs rief sich jemand lautstark zum Dart-Weltmeister aus. »Wir mischen uns unter die Leute, um unsere Fährte zu verwischen.«
    »Fährte?« Emily wusste nicht, ob Rufus scherzte oder nicht. Das Bild einer Herde Bluthunde formte sich vor ihrem inneren Auge. Nein, entschied sie, er musste es ernst meinen.
    »Ja, Fährte«, fuhr er fort. »Geübten Vampiren fällt es leicht, andere Vampire oder Untote aufzuspüren. Also begeben wir uns dorthin, wo es ein, sagen wir, intensives Geruchspanorama gibt. Dies wird etwaige Verfolger zwar nicht abschütteln, es ihnen aber immerhin schwerer machen, uns zu folgen. Ihnen zu folgen, junge Dame.«
    Jetzt begriff Emily auch, weshalb Elias das erste Treffen in einen vollen Klub gelegt hatte.
    »Und wann geht’s weiter?« Ihr hatte das World’s End am Morgen eindeutig besser gefallen.
    Synchron leerten die beiden ihre Gläser. »Nach genau einem Bier«, sagten sie wie aus einem Mund, nahmen sie jeder an eine Hand und traten hinter die Theke. Emily rechnete jeden Moment damit, Ärger mit dem Barkeeper zu bekommen. Was, wenn er nach ihrem Ausweis fragte?
    Der füllige Kerl mit der beginnenden Glatze und dem unsauber gestutzten Schnurrbart würdigte das merkwürdige Trio keines Blickes. Selbst als Willie ihm kumpelhaft auf die Schulter klopfte, eine Flasche aus dem vollen Spirituosenregal hinter ihm stibitzte und schließlich die verborgene Tür rechts neben den Biergläsern öffnete, wischte er abwesend über seine Theke, als wäre nichts geschehen.
    »Der gute Sean«, meinte Rufus glückselig, als er auf die Flasche in Willies Hand blickte. Emily glaubte, es als Whisky identifizieren zu können. »Für seine Freunde nur das Beste.«
    Emily blickte zu Sean zurück. »Freunde? Das sah aber nicht gerade herzlich aus.«
    »Natürlich nicht. Alter Trick. Wenn der Barkeeper nichts ungewöhnlich findet, tun es die Gäste auch nicht. Obschon Menschen sowieso gerne dazu tendieren, uns lieber gar nicht wahrzunehmen, als sich mit dem auseinanderzusetzen, was sie tatsächlich gesehen haben.«
    »Ach, Rufus«, stöhnte Willie. »Du und deine langen Sätze. Sie müssen eigentlich nur eines wissen, meine Dame: Elias ist der Besitzer dieses Ladens.«
    Rufus nickte. »Unter anderem.«
    Mit diesen Worten zückte er ein schwarzes Tuch. »Und nun muss ich Sie bitten, sich von mir die Augen verbinden zu lassen. In diesem Punkt duldet Elias keinen Widerspruch. Außerdem müssen Sie zugeben, dass es ziemlich dramatisch wirkt. Und wir mögen Dramatik. Wir sind schließlich Schauspieler!«



18
    Ihr schon unter normalen Umständen alles andere als ausgeprägter Orientierungssinn ließ sie schon wenige Schritte hinter dem Geheimgang im Stich. Beinahe blind wurde sie von Willie und Rufus durch die Dunkelheit geführt. Sie versuchte, den fehlenden Sinn durch

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